Artikel von Hans Eder aus der Südostbayerischen Rundschau vom 22.09.2018
Anschließend brachte Martin Posch bei seinem Anwesen in Eibl den Radlern die Grundsätze für die Bioweidehaltung näher. Und zuletzt führte Kristine Rühl die interessierten Besucher über ihren 1,3 Hektar großen Gemüseacker im nahegelegenen Tettenberg. Mit einer Suppe aus frisch geerntetem Gemüse aus dem Feldkochtopf sowie köstlichen Wassermelonen wurden die Gäste nach ihrem Rundgang bestens verpflegt.
„Und dann aa no mit Bio!“
Michael Wahlich ist seit fünf Jahren als Biobäcker in Surheim angesiedelt. Es sei nicht einfach gewesen, erzählte er, in einem kleinen Ort als neuer Bäcker anzufangen „und dann aa no mit Bio“. Das habe einiges an Durchhaltevermögen und Kraft gekostet. Sein Mehl bezieht er im Wesentlichen vom Demeterbetrieb Franz Obermeyer in Tengling, den Laufener Landweizen von Teisendorfer Bauern. Denn Wahlich war, wie Gruppenleiterin Marlene Berger-Stöckl, die Projektmanagerin der Ökomodellregion, anmerkte, der erste, der vor einigen Jahren die alte Sorte Laufener Landweizen wieder verbacken hat. Denn den bauen Bauern aus der Region seit einiger Zeit wieder an. Seinen Teig hatte Wahlich schon fertig gemischt mitgebracht, der Backofen war von Franz Wimmer aus Otting, einem der Erbauer, bereits zuvor ordentlich eingeheizt worden.
Die Teilnehmer der Bio-Tour formten dann ihre Laibe ganz nach Gusto und kennzeichneten sie mit besonderen Symbolen, um sie dann auch wiederzuerkennen. Dann wurde die knapp ein Kilo wiegenden Teigstücke in den Ofen eingeführt, von wo sie dann etwa eine Stunde knusprig-braun-gebacken wieder herauskamen – und mit großem Appetit verspeist wurden. Zusatzstoffe gibt es in Wahlichs Broten keine, und das ist ihm wichtig. Denn, so seine Feststellung, „bei vielen konventionellen Bäckern gibt es fast nur Brot aus Vor- und Backmischungen; nichts mehr wird selbst hergerichtet“. Und durch die lange Teigführung sei sein Brot auch besser verdaulich; Gluten sei hierbei überhaupt kein Problem mehr.
Öle aus Lein, Leindotter, Senf und Hanf verkostet
Die Tüpfelchen auf dem „i“ des Biogenusses waren dabei die Öle von Hans Niedl, natürlich ebenfalls aus biologischem Anbau in der Region. Niedl, der sich vor zehn Jahren seine kleine Ölmühle zugelegt hat und seitdem seine Produktion nach und nach etwas erweitert hat, präsentierte Leinöl, Leindotteröl, Senföl und Hanföl, das dann verkostet wurde, und dazu auch die Pflanzen, die man heutzutage kaum noch kennt. Der Ölmüller hob vor allem das Leinöl hervor, das wegen seines Gehalts an den wichtigen Omega-3-Fettsäuren so wichtig für gesunde Ernährung sei. Bei ihm werden alle Öle kaltgepresst. Der höhere Preis ergebe sich daraus, dass bei biologischem Anbau der Ertrag gegenüber konventionellem Anbau mit entsprechender Düngung gerade mal bei gut einem Drittel liege. Zudem ist der Anbau dieser Pflanzen nicht ganz einfach, wie Marlene Berger-Stöckl erzählte.
Etwa der Senf, der seit zwei Jahren in der Ökomodellregion verstärkt angebaut wird, muss wegen der Schädlinge, gegen die im biologischen Landbau ja nicht gespritzt werden darf, im Gemenge – also zusammen mit anderen Pflanzen – angebaut werden, was den Bauern, die sich daran gewagt haben, viel Experimentierfreude abverlangt und immer wieder auch Rückschläge bringt. Und beim Flachsanbau (Öllein) kommen die Erntemaschinen wegen der starken Fasern oftmals an ihre Grenzen und verstopfen.
