Die Familie Gierl betreibt in der vierten Generation am malerisch gelegenen Hof im sanften Hügelland Milchviehwirtschaft. Vor 45 Jahren baute die Landwirtefamilie einen neuen Stall. Licht und funktional, aber in Anbindehaltung und veraltet nach der langen Zeit. Als dann absehbar wurde, dass die Anbindehaltung immer weniger Rückhalt haben wird, brauchte es eine Lösung. Wie einige scheute auch Johannes Gierl Jun. die Investition in einen neuen Stall. „Es ist bei uns so eine Sache mit der Verfügbarkeit der Flächen. Wenn ich unsere eigenen Flächen als Grundlage nehme, dann rechnet sich ein Neubau nicht, wenn ich wachse, setze ich mich unter Druck.“ Schließlich entscheiden sie sich für einen Umbau und die Umstellung auf Ökolandbau – ein qualitatives Wachstum anstatt eines quantitativen. Die Tiere haben Weidegang und durch kluge, aber schlichte Umbaumaßnahmen auch im Stall genug Platz, um sich frei zu bewegen. Mit der Umgestaltung beweisen Hans Jun. und Senior eine gute Hand, sowohl für das Wohl der Tiere als auch fürs Konto. „Ein neuer Stall liegt bei mindestens einer Million Euro Kosten. Da entscheide ich heute schon über das Schicksal meiner Kinder, wenn sie den Hof übernehmen. Das möchte ich nicht.“ Auch ist Johannes das Risiko zu hoch: „Wenn dann der Milchpreis nicht passt oder die Pachtpreise noch weiter steigen, dann kann ich unter Umständen die Kredite nicht mehr bedienen.“ Sehr überlegt sind seine Worte und auch seine Entscheidungen, wenngleich er einräumt, dass es natürlich erstmal reizvoll ist, sich einen neuen Stall und die neuesten Maschinen vorzustellen. Doch am Ende entscheidet er sich gegen das Risiko.
Investitionen stemmt der Betrieb seither Stück für Stück aus Eigenkapital, aber auch mit eingebrachter Eigenleistung. Das verringert Anhängigkeiten, bedeutet Krisenfestigkeit. Beim Gang über den Betrieb merkt man, wie durchdacht alle Maßnahmen sind. Etwa bei den Kälbern. Die sollen sobald wie möglich aus den Iglus raus und haben daher jetzt einen eigenen Stall mit Weidegang bekommen. „Hier lernen sie früh, auf der Weide zu sein und den Zaun zu respektieren. Sie fressen Gras und sind in Gesellschaft.“ Das ist gut für die Ruhe in der Herde. Mit Tieren, die erstmal den Weidegang nicht gewohnt waren und dann den Weidezaun einfach überrennen, haben sie wie viele andere ihre Erfahrungen gemacht und legen jetzt viel Wert darauf, dass sich die Tiere gut an die Umgebung gewöhnen und sie ihre Abläufe kennen. Die Anschaffung wurde vom Kleinprojektefond der Öko-Modellregionen gefördert.
Am Hof leben drei Generationen, Vater Hans Senior mit seiner Frau Uschi, die das alte, wunderschöne Holzbauernhaus direkt am Hof bewohnen. Johannes Junior mit seiner Frau Eliana und den drei Kindern leben im sogenannten Austragshaus neben der Hofstelle. Der Vater hilft noch aktiv mit am Hof. Die Familie genießt sichtbar das Zusammensein und Zusammenhalten. Im Herbst sammelt die ganze Familie die eigenen Äpfel, um sie zu mosten. Der Most schmeckt wunderbar aromatisch, etwas süß und ohne Fehlgärungen, auch mit wenig Säure. Hans freut das Kompliment. „Ich moste auch nur, wenn die Äpfel von der Qualität stimmen.“ Auch sein Geheimnis verrät er „Man darf die Äpfel bloß nicht zu früh ernten, sonst wird der Most zu sauer.“
Low Input nennen die Gierls die Methode, mit wenig Aufwand das beste Betriebsergebnis zu erzielen. Das ist die Entwicklung, die bei ihrer Größe Sinn macht. Und mit der sie sich keinen Stress antun, denn schließlich geht es auch darum, das Leben zu genießen und bei einem Glas kühlen Most den Kühen beim Grasen zuzusehen.