Bürgermeister Konrad Schupfner hatte vor der Entscheidung noch einmal vorgetragen, was zuletzt an Projekten von der Ökomodellregion angeschoben wurde. Diese war, wie mehrfach berichtet, einst vom damaligen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner ins Leben gerufen worden, um den Biolandbau zu stärken. Und das sei auch gelungen, führte Schupfner aus. So sei der Anteil der Ökobetriebe von 6,9 Prozent auf 11,6 Prozent gestiegen. „In Tittmoning sind wir inzwischen sogar bereits bei 17 Prozent“, so Schupfner. Ziel sind 20 Prozent.
Dazu hat die Ökomodellregion verschiedene Projekte angestoßen, die von der Zertifizierung von Biofleisch bis hin zur Wiederbelebung des Laufener Landweizens reichen.
„All diese Einzelprojekte werden über `Leader` finanziert“, erklärte Schupfner, also nicht aus dem Topf, in den Tittmoning weiter einzahlen soll. Denn mit diesen Geldern soll vor allem der laufende Betrieb der Ökomodellregion bezahlt werden – beispielsweise die beiden Angestellten im Büro in Waging. Da diese künftig weniger Stunden arbeiten sollen, sinkt zwar der Personalaufwand – der Kostenanteil der Kommunen steigt aber trotzdem. Im Falle Tittmonings von rund 9100 Euro für das Jahr 2019 auf rund 11 200 Euro im Jahr 2021.
Der Grund: Die Förderung des Freistaats wird in den nächsten Jahren zurückgefahren. Genau dieser Umstand – der Freistaat verringert sein Engagement, die Kommunen sollen aber tiefer in die Tasche greifen – ärgerte einige Stadträte. So rechnete Andreas Bratzdrum (CSU) vor: „Der kommunale Anteil erhöht sich um 23 Prozent. In anderen Bereichen würden wir eine solche Erhöhung auch nicht einfach so akzeptieren“, zeigte sich der zweite Bürgermeister überzeugt.
Man müsse also fragen dürfen, wie viel Tittmoning von der Ökomodellregion profitiert. Aus Sicht von Ute Sesselmann (MitBürger) nicht viel: „Ich frage mich, ob die Ökomodellregion das macht, was sich Tittmoning bei der Gründung von ihr erhofft hat. Denn viele der Projekte finden ja gar nicht bei uns, sondern rund um Waging statt – etwa in Sachen Gewässerschutz.“ Sie schlug deshalb vor, sich das Geld zu sparen und lieber Sachen vor Ort umsetzen.
Anteil von Bio-Produkten in Geschenkkörben soll steigen
Tatsächlich solle Tittmoning gern eigene Projekte machen – „aber zusätzlich“, befand Johann Glück, der die Ökomodellregion positiv bewertete. „Wir sollten zum Beispiel darauf hinarbeiten, dass die Versorgung im Haus des Kindes möglichst biologisch und nachhaltig ist“, so der Biobauer und Rat der Ökologischen Bürgerliste. „Auch der Anteil von Bioprodukten in Geschenkkörben der Stadt sollte steigen. Und wir sollten auch darüber nachdenken, bei der Verpachtung kommunaler Flächen den Pächtern bestimmte Bedingungen zu setzen – zum Beispiel, dass sie auf Gift verzichten müssen, und mulchen.“ Hier hörte Bratzdrum einen gewissen Zungenschlag heraus, der generell gegen konventionelle Landwirtschaft gerichtet war. „Wir brauchen hier aber kein Schwarz-weiß-Denken“. Diese indirekte Unterstellung wies Glück wiederum lautstark zurück. „Ich habe nur gesagt, man muss hier mit den Leuten reden.“
Uneinigkeit herrschte auch in der Frage, wie hoch der Einfluss der Ökomodellregion auf Bauern ist, die umstellen. „Wegen der Ökomodellregion stellt sicher niemand auf Bio um“, vermutete Maria Kellner (FW). Denn das größte Hindernis, vor dem beispielsweise umstellungswillige Milchbauern stehen würden, könnte auch die Ökomodellregion nicht aus dem Weg räumen – fehlende Abnehmer. Da gab ihr auch Glück recht: „Hätte beispielsweise die Molkerei Weixler in Waging eine Bioschiene, dann wären wir sicher schon bei 20 Prozent Biobetriebe“, glaubte er. „Aber das ist nun mal eine unternehmerische Entscheidung.“
Dass die Ökomodellregion kein Grund ist, um umzustellen, bestätigte auch Martin Gramsamer (CSU), der im Vorfeld der Sitzung bei vier Biobauern angerufen hat. „Was hat die Ökomodellregion für euch gemacht?“ habe er gefragt, und von dreien sie die Antwort „gar nix“ gewesen. Doch hier jetzt über Einzelfälle zu sprechen, bringe nichts, wenn man keinen Vertreter der Ökomodellregion vor Ort hat, befand Bürgermeister Konrad Schupfner.
Der Stadtrat stehe jetzt einfach nur vor der Frage, ob Tittmoning die weitere Finanzierung so mitträgt, oder nicht. „Ein Ausscheren und Abändern der Beschlussvorlage geht nicht, schließlich sind die Anteile der Orte aufeinander abgestimmt.“ Zumindest einen Zusatz schlug Schupfner aber vor: So solle bei einer weiteren Projektperiode ab 2022 darauf geachtet werden, dass der kommunale Anteil, wie der des Freistaats, ebenfalls sinkt. Das langfristige Ziel müsse eine eigenständige Kostendeckung sein. Mit den Gegenstimmen von Ludwig Binder und Ute Sesselmann (beide MitBürger) und den CSU-Räten Annemarie Dandl, Norbert Huber, Martin Gramsamer und Alois Wichtlhuber wurde die weitere Beteiligung Tittmonings abgesegnet.
SOR vom 08.02.2013, Autor: jag/ i.A. Enzensberger