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„Biodiversität in der heimischen Ackerflur – können wir das Blatt noch wenden?“

Eindrucksvoll bebilderter Vortrag im Kloster Wechterswinkel

Projekte: Bio erleben - Information und Bildung, Biodiversität und Naturschutz
Heupferd auf Getreidehalm
Heupferd in der Ackerflur
© Roland Günter
Wann haben Sie zuletzt einen Spaziergang durch die Ackerflur unternommen? Und was haben Sie dabei gesehen?
Gleich drei virtuelle Spaziergänge erlebten die Besucherinnen und Besucher des Multivisionsabends „Akteure am Ackerrand“. Eingeladen hatten die Öko-Modellregion Rhön-Grabfeld, die Bayerische Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön und der WWF Deutschland.

Roland Günter, Naturfotograf aus Würzburg mit forstwirtschaftlichem Hintergrund, versprach schon zu Beginn des Abends: „Zuerst wird es grausam, dann wird es schön!“ Die mit professionellen Bildern unterlegten Spaziergänge führten über sieben Stationen durch die fränkische Ackerflur. Vom Wirtschaftsweg bis hin zur Monokultur, vorbei an Büschen und Bäumen. Auf den ersten Blick nichts Besonderes. Auf der zweiten Runde dann der Blick ins Detail. Roland Günter zeigte, dass das, was wir noch als Hecke wahrnehmen, aus ökologischer Sicht oft eine „Ruine“ ist. Kann sie auf einem schmalen Streifen zwischen Feldern gezwängt und maschinell geschnitten ihre vielfältigen Funktionen im Öko-System erfüllen? Eine Frage, die der Vortragende eindeutig mit „nein“ beantwortete. Auch für viele Bäume gelte: Ein zweiter Blick offenbart radikale Schnitte. „Vom Weg sehen sie wie gut gewachsene Bäume aus. Geht man um den Baum herum, sind sie oft von der Feldseite stark, verstümmelt‘. Ihre Lebensdauer ist damit immens herabgesetzt. Auch die Säume sind schmal geworden. Sie werden gemulcht. Blühende Kräuter Fehlanzeige. Die Öko-Systeme unserer landwirtschaftlichen Flächen brechen gerade zusammen,“ fasste Günter zusammen. Eindrucksvoll bebilderte er, wie wenig Vielfalt in unseren Monokulturen Lebensraum findet. Er empfahl den Zuhörerenden: „Kriechen Sie durch einen Rapsacker und gucken Sie selbst.“

Schön wurde es dann aber auch noch. Im dritten Spaziergang zeigte er, wie die gleichen Strukturen aussehen müssten, damit es in ihnen vor Leben nur so wimmelt. Eine richtige Hecke, sagte er, müsse mindestens 12 Meter breit sein und aus verschieden hohen Sträuchern bestehen. Nur so halte sie den Wind von den Feldern und biete Schutz für die Wildtiere. Anhand von Nahaufnahmen und Vergrößerungen rückte Roland Günter nun die wunderbare Welt der Insekten in den Blickpunkt. Eine schillernde Welt voller skurriler Überlebensstrategien. Unglaublich, wie eng das Leben von Fliege, Maise und Wespe verzahnt sein kann! Der Hit war die Mohnbiene, die ihre Eier in eine mit roten Mohnblättern ausgekleidete Höhle legt – inklusive einem genau bemessenen Vorrat aus feinstem Kornblumen-Pollen.

In der abschließenden Diskussion machte Günter deutlich, dass wir den „große Dampfer – unsere Lebensweise und Landnutzung wenden müssen, damit unsere Lebensgrundlage erhalten bleibt.“ Kleinteilige Naturschutzmaßnahmen seien sinnvoll, um Zeit zu gewinnen – das aktuelle Artensterben könnten sie aber nicht aufhalten.

Lebhaft wurde anschließend mit dem Publikum diskutiert: Welche Rolle spielt der Mensch im Ökosystem? Welche Verantwortung hat der Einzelne – ob Landwirt oder Verbraucher? Und wie kann diese Verantwortung übernommen werden?
Aufgerüttelt und bereichert hat der Abend und viel zum Nachdenken mitgegeben, darin waren sich die Teilnehmenden einig.
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