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Bognerhof und Schedlbauernhof

Zwei Landwirtinnen engagieren sich für Biodiversität

Öko-Modellregionen
Öko-Modellregionen
© Christina Windmaißer, Barbara Schedlbauer, Carolin Pieringer
Die Anforderungen an die Landwirtschaft haben sich die letzten Jahre deutlich verändert. Die Produktion hochwertiger, gesunder Nahrungsmittel reichen nicht mehr aus. Ökobilanz, Nachhaltigkeit und Biodiversität sind die neuen Schlagworte. Die Naturlad Bäuerinnen Barbara Schedlbauer und Christina Windmaißer haben diesen Weg bereits eingeschlagen und werden in Zukunft mehr zusammenarbeiten.
Der Bericht erschien in den Naturlandnachrichten 4/2020, Autor: Hubert Weigand, Fachberatung für Naturland

Gemeinsam auf dem Schedlbauernhof

Der Schedlbauernhof liegt in der Gemeinde Thurmansbang im Bayerischen Wald und wird seit fünfundzwanzig Jahren von Barbara Schedlbauer ökologisch bewirtschaftet. Ihr Lebenspartner hat eine eigene Firma und hilft in Spitzenarbeitszeiten bei Barbara am Betrieb mit. Der kleine Gemischtbetrieb umfasst fünf Hektar Wald und nicht ganz zehn Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Vor zwei Jahren hat die Naturland Landwirtin einen Hektar an den vier Kilometer entfernten Naturland Betrieb Grandner verpachtet. Mit dem Anbau von Sommerroggen auf dieser Fläche konnten Marion und Thomas Grandner damals eine der Voraussetzungen erfüllen, um in die Direktvermarktung von Brot einzusteigen. Es ist Barbara Schedlbauer sehr wichtig, Ansätze wie diese zu fördern, und sich weniger als Konkurrenten und mehr als wichtige Partner vor Ort auf dem Land zu sehen. So wechselten auch Pinzgauer Rinder vom Betrieb Grandner auf ihren Hof, so dass diese momentan drei Tiere ganzjährig im Außenstall halten und für die Direktvermarktung bereitstehen. Die restliche Fläche teilt sich in 36 % Dauergrünland und 64 % Ackerfläche auf, davon wiederum rund zwei Drittel Öko-Getreide und ein Drittel Klee- und Ackergras, mit zwei bis drei Schnitten. Der anfallende Mist kommt im Herbst auf die Wiesen und im Frühjahr auf den Acker. Seit rund drei Jahren lässt Schedlbauer beim ersten Schnitt Randstreifen stehen, damit die Gräser, Kräuter und Leguminosen absamen können. Diese Flächen werden dann im zweiten Schnitt mitgenutzt. Der vermehrt anfallende Trogrest dient als Einstreu für die Rinder. Dieselbe Strategie wird beim Luzernekleegras angewandt, dadurch kann auch die Luzerne in diesen Streifen absamen und während der Blüte vielen Insekten als Weide dienen. Der Roggen ist für die nährstoffarmen Ackerflächen gut geeignet und wird als Mahlgetreide verkauft.

Platz für Artenvielfalt

Schedlbauer hat in den letzten Jahren zwischen den Feldern zunehmend Hecken angelegt. Bei deren Pflege entfernt die Landwirtin nur einzelne Äste oder Bäume. Dieses dichte Buschwerk dient Vogelarten wie Eichelhäher, Elstern, Rotschwänze, Schwalben usw. als Nistplatz oder aufgrund der vielen Insekten als Futtergrundlage. Mittlerweile wachsen in diesen Hecken auch Kirschbäume, deren Kerne Vögel eingetragen haben. Wie in den Hecken gilt auch im Obstgarten die Devise „Die Natur bekommt ihren Platz“. Holunderbüsche haben sich in den letzten Jahre selbst etabliert und gesellen sich zu den Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbäumen. Hier und im Hof sind viele Nistmöglichkeiten angebracht. In der Scheune haben sich sogar Fledermäuse eingenistet und Rotschwänzchen direkt in der Werkstatt.

Die Natur ist das beste Klassenzimmer

„Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe“, sagt man. Zwei Pinzgauer und eine Fleckvieh-Kalbin machen nur „Muh“ und viel Freude. Diese Freude gibt Schedlbauer bei Ihrem pädagogischen Lehrangebot „Lernort Bauernhof“ weiter. Sie sagt „Die Natur ist das beste Klassenzimmer!“ Auf einem Bauernhof gibt es viele Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche mit der Natur vertraut zu machen, ihnen beiläufig auch Einblick in einen kleinen Teil „Wildnis“ zu ermöglichen. Digitale Medien helfen zwar in Zeiten von Corona immens, sollten aber doch das eigene Tun nicht ganz ersetzen. Gerade der Biodiversitätsrucksack der Landwirtschaftsämter bietet hierfür sehr viele Anregungen, wie die Landwirtin anlässlich des Ökoerlebnistages am 27.September 2019 gemeinsam mit Frau Blaim vom AELF Regen feststellte. Geplant waren 2020 einige Veranstaltungen zu den Themen „Fleisch, Getreide, Biodiversität und Boden“, aber „Aktuell macht das Corona-Virus einen Strich durch die Rechnung. Man weiß nicht, was heuer noch möglich ist“, meint Schedlbauer.

