Was man nicht vermutet ist, dass er allein die Verantwortung für einen 150 Hektar großen Bioackerbaubetrieb trägt. 2017 stirbt der Vater, ganz plötzlich. Zu diesem Zeitpunkt ist Carl 20 Jahre alt und hat gerade den Bachelor in Agrarwissenschaft in der Tasche. Er hatte sich bereits für die Landwirtschaft entschieden, seine Lehre abgeschlossen. Dennoch war es sehr früh und sehr abrupt, wie er zum Landwirt wurde. Erst betreibt er mit Mutter Sibylle eine GbR, sie tun sich zusammen, so gut es geht. Die Oma Ilse kocht und kümmert sich um all die Kleinigkeiten, die auf so einem Hof anfallen. Carls Freundin Hannah kommt zwar selbst nicht aus der Landwirtschaft und arbeitet bei Cube, aber auch sie hilft gerne mit. So wie Martin, Carls Cousin, der gerade in der 12. Klasse ist, aber jede freie Minute mithilft und gerne selbst eine Perspektive am Hof hätte. Nach ein paar Jahren lösen die Mutter und Carl die GbR auf, Carl übernimmt allein.
Er ist 1996 geboren, bereits 1991 stellte der Vater den Betrieb um. Carl gehört also zur ersten Generation, die mit Ökolandbau großgeworden sind und gar keine andere Wirtschaftsweise erlebt hat. Trotz der Ausbildung und der Umstellung wären die ersten Jahre sehr hart gewesen, wenn nicht Biokollegen aus der Region immer wieder mit Rat und Tat zur Seite gestanden und so viele Freunde geholfen hätten. Nachdem er mit dem Ablauf am Hof gut klarkommt, beginnt er Veränderungen vorzunehmen. Das Milchvieh wurde damals vom Vater durch eine Bio-Ochsenmast ersetzt. „Der Stall war aber so baufällig, dass ein neuer gebaut hätte gebaut werden müssen. Mit einer Investition in dieser Höhe hätte sich Carl für die nächsten 15 bis 20 Jahre festgelegt. „Das wollte ich nicht.“ Also wurden die letzten Tiere ausgemästet und keine neuen mehr gekauft. Der Mist kommt nun von einer Futter-Mist-Kooperation. Carl liefert Kleegras als Futter und bekommt Mist als Dünger, so entsteht ein geschlossener Nährstoffkreislauf über mehrere Betriebe. Im Ackerbau wachsen die klassischen Getreidesorten, Dinkel, Gerste, Hafer, Weizen, Roggen und Kartoffeln gut. Dazu viel Kleegras wegen der Bodenfruchtbarkeit. Experimente mit Leguminosen oder auch anderen eher exotischen Ackerfrüchten sind ihm zu riskant: zu schnell wird es hier im Herbst kalt und viele Pflanzen werden nicht mehr reif. Der Boden ist zu sandig und kann schlecht Wasser speichern. Das klassische Sortiment stört ihn nicht.
Man merkt, den Betrieb hat Carl jetzt gut im Griff. Dazwischen merkt man aber auch, wie schwer er an der frühen Verantwortung trägt. „Ich bemühe mich, für alle anderen einfache Aufgaben zu definieren, die sie gut bewältigen können. Mich freut es, dass viele mithelfen. Wenn jetzt die Kartoffelernte kommt, ist das für alle ein Event und das Bild, das von der Landwirtschaft vermittelt wird, ist positiv und gesellig. Wieviel ich nachdenke, die ganze Zeit in Gedanken beim Hof bin und bei den Entscheidungen und den Folgen, die sie haben können, auch wie viele Stunden ich allein im Traktor sitze, das bekommt keiner mit“, bemerkt er nachdenklich.
Zuerst möchte er selbst alles im Griff haben, um dann andere zu befähigen, Aufgaben zu übernehmen und selbstständig zu bewältigen, die er jetzt noch erledigt. Er will auch Verantwortung irgendwann wieder teilen, damit nicht alles auf seinen Schultern lastet. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Eher ginge es von der Entwicklung in Richtung Saatgutvermehrung. Aber das ist von der Arbeit her allein nicht mehr zu schaffen. Also bleibt er offen dafür, wie sich der Hof entwickeln könnte, ohne dass er sich zwingend noch mehr aufladen müsste. Gewiss findet sich die ein oder andere Nische und die Menschen dazu, die sich dem am Hof widmen wollen. Oder auch nicht. Beides ist Carl recht. Er ist bereit, sieht sich aber nicht unter Zugzwang. Tiefenentspannt eben …
Region