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Nina Meyer - Berghotel Ifenblick

Allgäu-Asien-Fusion: Wohlfühl-Küche mit einer Prise Punk

Nina Meyer
Nina Meyer
© Daniel Delang /Öko-Modellregion

Dabei wollte die unkonventionelle Allgäuerin als Kind alles andere als eine Köchin werden. Aber vielleicht waren die Gene doch stärker. Ihre Familie ist tief verwurzelt in der Gastronomie und dem Lebensmittelhandwerk. Drei Generationen vor ihr waren bereits Köche und Köchinnen, ihr Bruder ist Bäckermeister und ihre Schwester betreibt das Berghotel. Schließlich lernt sie das Kochhandwerk in Österreich, arbeitet in der Sterneküche am Bodensee, im Bregenzer Wald und in Zürich. Nach einigen Wanderjahren kehrt sie mit einem Abschluss in Food & Beverage Management ins Allgäu zurück. Durch zwei Todesfälle im Freundeskreis wird ihr die Vergänglichkeit des Lebens schmerzhaft bewusst. Und die Frage, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte, wird immer lauter. So steigt sie 2019 als Köchin ins Bio-Hotel ihrer Schwester Bianca ein und findet hier ihre kreative Heimat. „Ich habe hier die größte Freiheit, die ich mir wünschen kann.“ Ihre Schwester hat nur drei Bedingungen an die Küche: Die Gäste müssen zufrieden sein, das Budget muss eingehalten werden und es muss eine dicke Vanillesoße geben. „Das ist wirklich ein kleiner Preis für die Freiheit“, sagt Nina Meyer schmunzelnd.

Ihre Kreativität und ihr Eigenwille kommen bei den Gästen sehr gut an. Die drei täglichen Mahlzeiten im Hotel gibt es als Büffet. „Das kennen wir Europäer ja hauptsächlich vom Asiaten und aus Kantinen. Aber das Konzept geht super auf. Hier findet jeder, was er möchte. Es ist viel leichter, verschiedenste Ernährungsstile zu vereinen, von vegan bis Fleisch.“ Dieser Ansatz geht auf Nina Meyers Vater zurück, der in der BSE-Krise komplett auf regionales Fleisch umstieg. Dabei zeigte sich aber die große Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen von Gastronomie und Landwirtschaft: Der Koch kann am besten Einzelteile verarbeiten, der Bauer möchte am liebsten das ganze Tier verkaufen.

Nina Meyers Vater ergriff die Initiative und stellte die Küche auf Ganztierwertung um, was für ihn mit dem Büffetkonzept am besten funktionierte. Ihre Schwester Bianca übernahm 2014 das Hotel und ging dann den Schritt zu 100 Prozent Bio. Bis dahin waren viele Rohstoffe aus ökologischer Landwirtschaft, aber das Hotel nicht zertifiziert. Nina Meyer kauft heute nur noch ganze Tiere von Bio-Bauern aus der Region. Neben den Edelteilen kann sie beim Buffet auch Hackfleisch gut unterbringen, ebenso die Knochen für Suppe und Sülze. Sie schätzt auch die Möglichkeit, mit dem Büffet auf saisonale Schwankungen, z. B. beim Gemüse, besser reagieren zu können. Dank dieses Ansatzes ist es auch möglich, dass ihre Küche heute zu 60 Prozent pflanzlich ist – ohne, dass sie dies forciert hätte. „Klar ist es wichtig für die Zukunft unseres Planeten, dass wir weniger Fleisch konsumieren.

Aber mir geht es nicht darum, das Mindset unserer Gäste durch erhobene Zeigefinger zu manipulieren. Ich wünsche mir lieber mehr zupackende Arme und wohlwollende Herzen.“ Das Zupacken wird in der Gesellschaft ja häufig durch lange Diskussionen darüber gebremst, was jetzt die richtige Lösung für Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit ist. Und noch eine Bremse gibt es, und die stört Nina Meyer sehr. „Mein größter Feind ist aktuell die Bürokratie. Der Sinn ist dabei mit unternehmerischem Menschenverstand nicht mehr begreifbar und schränkt mich unglaublich ein. Hier wünsche ich mir sehr dringend Erleichterung. Und dass mehr Menschen sehen können: Die Sonne geht über einer Welt auf und unter, die Idee von den Guten und den Besseren ist Quatsch. Lieber anfangen und loslegen, überhaupt etwas tun, als länger darüber zu diskutieren, was die richtige Lösung ist.“ Und noch etwas wünscht sie sich: dass ihre andere Schwester, die mit ihrem Mann gerade ihren Hof auf Bio umstellt, Pilze für Nina Meyers wilde Küche anbaut.

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