Mit Brot und Öl gut gestärkt machten sich die Radler nunmehr auf den kurzen, aber stetig ansteigenden Weg hinauf nach Eibl. Biobauer Martin Posch gab seinen Gästen inmitten der von ihm bewirtschafteten, etwa 50 Hektar umfassenden Flächen – davon der größere Teil angepachtet - einen Einblick in die Arbeit auf einem Biobetrieb. Der Betrieb sei seit der Umstellung vor etwa acht Jahren kontinuierlich gewachsen, von 40 auf inzwischen 50 Kühe, die in der warmen Jahreszeit immer auf der Weide sind und zwischen drei großen Koppeln hin- und herwechseln. Als Nahrung erhalten die Tiere, wenn sie in den Stall kommen (was sie jederzeit tun können), zusätzlich eine Mischung aus Heu und Silage sowie – computergesteuert nach ihrem jeweiligen Bedarf – auch Kraftfutter.
Um sein Heu so nahrhaft wie möglich einfahren zu können - das heißt für Posch vor allem ohne die Verluste durch das häufige Wenden - wird bei ihm das Heu rasch eingefahren und dann durch Belüftung getrocknet.
Die Umstellung nach dem Wechsel auf Biobewirtschaftung sei „nicht tragisch“ gewesen, so Posch auf eine Frage aus dem Kreis der Besucher. Gut, das Problem des Ampfers habe gelöst werden müssen: Da mussten die Pflanzen einzeln ausgestochen werden, was viel anstrengende Arbeit bedeutet hat; „kipperweise“ habe man den Ampfer abtransportiert. Aber seitdem halte sich der Bewuchs in Grenzen, auch wenn man stets ein Auge drauf haben müsse.
Problem Verdichtung wird unterschätzt.
Ganz wichtig ist Posch, dass der Boden nicht mit schweren Maschinen befahren wird; denn, so seine Überzeugung, das Problem der Verdichtung, die heutzutage durch die riesigen Geräte geschehe, werde nach wie vor unterschätzt: „Was da gemacht wird, ist eine Katastrophe!“ Schließlich zeigte Martin Posch den Besuchern noch seinen Stall, in dem die Kühe viel Luft, Licht und Platz haben. Letzte Station der Rundfahrt war die Gärtnerei „Solidarische Landwirtschaft“, die Kristine Rühl seit einigen Jahren betreibt. Auf der rund 1,3 Hektar großen Fläche werden, wie die Besucher bei einem Rundgang mit der Gärtnerin sehen konnten, an die 50 verschiedene Gemüse angebaut. Dabei wurde viel gefachsimpelt, hatten doch viele Teilnehmer auch zu Hause ihre Gemüsegärten.
Das Prinzip der „Solidarischen Landwirtschaft“ beruht auf Pflanzenbau nach Demeter-Richtlinien, und der Absatz geschieht nach festen Ernteteilen. Das heißt, dass sich Interessierte für jeweils ein Jahr dazu verpflichten, Woche für Woche einen Anteil an Gemüse abholen – je nach Jahreszeit und anfallender Menge ganz unterschiedlich sortiert. Für etwa 70 Ernteteile ist die Produktion von Kristine Rühl ausgerichtet, noch sind längst nicht alle Anteile geordert. So sind für kommendes Jahr noch Ernteanteile zu vergeben. Interessierte können mit einem Probe-Ernteanteil beginnen oder einfach am Samstag auf den Acker kommen, um sich zu informieren.
Es sei schön, hier zu arbeiten, meinte Gärtnerin Kristine Rühl, „auf der toll gelegenen Fläche mit Blick auf den Waginger See und bis hinüber nach Salzburg“. Das konnten die Besucher der Biogenuss-Radltour gut nachvollziehen, als sie nach dem Rundgang durch die Gärtnerei in dem Kreis aus Strohballen Platz nehmen konnten und in den Genuss einer wohlschmeckenden Gemüsesuppe kamen, die vor Ort über offenem Feuer zubereitet worden war. Als Nachspeise gab es Wassermelonen und köstliche Andenbeeren – frisch gepflückt in Otting.
Hans Eder, Artikel in der SOR vom 22.09.2018