Hier auf dem Land, wo sie aufgewachsen ist, fühlt sich Yvonne wohl – vielleicht auch als Kontrast zu der großen weiten Welt, die sie als Stewardess kennengelernt hat und die ihr trotz der langen Zeit immer ein wenig fremd geblieben ist. Denn das ist ihr eigentlicher Beruf seit 25 Jahren: London – Paris – New York … Doch ihre Wurzeln vergisst sie nicht. Jedes Mal, wenn sie wieder nach Hause kommt, stellt sich dieses wunderbare Heimatgefühl ein. Hier gehört sie einfach hin.
Als die Eltern den Hof nicht mehr bewirtschaften und die Flächen verpachten, erleben alle, wie sich die Intensiv-Landwirtschaft auswirkt: Bodenbearbeitung mit schweren Maschinen, Spritzen, Düngen, Vollernter – Yvonne packt das Grausen. Und sie ist nicht allein. Auch ihren Kindern, allen voran Sohn Karl, geht es genauso. Yvonne entschließt sich, selbst in die Landwirtschaft einzusteigen. Trecker fahren hat sie als Kind schon beim Vater gelernt. Und auch sonst kennt sie natürlich das Leben auf dem Hof aus dem Effeff. Sie macht eine Ausbildung für den Öko-Landbau und entschließt sich kurz und bündig, es mit pflugloser Bodenbearbeitung zu versuchen. "Die Erträge stehen erst mal nicht an erster Stelle – vor allem der Boden muss sich erholen, muss wieder lebendig werden." Zwischen Saat und Ernte soll zunächst keinerlei Bodenbearbeitung passieren. Nur beim Ampfer gibt es kein Pardon. Die tiefwurzelnde, widerstandsfähige Pflanze wird tagelang mühevoll von der Familie mit vereinten Kräften gestochen. Die ganze Familie ist gespannt, welche Ackerwildkräuter sich bis zur Ernte von Hafer und Gerste auf den Feldern entwickeln. Diese werden von einem Botaniker im Rahmen des oberfränkischen Wettbewerbs „Ackerwildkräuter“ detailliert kartiert. Mit Glück macht Yvonne Lang das Rennen und gewinnt mit ihrem „Unkraut“ einen Preis.
Außer den Äckern gibt es dann auch noch Kaschmirziegen, Hühner und einen sehr stolzen Puter am Hof. Karl und seine Schwester Leni versorgen die Tiere. Und im Gemüsegarten, der der Selbstversorgung dient, haben beide ihr jeweils eigenes Beet, auf dem sie ihre Lieblingsgemüse anpflanzen dürfen. Leni mag auch Blumen sehr – und Karl hat sich in diesem Jahr sein erstes Bienenvolk angeschafft. Seine Angst vor der summenden Insektenschar, von der er früher oft gestochen wurde, hat er abgelegt, seit er bei der Landesgartenschau in Bayreuth Einblicke ins Imkerhandwerk gewann.
So entsteht nach und nach ein kleines Paradies – und man kann sich vorstellen, wie der Hof etwa in zehn Jahren einmal ausschauen soll. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, und es werden noch einige Investitionen nötig sein. Deshalb hat Yvonne ihren Brotberuf auch noch nicht an den Nagel gehängt, sondern mit ihrem Arbeitgeber eine besondere Arbeitszeit ausgehandelt: fünf Tage ist sie unterwegs, zehn Tage kann sie sich zu Hause dem Hof widmen. In der Zwischenzeit kümmert sich der Opa um die Kinder.
Dass so mancher Kollege ihren Idealismus als weltfremd belächelt stört sie nicht. Den Umgang mit kritischen Menschen hat sie in ihrem Beruf gelernt – und auch, dass das eigentlich nichts mit ihr, sondern vielmehr mit den anderen zu tun hat.
In der Corona Zeit ist für Yvonne Kurzarbeit angesagt. Sie nutzt die zusätzliche freie Zeit und lernt Brot backen – mit einem wunderbaren, selbst angesetzten Sauerteig. Offen und bereit, immer dazuzulernen, wird sie ihren Weg weitergehen, die Kinder und ihren Vater an ihrer Seite. Und wir dürfen gespannt sein, was sie in der nächsten Zeit noch so auf die Beine stellt.
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