Waging am See. Die 27 bayerischen Ökomodellregionen stellen nach Meinung von Gisela Sengl, Grünen-Landtagsabgeordnete aus Sondermoning, ein „sehr erfolgreiches Konzept und einen wichtigen Baustein auf dem Weg zum Staatsziel, einem Bioanteil von 30 Prozent in Bayern“, dar. „Vor allem bei so engagierten Projektleiterinnen“, fügte sie bei ihrem Besuch im Waginger Rathaus an und meinte damit Marlene Berger-Stöckl, die diese Funktion von Anfang an ausübt. Diese konnte in ihrem Bericht auch gleich zufrieden vermerken, dass die Quote an Biobetrieben von sieben Prozent im Jahr 2013 auf mittlerweile zwölf Prozent angestiegen ist.
Rasch kam das Gespräch, an dem auch der Waginger Bürgermeister Matthias Baderhuber und seine Tachinger Kollegin Stefanie Lang teilnahmen, auf die Zukunft der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel.
Das Ende der Modellregionen?
Denn die staatliche Förderung, die sich sowieso nur auf die Personalkosten bezieht, nicht aber auf Projekte, sinkt von Jahr zu Jahr, beträgt mittlerweile nur noch 40 Prozent und läuft 2022 ganz aus. Das findet Gisela Sengl ebenso schade wie auch die Tatsache, dass es keine weiteren Ökomodellregionen mehr geben soll. Diese fänden insgesamt zu wenig Wertschätzung, meinte sie.
Dem stimmten auch die beiden Bürgermeister aus voller Überzeugung zu. Eine wenigstens kleine Förderung auch in der Zukunft wäre zumindest ein Zeichen von Wertschätzung der in den jeweiligen Regionen geleisteten Arbeit, meinte Baderhuber, zumal hier viele Menschen ehrenamtlich mitarbeiten. Bürgermeisterin Stefanie Lang stellte fest, dass sich manche weniger begüterten Gemeinden die Ökomodellregion dann schlicht nicht mehr leisten könnten, wenn es keine Förderung mehr gibt.
Im Laufe des rund zweistündigen Gesprächs stellte die Projektleiterin in Kurzform die wichtigsten Projekte der Ökomodellregion vor. Sie erwähnte die erfolgreiche Pflanzung von aktuell 850 Streuobstbäumen, verbunden mit einer Biosammelzertifizierung für Streuobst, das inzwischen von einer ganzen Reihe von Betrieben abgenommen und weiterverarbeitet wird. Ein ökologisches Pflegekonzept für kommunale Grünflächen wird aktuell erstellt, die Kosten in Höhe von netto 160000 Euro werden zu 80 Prozent aus Leader-Mitteln gefördert; damit sollen bis spätestens in eineinhalb Jahren Pflegepläne für die elf beteiligten Gemeinden und deren Bauhöfe entwickelt werden, um vielfältiges Pflanzenleben zu fördern.
Beim Thema Biomilch bessere sich die Lage allmählich, so Berger-Stöckl. Wenn die Aufnahmekapazitäten der Molkereien für Biomilch in der Vergangenheit nicht so knapp gewesen wären, hätten sicherlich schon mehr Bauern umgestellt. Allerdings für Demeter-Milch und bei der Andechser Molkerei seien Biomilch-Lieferanten auch weiterhin gesucht. Gisela Sengl bedauerte, dass die örtliche Molkerei Bergader nicht auf die Biokäse-Produktion aufspringen will. Dazu meinte Bürgermeisterin Lang, dabei finde der im Rahmen der Ökomodellregion erstellte Biokäse, der „Waginger-See-Käse“, reißenden Absatz. Von daher sei sie der Meinung, dass der Markt auch für weiteren Biokäse da wäre. Für Biofleisch gibt es in der Region gute Vermarktung, wie es in dem Bericht der Ökomodellregion weiter hieß. Allerdings seien die Preise noch nicht ausreichend. Mit dem biozertifizierten Schlachthof Laufen sei auch für kleinere Betriebe Selbstvermarktung möglich.
Zu dieser Thematik gehört auch das Streben der Ökomodellregion, in möglichst vielen Einrichtungen biologisch oder zumindest regional erzeugte Lebensmitteln anzubieten. So ist beispielsweise in der Salzachklinik in Fridolfing bereits ein Anteil von 20 Prozent erreicht, die Grundschule in Taching werde schon komplett mit Bio- oder regionalem Essen beliefert, informierte Bürgermeisterin Lang. Mit weiteren Großküchen sei man im Gespräch, so Marlene Berger-Stöckl. Ein Thema waren auch die regionalen Geschenkkörbe, die von den Gemeinden zu Ehrungen vorrangig vergeben werden sollten. Dies geschieht aber, wie in der Runde gesagt wurde, noch nicht durchgängig. Dabei hätte dies, ist Gisela Sengl überzeugt, eine „hohe Symbolkraft“ und eine gute Außenwirkung.
Abnehmer sind Brauereien und Müslihersteller
Ein breites Spektrum hat sich die Ökomodellregion in Sachen Ökoackerbau erarbeitet. Einheimische Bauern liefern ihre Produkte an die Schlossbrauerei Stein für deren Bier-Spezialitäten, an den Müsli-Hersteller Barnhouse und den Senf-Produzenten Byodo, beide in Mühldorf ansässig, außerdem neuerdings an die Firma Soto in Bad Endorf, die vegane und vegetarische Bio-Spezialitäten herstellt.
Zum Schluss des Gesprächs wünschte sich Gisela Sengl angesichts der breiten Arbeitsbereiche der hiesigen und auch der anderen 26 Ökomodellregionen, dass das Landwirtschaftsministerium gelungene Beispiele öffentlichkeitswirksam vorstellen sollte – auch als Zeichen der Wertschätzung der Mitarbeitenden und für mehr Bewusstseinsförderung in der Bevölkerung.
Artikel vom 20.08.2020 in der Südostbayerischen Rundschau von Hans Eder