Klein aber oho: Der Laufstall auf dem Bognerhof

Der Bognerhof liegt in der Gemeinde Perlesreut im Bayerischen Wald. Tobias und Christina Windmaisser sind beide Biologen und erfüllen sich dort ihren Traum, deutlich zu erkennen im Logo: „Bognerhof – Mehr Natur“. Christinas Eltern lassen den „Jungen“ schon seit Jahren den Freiraum, den elterlichen Betrieb nach ihren Zielen und Wünschen umzustrukturieren und unterstützen sie auch tatkräftig dabei. Der größte Schritt war 2016 die Umstellung auf Öko Unter dem Motto „Es geht auch in Klein“ wurde der damalige Anbindestall für Milchkühe zum kleinen Laufstall umgebaut. Kurz nach der ersten Öko-Milchproduktion wurde schon ein Verkaufsraum mit Milchautomat eröffnet. Hier werden nur Produkte des eigenen Betriebes verkauft: Milch, Eier, Gemüse, Honig, Mehl und auf Bestellung auch Fleisch. In einem Öko-Laden in Perlesreut werden die restlichen Erzeugnisse vermarktet.


Abgestufte Nutzung auf dem Grünland

Das Grünland wird abgestuft genutzt; die Grünfutterflächen bis zu fünfmal und die „Heuwiesen“ bis dreimal. Teilweise werden Flächen im Frühjahr vorbeweidet und im Herbst nachbeweidet. Dazu zählt auch die Margeritenwiese, auf der auch Goldhafer, Wolliges Honiggras, Rotschwingel, Ruch- und Weidelgras wie auch verschiedene Rispenarten gedeihen. „Das Gras um den Retentionsweiher beweiden wir schon zeitig und heuen es dann bei der nächsten Nutzung. So fördern wir den Wiesenknopf“, erklärt Christine Windmaißer. Einige Wiesenränder werden nicht begüllt und erst ab dem zweiten Schnitt mitgenutzt. Hier entfaltet sich die Heidenelke. Im Nationalpark Bayerischer Wald werden dreizehn Hektar Wiesen aus einem Artenhilfsprogramm mit Rotem Höhenvieh beweidet. Auf diesen Wiesen gedeihen Arnika und auch Orchideen. Auf den Lesesteinriegeln sind Eidechsenarten und auch Kreuzottern zu finden.

Strukturvielfalt auf den Ackerflächen

Auf den Ackerflächen stehen Winterweizen, Sommerweizen, Wintergerste, Sommergerste, Dinkel, Kartoffeln und Gemüse. „Wo es passt, legen wir schmale Miniblühstreifen an“, so die Biologin. Die Landschaft untergliedert sich außerdem durch Strukturelemente in Form von Hecken, Einzelbäumen, Feldrainen und Feldgehölzen, die auch immer wieder „auf Stock“ gesetzt werden. Fledermäuse nutzen die Baumreihen und Hecken als Orientierungshilfe bei ihrem Flug. Etliche Nistkästen sind auf dem Hofgelände und der näheren Umgebung verteilt und auch der Turmfalkenkasten ist belegt. Selbst in der alten, großen Esche hat sich ein Turmfalke eingenistet.

Gemüse und Obst

Der Gemüsegarten mit rund 1.500 Quadratmeter liegt an der ausgelagerten Maschinenhalle und neben den Beerensträuchern. Diese Sträucher sind in 2016 „passiert“ und haben sich in dieser Zeit deutlich vermehrt. Mittlerweile hat die Naturland Landwirtin auch Aronia gepflanzt. Mittendrin befindet sich ein Steinhaufen für Kleinlebewesen und Eidechsen. Streuobstbäume gab es bis vor fünf Jahren nur eine Handvoll, mittlerweile sind es 120. Zwischen den Reihen wird gemäht, aber der Bewuchs in der Reihe bleibt stehen um den Insekten Umzugsmöglichkeiten zu bieten. Die Obstbäume in den Weiden dienen den Rindern als Schattenspender. Auch in der Hühnerweide hat Windmaisser Obstbäume gepflanzt. Mit der „Politik der kleinen Schritte“ hat sich schon viel auf dem Betrieb getan, wie Christina Windmaißer sagt. Die Zeit bleibt nicht stehen und es sind weitere Aktivitäten geplant, wie beispielsweise kleine Aktionen mit dem Kindergarten, (Kartoffelaussaat, Obstbaumpflanzen) oder Exkursionen (Kringell Fortbildung für Öko-Interessenten).

Politik der kleinen Schritte

Barbara Schedlbauer und Christina Windmaißer zeigen wie Biodiversität am Betrieb gelebt werden kann. Sie möchten durch Weiterbildung und Information die Bewusstseinsbildung bei Verbrauchern vorantreiben. Die erste gemeinsame Aktion, ein Bioerlebnistag auf dem Schedlbauernhof, war 2019 ein voller Erfolg: Die Veranstaltung wurde mit einer Prämierung auf der Biofach als schönster Bioerlebnistag Bayerns gewürdigt.

(Wir bedanken uns herzlich bei Barbara Schedlbauer, Christina Windmaißer und Hubert Weigand, dass wir dieses Portrait veröffentlichen dürfen.)
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