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Herrmannsdorfer Landwerkstätten

Vorzeigeprojekt und Leuchtturm im bayerischen Oberland

Das volle Sortiment unter einem Dach
Hofladen der Herrmannsdorfer Landwerkstätten
© Daniel Delang

Karl-Ludwig Schweisfurth hatte Mitte der 80er-Jahre entschieden, sein Unternehmen Herta, den größten fleischverarbeitenden Betrieb Europas, zu verkaufen und aus der industriellen Produktion auszusteigen. Die Effizienz, die er in den Schlachthöfen Amerikas kennengelernt hatte und die er zuvor ohne zu zögern in seine eigenen Fabriken übertragen hatte, wurde ihm zunehmend zuwider.

Bestärkt durch seine Kinder, brach er radikal mit den bisherigen Methoden und kehrte zurück zum traditionellen Metzgerhandwerk. Aber nicht nur das – er wollte auch, dass Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Gastronomie eine Einheit bildeten. Und fündig für sein Projekt wurde er in Oberbayern. Heute beschäftigen die Herrmannsdorfer Landwerkstätten ca. 250 Menschen, davon 100 direkt vor Ort. Auch ein Hofladen gehört dazu – und ansäßige Partner am Hof sind eine Gärtnerei, das Wirtshaus, die Brauerei, die Käserei sowie eine Kaffeerösterei. Der landwirtschaftliche Betrieb umfasst die Haltung von Weideschweinen, Hühnern und Bienen. Ein weiterer Ansatz Karl-Ludwig Schweisfurths ist die Symbiotische Landwirtschaft – so sollen viele Tierarten auf den gleichen Flächen zusammenleben und sich gegenseitig fördern, z.B. Hühner, Schweine, Gänse, Schafe und Rinder.  Aktuell wird das durch eine wissenschaftliche Studie anhand von Schweinen und Hühnern validiert.

Von Mitte der 90er-Jahre bis 2018 führte Karl Schweisfurth den Betrieb, während sein Bruder Georg sich dem zweiten Anwesen widmete, dem ehemaligen Gestüt Sonnenhausen, heute ein Bio-Seminar- und Hotelbetrieb unweit von Herrmannsdorf. 2018 ging dann der Staffelstab in Herrmannsdorf an Georg Schweisfurths Tochter Sophie über, bis sie sich im August 2023 aus der Geschäftsführung zurückzog. Seitdem ist Karl Schweisfurth wieder alleiniger Geschäftsführer in Herrmannsdorf. Zum Unternehmen gehören auch Geschäfte mit zwei Bistros in München und Umgebung. Und Herrmannsdorfer Produkte findet man ebenso bundesweit bei ausgesuchten Händlern.

Außer dem Engagement für das Lebensmittelhandwerk legt Karl Schweisfurth Wert auf faire Beziehungen – und zwar sowohl in der unmittelbaren Umgebung mit den zahlreichen Vertragsbauern, die Herrmannsdorf mit ihren Tieren und Ackerfrüchten beliefern, als auch in der Rohstoff-Verarbeitung, etwa in der Kaffeerösterei „merchant and friends“. Faire Partnerschaft trägt dazu bei, den Bio-Gedanken attraktiv zu machen – nicht nur bei den Kunden, sondern ebenso bei den Landwirten in der Region. Denn das spricht sich natürlich herum.

Mit zahlreichen Veranstaltungen rund ums Jahr geben die Landwerkstätten Einblick in die Arbeit vor Ort und laden zum „Genuss mit gutem Gewissen“ ein. In der Adventszeit gibt es einen Weihnachtsmarkt, und im „Schweinsbräu“ mit dazugehörendem Biergarten sorgt Küchenchef Karl Kranawetter mit seiner Kochcrew fürs leibliche Wohl – natürlich mit Herrmannsdorfer Produkten.

Im Mittelpunkt steht immer das traditionelle Handwerk, sei es beim Schlachten und Wursten, sei es beim Backen oder Käsen – und natürlich auch die Geselligkeit. In der „Handwerkstatt“ können Interessierte Kurse im Wursten, Backen, Fermentieren usw. belegen – ein Ort zum Feiern ist sie außerdem. Und ein Paradies für Kinder: Ob beim Brezendrehen oder beim „Eierpflücken“ im Hühnerstall oder auch beim Spazierengehen und Rundgang durch das Gelände – da gibt es für die jungen Besucher viel zu entdecken und zu probieren. Spannend.

So ist mit der Zeit Herrmannsdorf ein regional-ökologisches Gesamtkunstwerk geworden – dank einem langen Atem und viel Überzeugungskraft des 2020 verstorbenen Gründers, die auch die Familienmitglieder und Mitarbeiter geprägt hat und dessen Erbe sie weitertragen.

Mehr Informationen über die Herrmannsdorfer Landwerkstätten finden Sie hier

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