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Rainer Hundmeyer und Hans Söhl

Ein belebender Tee für den Acker

Zwei Männer auf einem Bauernhof
Rainer Hundmeyer und Hans Söhl auf dem Wurmkompost
© Daniel Delang
Gleich zu Beginn der Öko-Modellregion Mühldorfer Land, als sie noch Isental hieß und nur zwei Gemeinden umfasste, war das Interesse der Landwirte für das Thema Boden groß. Egal ob biologisch oder konventionell bewirtschaftet, viele Landwirte sorgen sich um den Boden. Eine Exkursion ins österreichische Kaindorf verstärkte die Begeisterung weiter. Das hat einen brisanten Grund, die fruchtbare Bodenschicht unseres Planeten ist dünn und sie ist gefährdet. Nach Maria Helena Samedo, Sonderbeauftragte für Klimafragen bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO, wird uns das industrielle System nur noch 60 Ernten bringen, das war 2014 in Rom. Zu verhindern wäre dies, so der Anfang 2019 von der FAO veröffentlichte Bericht „Zustand der weltweiten Biodiversität und dessen Auswirkungen auf Ernährung und Landwirtschaft“, wenn wir traditionelles mit neuem Wissen sowie Technologie und Tradition so miteinander verbinden, dass das Augenmerk auf Zukunftsfähigkeit liegt. Gleichzeitig ist Humusaufbau, das sogenannte Carbon Farming, Bestandteil wirkungsvoller Maßnahmen gegen Klimawandel.

Genau hier setzen Biobauer Rainer Hundmeyer und Hans Söhl an: Beim Boden und bei der Verbindung von Tradition, altem Wissen und neuen Techniken. „Wenn wir in die Natur gehen, bemerken wir jeden Herbst ein kleines Wunder: Blattlaub und Gräser fallen auf die Erde, werden welk und bilden eine Schicht am Boden. Hier beginnen unzählige Mikroben, Pilze und Mikroorganismen mit der Zersetzung des Laubs. Bald gesellen sich Insekten hinzu und eigentlich erst gegen Schluss vollendet der Regenwurm das Werk: Aus dem Blattwerk ist eine wertvolle neue Humuserde entstanden. Voller Leben“, erläutert Hans Söhl. Diesen natürlichen Vorgang bilden die beiden Landwirte mit ihrem Wurmkompost nach. Die Mischung bekommt Zeit und Pflege.

Warum die ganze Mühe, kann man sich fragen. Die Antwort leuchtet ein: Es gibt zahlreiche Analogien zwischen unserem Bodenleben und dem menschlichen Darm. Ein gesundes, vielfältiges Mikrobiom im Darm sorgt für Vitalität und ein gutes Immunsystem beim Menschen, ein gesunder Boden mit zahlreichen Mikroorganismen sorgt für Vitalität und ein gutes Immunsystem unserer Pflanzen. „Ebenso, wie eine Ernährung mit industrieller Fertigware dem menschlichen Mikrobiom schadet, schaden Kunstdünger und Spritzmittel dem Mikrobiom des Bodens. Das Ergebnis ist eine höhere Anfälligkeit für Schädlinge und der weitere Abbau von Humus. Das wollen wir verhindern.“

Aus dem fertigen Kompost wird ein Komposttee zu bereitet. Eine Handvoll Kompost auf ein Fass Wasser, Luft zur Anreicherung und etwas Zeit braucht es, bis sich die Organismen auch im Wasser vermehren. Wie in einer Art Ursuppe brodelt es im Fass. „Sobald der Tee fertig ist, bringen wir ihn auf die Weiden und Felder aus. Das ist quasi Bier für den Acker. Der Tee bringt Mikroben ins Bodenleben ein und dort können sie sich vermehren und ihn wieder lebendiger machen. So erleichtern wir den dringend benötigten Humusaufbau in der Landwirtschaft.“

Nach erfolgreichen Experimenten soll im Landkreis Mühldorf nun mehr Wurmkompost produziert werden, damit mehr Tee entsteht, mit dem ganz viele Flächen wieder ein vitales Bodenleben bekommen. Die Gemeinden stellen ihren Grünschnitt bereit, Landwirte bereiten den Wurmkompost, die Ausbringung wird unter den Landwirten organisiert. „Es ist ein ganz besonderer Nährstofftransfer von kommunalen Grünflächen auf die Bio-Äcker, also dorthin, wo wir die Nährstoffe dringend brauchen“, erklärt Projektmanager Michael Rittershofer.

Hier entsteht eine essenzielle Boden-Wertschöpfungspartnerschaft. In der Erde durch den Kompost und den Tee, aber auch sozial bei den Landwirten und Kommunen. Denn unser Boden geht uns alle an, und viele Landwirte, Entscheider und Macher widmen sich dieser Aufgabe mit Verantwortung und freuen sich, dass es bereits wirkungsvolle Lösungen gibt, auf die man zurückgreifen kann.

Kontakt:
Hans Söhl
www.soehlmetall.de
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