Alfons Linner übernimmt als erstgeborener Sohn vor neun Jahren den elterlichen Biobetrieb. „Wobei, dass es so traditionell lief bei uns, war eher Zufall. Oder meine Eltern waren sehr geschickt damit, nur mir die Liebe zur Landwirtschaft zu vermitteln. Ich wusste jedenfalls schon früh, dass ich Landwirt werden will und den Hof übernehme. Dabei ist es auch geblieben“, so Alfons.
Die Eltern stellen in den frühen 90ern auf Ökolandbau um und bewirtschaften seither den Milchviehbetrieb nach ökologischen Richtlinien. Sie liefern die Milch an Berchtesgadener Land. Alfons macht die Ausbildung zum Landwirt. „In der Berufsschulklasse hatte fast jeder seinen eigenen Betrieb daheim.“ Nach der Lehre entscheidet sich Alfons noch für ein Studium im Ökolandbau in Brandenburg. „Dort waren wir dann 40 Studenten. Und nur zwei hatten einen Hof. Mir ist damals klar geworden, welches Privileg es ist, einen Hof zu besitzen! Vorher hatte ich das als selbstverständlich angesehen. Damals ist dann der Wunsch entstanden, diesem Privileg gerecht zu werden, indem ich gut wirtschafte – und zwar in Bezug auf das Land und die Umwelt, aber auch in Bezug auf unseren wirtschaftlichen Betrieb.“
„Die Übergabe verlief dann recht reibungslos – der Vater wurde im gleichen Jahr zum Bürgermeister gewählt und hatte gar keine Zeit, dem Hof nachzutrauern“ berichtet Alfons junior. „Als er das Amt wieder abgab, da hatte ich den Betrieb schon einigermaßen im Griff und bis heute ist mein Vater eine Stütze und jemand, der voll hinter meinen Entscheidungen steht.“
Alfons Linner war auch klar, dass er sich nicht für Direktvermarktung eignet. „Eine umfassende Direktvermarktung wollten wir beide, meine Frau und ich, nicht. Es liegt uns nicht, so viele Menschen am Hof zu haben, das wussten wir schnell. Ein paar Kunden holen unsere Eier. Mehr müssen es aber gar nicht werden." Da werden die Gestaltungsspielräume deutlich geringer. Sei es beim Getreide oder bei der Milch, denn trotz fester Lieferpartnerschaften werden die Preise vom Markt vorgegeben. Was die eigene Arbeit wert ist, bestimmt man als Landwirt nicht selbst, man sieht es bei der Abrechnung. Und auf die kann man kaum Einfluss nehmen.
Wie also soll man wirtschaften, wenn das Kerngeschäft so klar und auch ein bisschen fremdbestimmt erscheint? Die Lösung liegt für Alfons in der Gestaltung seiner Produktionsweise. Und ein wichtiger Teil davon sind Agroforstsysteme. „Agroforst ist für mich in erster Linie eine Klimaanpassungsmaßnahme. Wir müssen jetzt damit starten, damit die Bäume bereits groß sind, wenn der Klimawandel noch härter zuschlägt.“ Bei der Agroforst-Bewirtschaftung werden Bäume und Sträucher bewusst in die Landwirtschaft integriert. Dadurch wird zum Teil der Erosion vorgebeugt als auch die Humusbildung gefördert. Das verringert die Kosten und stärkt die Bodenqualität. Die Maßnahme setzt Alfons sowohl auf der Weide als auch auf dem Acker um. Bäume spenden den Kühen Schatten auf der Weide. Die Acker-Agroforstanlage schützt vor zu starken Winden, sie spendet Kühle, Feuchtigkeit und ist Lebensraum für Nützlinge. Sind die Bäume erst groß genug, beeinflussen sie das Mikroklima so stark, dass sich die Investition bei den Hektarerträgen bemerkbar macht. Auch das Holz kann nach einiger Zeit in Maßen entnommen und genutzt werden. Das ist nun ganz in seinem Sinn: wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll – die richtige Basis für die nachkommende Generation.
Es scheint so, als hätte Alfons Linner mit dem Agroforst eine Leidenschaft gefunden. Eine ökologische Klimaanpassungsmaßnahme, die die Basis schafft, dass auch noch die nachkommende Generation eine fruchtbare Fläche erbt, auf der sich Landwirtschaft betreiben lässt.
Alfons Linner
Vom Privileg und der Verpflichtung, einen Hof zu besitzen
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