Zunächst erkundigte sich der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Traunstein, wo Drösler die größten Potentiale der verschiedenen Moortypen sieht.
Weil jedes Moor anders sei, so Drösler, gehöre jede Vernässung einzeln vor Ort geplant: Wasserverhältnisse müssten betrachtet, Höhenunterschiede im Gelände vermessen und Bohrungen im Boden vorgenommen werden. Bodenproben zeigten, wie dick die Torfschicht noch sei und welche Eigenschaften die Torfe haben - etwa ob sie sehr wasserdurchlässig seien oder bereits stark zersetzt mit geringer Wasserleitfähigkeit.
Auf diesen Grundlagen entstehe dann ein Plan, wie das Wasser in diesem Moor gehalten werden könne und welche optimale Wasserhöhe anvisiert werden sollte. „Entsprechend der zukünftigen Moornutzung braucht es ein angepasstes Flächenmanagement“, so der Fachmann.
Der erste Schritt sei zunächst, Wasser in den Torf zu bringen. In der Regel bedeute das für das technische Vorgehen, dass die Pumpen abgestellt, die Drainagerohre verschlossen und die Gräben angestaut würden. Die weitere dauerhafte Nutzung von Moorstandorten sei nur möglich, wenn die Nässe bis knapp unter die Oberfläche reiche. Eine Überstauung sei auf alle Fälle zu vermeiden.
Georg Hermannsdorfer, Mitarbeiter der Initiative „boden:ständig“ und anderer Projekte des Amts für Ländliche Entwicklung, fragte nach, wie das Anstauen von Wasser an geneigten Hangflächen funktioniere. Dafür, so Drösler, gebe es technische, teilweise sehr einfache und kostengünstige Methoden. Wie Hermannsdorfer weiter sagte, habe die Gemeinde Saaldorf-Surheim im Einzugsgebiet des Abtsdorfer Sees eine Fläche für den Regen- und Nährstoffrückhalt gekauft. Darauf solle nun versucht werden, Rohrglanzgras anzubauen, um zu sehen, wie es wächst und wie es zu bewirtschaften ist. Hermannsdorfer machte auch deutlich, dass der Staat zum Erreichen der Klimaziele mehr Versuchsflächen für die Paludikulturen – die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Moorstandorte - anpachten und den Landwirt entsprechend entlohnen sollte.
Alfons Leitenbacher sprach die Probleme im Donaumoos an, wo die Bauern bislang vor allem Kartoffeln und Mais anbauen. Einige Bauern hätten starke Vorbehalte gegen das Wiedervernässungsprojekt, räumte er ein. Drösler betonte, „Paludikulturen schaffen es als Einzige, als Senke zu wirken“. Sie würden sogar CO₂ binden. „Wesentlich ist, dass damit die Endlichkeit der Bewirtschaftung abgefangen werden kann.“
Ludwig Huber, Betriebswirt am AELF Traunstein, machte deutlich, dass der Deckungsbeitrag von Paludikulturen bislang noch zu niedrig sei. Der Gesetzgeber müsse für einkommens-ausgleichende Honorierungen der Landwirte sorgen. Laut Drösler ist das notwendig. Man müsse die Thematik aber auch von der volkswirtschaftlichen Seite betrachten. Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Klimagasemissionen auf entwässerten Niedermoorflächen belaufe sich auf bis zu 8.000 Euro pro Hektar und Jahr.
Viele Hangflächen in Tengling
Für Paludikulturen brauche man größere zusammenhängende Flächen, damit es auch für den Abnehmer rentabel ist. „Die Landwirte sind auf Abnehmer zur Weiterverwertung der Pflanzen angewiesen.“ Dazu werden derzeit im Projekt „Moorverträgliche Bewirtschaftungsmaßnahmen“ gemeinsam mit der LfL die Vielfalt der Verwertungsoptionen und die Flächenbedarfe geprüft.
Hans Steiner, Kreisobmann des Bauernverbands im Landkreis Traunstein, meinte, in seinem Heimatort Tengling gebe es sehr viele Hangflächen. Besonders bei den Anmooren liege der Wasserpegel schon sehr weit unten. „Die Betriebe im Bereich von Tengling halten aufgrund des guten Futters sehr viele Tiere“. Eine vernünftige Vernässung in dieser Gegend sei gar nicht möglich, weil man erst in einer Tiefe von rund zwei Metern auf Wasser stoße. Das sei auch den Kiesböden geschuldet, die das Wasser gut und schnell versickern lassen. Durch das Absenken des Waginger Sees sei das Moor an den Randzonen noch relativ jung. Der Wasserspiegel auf diesen Flächen hänge mit dem Wasserstand des Sees zusammen.
Denn im Jahr 1867 wurde der Spiegel des Waginger und damit auch des Tachinger Sees durch Vertiefung des Abflusses der Ache bei Petting um fast zwei Meter abgesenkt. Vorrangiges Ziel war die Trockenlegung von Feuchtwiesen und die Gewinnung von Neuland. Die See-Breite bei Tettenhausen verringerte sich von zuvor 150 Metern auf die heutigen 20 Meter.
Drösler verdeutlichte, dass man zunächst prüfen müsse, wo Drainagen liegen. Zudem stelle sich die Frage, ob der Viehbestand in den nächsten Jahren tatsächlich so hoch bleibt. Um die Betrachtung des einzelnen Moorstandortes komme man also nicht herum.
Biologin Dr. Ute Künkele verwies in ihrer Wortmeldung auf die zahlreichen Hochmoorflächen, die der Landkreis gekauft habe, für die eine Wiedervernässung, also eine Renaturierung im Sinne des Klimaschutzes sinnvoll wäre. Dr. Künkele sprach zudem die Gräben im Bergener Moos an. Diese seien so vertieft worden, dass die starke Drainagewirkung auf diesen Niedermoorflächen die Freisetzung der klimarelevanten Gase fördere und eine Paludikultur derzeit verhindere.
Georg Huber, Gemeinderat in Waging, erkundigte sich, ob diese Kulturen auch auf Regenrückhalteflächen sinnvoll sind. Drösler bejahte dies. Er sagte, sie wirkten ähnlich wie Pflanzenkläranlagen, die in der Lage sind, dem Wasser Nährstoffe zu entziehen.
Die stellvertretende Landesvorsitzende vom BUND-Naturschutz, Beate Rutkowski machte deutlich, dass man neben der nässeren Bewirtschaftung die naturschutzrelevanten Flächen ebenso im Blick behalten solle und diese auch optimiert werden müssten.
Abschließend bedankte sich die Sprecherin der Ökomodellregion, Stefanie Lang, für den interessanten Vortrag und für das große Interesse am Thema.
Artikel von Anneliese Caruso, 14.12.2023 in der Südostbayerischen Rundschau