Ist die Allianz Oberes Werntal, die ILE, eine Erfolgsgeschichte? Ja, aber, könnte die Antwort lauten. Ja, weil zehn Gemeinden im Westen von Schweinfurt in vielen Bereichen erfolgreich zusammenarbeiten. Und aber, weil manche Themen immer noch etwas zäh laufen. Ein Überblick nach 22 Jahren Interkommunaler Allianz und zehn Jahren Öko-Modellregion. Fünf sogenannte ILE-Regionen – ILE steht für Integrierte Ländliche Entwicklung – gibt es mittlerweile im Landkreis Schweinfurt. Das Obere Werntal ist die älteste und hat 52.000 Einwohner in den Gemeinden Bergrheinfeld, Dittelbrunn, Euerbach, Geldersheim, Niederwerrn, Oerlenbach (Lkr. Bad Kissingen), Poppenhausen, Waigolshausen, Wasserlosen, Werneck. Anfangs war der Zusammenschluss vor allem durch gemeinsame kulturelle Projekte bekannt, etwa den Radelspaß, das Fränkische Bildstockmuseum oder den Tag des offenen Ateliers. Mittlerweile bearbeitet die Gemeinschaft konsequent vor allem die Themen Innenentwicklung, Klima und Digitalisierung. Viel bewegt habe man bei der Innenentwicklung, resümierte ILE-Managerin Eva Fenn auch jüngst vor dem Gemeinderat Wasserlosen. Die Oerlenbacher Erklärung 2008 mit dem Vorrang „Innen vor Außen“ stand am Anfang. Förderprogramme und Bildungsbemühungen für fränkische Baukultur folgten.
Förderung für Sanierung regionaltypischer Anwesen
Aktuell mündeten die Anstrengungen in eine „Werntaldorf“-Förderung. Sanierwillige in regionaltypischen Anwesen erhalten finanzielle und fachliche Unterstützung, über das Amt für Ländliche Entwicklung und über die Denkmalpflege. Dazu wurde in allen 46 Dörfern der ILE die typisch fränkische Bausubstanz kartiert. 20 bis 35 Prozent Zuschuss gibt es bei Sanierungen sowie bis zu 85 Prozent für eine Bestandsuntersuchung bei denkmalgeschützten Gebäuden, warb Fenn. In Sachen Zusammenarbeit werden auch gemeinsame Schulungen für die Verwaltungen oder Bauhöfe geboten. Über das Regionalbudget können Organisationen jedes Jahr kleine Projekte mit 70 Prozent fördern lassen. 2024 waren es 22 Projekte, heuer wurden 20 genehmigt, erklärte Fenn. Bekannt sind auch die kostenlosen Bauhüttenvorträge, nächster Termin: 15. Mai, zum Thema PV-Anlagen, um 19 Uhr in der Neuen Mitte Niederwerrn.
Auf einem Drittel der Flächen bereits ökologischer Anbau
Seit 2015 ist die Gemeindeallianz auch als Öko-Modellregion (ÖMR) in Bayern anerkannt. Sie war eine der ersten, mittlerweile gibt es 34. Das politische Ziel, bis 2030 auf 30 Prozent der Fläche ökologischen Anbau zu betreiben, hat das Obere Werntal bereits erreicht, resümierte ÖMR-Projektleiterin Anja Scheurich. Bayernweit sind es nur 14 Prozent, deutschlandweit erst zehn Prozent. Im Bereich der Gemeinde Wasserlosen sind es sogar 66 Prozent.
Weiteres Ziel ist die Bewusstseinsbildung für nachhaltiges Handeln, der Aufbau von Wertschöpfungsketten und die sogenannte „Außer-Haus-Verpflegung“. Für das Essen in Kantinen oder Gastronomie sollen stärker regionale und biologische Produkten verwendet werden. Unzählige Aktionen, Erlebnistage, Informationstreffen oder Coachings gibt es dazu: vom Kochwettbewerb mit Hülsenfrüchten über Exkursionen bis zum Bio-Einkaufsführer und Online-Schulungen.
In der neuen Veranstaltungsreihe „Sagt doch mal! Wie geht die Umstellung zum Ökolandbau?“ arbeiteten die vier unterfränkischen Öko-Modellregionen Oberes Werntal, Rhön-Grabfeld, Landkreis Aschaffenburg und stadt.land.wü. wieder einmal zusammen: In drei Online-Terminen gaben Bio-Betriebe aus den Schwerpunkten Viehhaltung, Ackerbau und Weinbau den 54 Teilnehmenden – mehr als doppelt so viel als im Jahr zuvor – Einblicke in ihre Praxis. Im Mittelpunkt stand die Verbindung von regionaler wirtschaftlicher Entwicklung und ökologischer Erzeugung. „Man braucht einen langen Atem“, weiß Wasserlosens Bürgermeister Anton Gößmann, ILE-Sprecher des Handlungsfelds Umwelt, „und man muss dicke Bretter bohren“, etwa um Verantwortliche von Gemeinschaftsküchen zu überzeugen.
Wurde anfangs die Personalstelle der ÖMR mit 75 Prozent vom Freistaat gefördert, sind es heute noch 20 Prozent. Seit 2021 und noch bis Oktober nimmt Anja Scheurich als Mitarbeiterin von FiBL Projekte, einem Forschungsinstitut für biologischen Landbau, die Arbeit im Oberen Werntal wahr. Dann zieht sich das Unternehmen zurück. Die Gemeinden suchen daher derzeit einen Weg, die ÖMR-Organisation neu zu gestalten.