Prinz zu Löwenstein ließ aber keinen Zweifel daran, dass dafür massiver Veränderungen notwendig sind. Zuversichtlich stimme ihn die Tatsache, dass dies immer mehr Akteure erkennen. Das bayerische Ziel, bis 2030 den Ökoanteil auf 30 Prozent zu steigern, sei dabei ein richtiger und wichtiger Schritt, aber zugleich müsse klar sein, dass auch die restlichen 70 Prozent Landwirtschaft nicht so weitermachen können wie bisher. Die Lösung liege in stabilen Systemen, die sich durch Vielfalt auszeichnen. Bio müsse dabei der Pfadtrampler für einen breiten Weg sein, dem dann viele folgen.
Landnutzung radikal verändern
Einer dieser „Pfadtrampler“ ist Sepp Braun, Urgestein der bayerischen Bio-Szene, der mit Prinz von Löwenstein der festen Überzeugung ist, dass es auf Dauer Lösungen nur im Einklang mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur geben wird. „Wir müssen Landnutzung radikal verändern“, formuliert es der eine, „gezielt Vielfalt herstellen, die Biodiversität schafft“ der andere. Die Funktion natürlicher Systeme müsse man verstehen und nicht bekämpfen. Einigkeit auch in dem Punkt, dass die Landwirtschaft das Potential zur Lösung hat, wenn man sich gemeinsam überlegt, wie man den Herausforderungen gerecht wird.
Eine dieser zentralen Herausforderungen ist „lebendige Boden“. Der braucht Humus und für dessen Aufbau sieht Sepp Braun wichtige Stellschrauben im Ackerbau. Er berichtete aus seiner praktischen Arbeit und die Wissenschaftler Dr. Martin Wiesmeier und Florian Ebertseder von der LfL trugen ihre Erkenntnisse bei. Angesichts der Klimaveränderungen und der damit verbundenen Trockenperioden und Starkregenereignissen müssten Land- und Forstwirtschaft sowie Städtebau den Bodenschutz gemeinsam bewältigen. Nur die alten Tugenden der landwirtschaftlichen Bodenpflege, wie Bodenleben, keine Verdichtung und dauerhafte Bedeckung, mit der man das Wasser in der Fläche halte, wären die Garantie für dauerhaft stabile Erträge. Sowohl in Kleinparzellen- als auch in langjährigen Großversuchen teste man neue Ansätze mit Fruchtfolge, Pflanzenschutz, Bodenbearbeitung und Blühstrukturen.
Enormes Potential zum Klimaschutz
Humusaufbau sei auch deswegen so wichtig, weil dadurch CO2 in großen Mengen gebunden werde. Dies sei in den Händen der Landwirtschaft ein enormes Potential zum Klimaschutz, das man nutzen müsse. Humuszertifikate wären zwar finanziell vielversprechend, vieles aber noch ungeklärt.
Dr. Anette Freibauer, ebenfalls von der LfL, beleuchtete die durch das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung und die bayerische Klimaschutzoffensive gesetzten politischen Rahmenbedingungen. Herausforderungen sind die Senkung der Stickstoffüberschüsse, energetische Nutzung von Wirtschaftsdünger, weiterer Ausbau des Ökolandbaus, Emissionsminderungen in der Tierhaltung, Erhöhung der Energieeffizienz, Humuserhalt und Humusaufbau im Acker, Erhalt von Dauergrünland und Schutz der Moorböden.
BBV-Umweltreferent Andreas Puchner zeigte auf, dass diese Vorgaben die Landwirtschaft enorm fordern, Klimaschutz aber zugleich ein neues Geschäftsmodell sein kann. „Wir Landwirte sind keine Klimakiller, sondern Teil der Lösung, denn Land- und Forstwirtschaft sind die einzigen Sektoren, die über ihre Arbeitsweise CO2 langfristig binden können.“
Auch Wasser ist ein Produkt des Bodens
Dr. Franz Ehrnsperger, der die Neumarkter Lammsbräu zur führenden Bio-Brauerei in Deutschland machte, ist Vorsitzender der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser, die sich für nachhaltig produziertes Mineralwasser einsetzt. Er erinnerte daran, dass man als Brauerei mit eigener Mälzerei zwar immer in Kontakt mit der Landwirtschaft stand, dabei aber in erster Linie die Qualität der Rohstoffe wie Hopfen und Gerste im Fokus hatte. Den eigentlichen Hauptrohstoff, das Wasser, habe man aber lange als selbstverständlich angesehen. Erst mit der Zeit sei ihm klar geworden, dass gerade der Primärrohstoff Wasser durch die Stoffe von Turbolandwirtschaft und Co. am meisten gefährdet ist. Aber Wasser sei genau wie alle anderen Bio-Lebensmittel ein Ergebnis landwirtschaftlicher Arbeit und somit ein Produkt des Bodens.
Wer Bio-Mineralwasser herstellen will muss als „Öko-Wasserbauer“ möglichst viele Landwirte in seiner Umgebung für eine wasserschonende Landwirtschaft gewinnen, denn der Zustand der Böden sei entscheidend für gesundes Wasser. „Ein gesunder Boden mit gesunder Bodenstruktur ist die Lösung.“ Ziel sei ein Zertifizierungssystem, das honoriert, wenn jemand nachweislich etwas für die Verbesserung des Bodens tut, durch den das Wasser versickert.
Bayerns Biokönigin Annalena Brams erwies virtuell der Veranstaltungsreihe ebenso die Ehre wie die Landräte Richard Reisinger (Amberg-Sulzbach), Willibald Gailler (Neumarkt), die BBV-Kreisobmänner Peter Beer, Michael Gruber sowie die Kreisbäuerinnen Brigitte Trummer und Sieglinde Hollweck. Unisono galt deren Anerkennung für Organisation und Moderation dieser herausragenden Veranstaltungsreihe, die wichtige Themen aufgreife, Annika Reich und Sandra Foistner von den Ökomodellregionen und Ariane Volkmann vom BBV.