Die Veranstaltung zum Thema Artenvielfalt führte der Landschaftspflegeverband Traunstein (LPV) in Zusammenarbeit mit der Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege des Landratsamtes, dem Verein für Gartenbau und Landespflege Kirchanschöring und der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel durch.
Der Kirchanschöringer Bürgermeister Hans-Jörg Birner begrüßte die Teilnehmer und erläuterte, wie sich die Gemeinde seit vielen Jahren durch eine angepasste Pflege und Entwicklung ihrer Grün- und Ausgleichsflächen für mehr Artenvielfalt engagiert. Der Lapperanger mit seinen knorrigen alten Obstbäumen, Totholzhaufen und seiner bunten Blumenwiese, die nur zweimal pro Jahr gemäht und nicht gedüngt wird und auf der in manchen Ecken Altgrasinseln über Winter stehen bleiben, bietet hierfür ein gutes Beispiel.
Carsten Voigt vom LPV führte zunächst zu einem alten Apfelbaum mit Höhlungen und Totholz. In den Baumhöhlen finden Vögel wie Gartenrotschwanz und Feldsperling sowie Hornissen, Fledermäuse und Siebenschläfer Wohn- bzw. Nistmöglichkeiten. Totholz und Rindenspalten dienen Insekten wie dem Bockkäfer als Lebensraum. Sie bilden wiederum Nahrung für den Buntspecht. Neben dem menschlichen Auge freuen sich auch Insekten über die Fülle der Wiesenblumen auf dem Lapperanger. Neben dem auffälligen Wiesen-Salbei sind z.B. Wiesen-Glockenblume, Acker-Witwenblume, Margerite, Klappertopf und Wiesen-Labkraut zu finden. Auch Schafgarbe und Spitz-Wegerich, die noch bis vor wenigen Jahrzehnte als wichtige Heilkräuter genutzt wurden, finde sich auf der Wiese.
Im
Anschluss berichtete Nikola Bichler, Landkreisbetreuung Fledermausschutz,
über die Bedeutung des Lapperangers für
Fledermäuse. Neben den Baumhöhlen, in denen Arten wie Mops- und Rauhautfledermaus
oder Großer Abendsegler Quartiere finden, ist v.a. der Insektenreichtum als
Nahrungsquelle wichtig. Fledermäuse suchen auf ihren nächtlichen Beuteflügen
gezielt solche Lebensräume auf und fliegen ihre Nahrungsplätze der Reihe nach
ab. Dies trifft neben den bereits genannten Arten auch für die in der
benachbarten Kirche beheimateten Wimperfledermäuse zu.
Zu erwähnen ist auch die Artenvielfalt durch alte Obstsorten auf dem Lapperanger. Apfelsorten wie Jungthaler oder Sonnenwirtsapfel sind heute kaum noch in Baumschulen erhältlich. Viele Sorten sind im 19. Jh. als Zufallssämlinge entstanden, die dann gezielt vermehrt und verbreitet wurden. Um diese heute oftmals vergessenen Raritäten vor dem Verschwinden zu bewahren, finanziert der Bayerische Naturschutzfonds und der Bezirk Oberbayern das Obstsortenerhaltungsprojekt „Apfel-Birne-Berge“. Dabei werden in den oberbayerischen Voralpen-Landkreisen von Weilheim bis Berchtesgaden von sog. Pomologen gezielt alte Apfel- und Birnbäume aufgesucht und ihre Sorte bestimmt. Ziel ist dabei, diese alten Obstsorten zukünftig wieder in Baumschulen anbieten zu können. Dazu dient u.a. der letztes Jahr im Rahmen des Projektes angelegte Sortenerhaltungsgarten im Landkreis Traunstein am Hilgerhof bei Pittenhart.
Romi Mayer von der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel wies auf die Möglichkeit, dass Besitzer von Streuobstwiesen über den LPV junge Obstbäume für Nach- oder Neupflanzungen kostenlos erhalten können, weil diese über die Landschaftspflegerichtlinie des Bayerischen Umweltministeriums gefördert werden. Um dem Rückgang der Streuobstwiesen zu begegnen, hat sich die Ökomodellregion das Ziel gesetzt, in ihrem Gebiet 1.500 Neupflanzungen zu erreichen. Im Herbst letzten Jahres wurde zusammen mit dem LPV bereits der tausendste Baum gepflanzt.
Zum Abschluss der Veranstaltung servierte der Gartenbauverein ein köstliches Buffet mit selbstgemachten Snacks und Getränken aus Gartenkräutern. Der Verein engagiert sich auf dem Lapperanger auch durch jährliche Saftpressaktionen mit der benachbarten Grundschule und wird dabei vom LPV unterstützt.
Artikel aus der Südostbayerischen Rundschau vom 01.07.2023