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Blaue Pracht für gesunde Körner

Bio-Bauer Franz Obermeyer: Pionier der Leinkultur in der Öko-Modellregion am Waginger See

Projekte: Bio - direkt vom Bauernhof, Bio-Lebensmittel vom Acker, Öffentlichkeitsarbeit
Blühender Flachs – ein seltenes Bild in unserer Heimat. Die hellblauen Blüten öffnen sich nur vormittags, um das Sonnenlicht zu nutzen. Rund 1,5 Hektar kultiviert derzeit Bio-Bauer Franz Obermeyer, um im Spätsommer Leinsamen zu ernten.
Blühender Flachs – ein seltenes Bild in unserer Heimat. Die hellblauen Blüten öffnen sich nur vormittags, um das Sonnenlicht zu nutzen. Rund 1,5 Hektar kultiviert derzeit Bio-Bauer Franz Obermeyer, um im Spätsommer Leinsamen zu ernten.
© Ernst Deubelli
Rund 1,5 Hektar der im regionalen Anbau selten gewordenen Nutzpflanze stehen heuer in Kultur. Anbau und Verarbeitung erfolgen unter den strengen Demeter-Kriterien. Ein Großteil der jährlichen Ernte geht an die Chiemgau-Ölmühle in Nußdorf bei Traunstein, ein Teil der Körner auch in den Bio-Fachhandel der Region oder wird im kleinen Laden am Hof in der Oberen Dorfstraße in Tengling verkauft.

Vor rund 30 Jahren hat Franz Obermeyer den Hof nicht weit vom Dorfeingang von Weilham herkommende nach Tengling auf Bio-Landwirtschaft und den Verzicht auf künstliche Düngung und Spritzmittel umgestellt und es nicht bereut, wie er betont.

Nicht bereut, was hat es dann mit der „Reue-Frucht“ auf sich? „Ganz einfach“, sagt er, „entweder reut‘s Dich, weil Du diese Kultur überhaupt angebaut hast; und ein anderes Mal, weil Du zu wenig davon angebaut hast und sie grad so einen schönen Ertrag bringt.“ Es könne außerdem passieren, dass die Ernte mehrmals hintereinander mäßig ausfällt.

Der Anbau von Flachs zählt eben zu diesen Kulturen mit einem gewissen Risiko, aber auch mit einem hohen Potential, vor allem, um die Leinsamen und nicht die Fasern für die Herstellung von Leinenstoffen zu gewinnen. Diese Lein-Pflanzen, die bei schönem Wetter – aber nur vormittags – wunderschön blau blühen, gedeihen nicht jedes Jahr und bei jeder Wetterlage gut. Vor allem gegen Unwetter im Spätsommer sind sie empfindlich. Im Ernstfall war die ganze Arbeit umsonst.

Auch in der Ernte stellen die Lein-Pflanzen – für die Körner- etwas kürzer als die zur Fasergewinnung – ihre eigenen Ansprüche an die Geschicklichkeit des Mähdrescherfahrers und an das Gerät, um die feinen Körner zu ernten.

So rund seit 20 Jahren betreibe er den Lein-Anbau, sagt Franz Obermeyer, und habe auch schon Berufskollegen im ganzen Chiemgau und bis ins Inntal im Garser Raum überzeugen können, sich an die Kulturen ran zu trauen und in der regionalen „Troad-Bauern-Gemeinschaft“ zu werben.

Franz Obermeyer steht hinter den treibenden Landwirten der Demeter Getreide Chiemgau GmbH. Rund 30 Bauern haben sich in dieser Gesellschaft zusammengeschlossen, um in der Region hochwertige und oft auch selten gewordene Getreidesorten nach Bio-Kriterien zu kultivieren und zu vermarkten.

Die Gemeinschaft der Bio-Landwirte in der Öko-Modellregion Waging ist seit langem dabei, die Vorgabe der bayerischen Staatsregierung umzusetzen, den Bioanteil an der Lebensmittelproduktion im Freistaat bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen.

Bio-Landwirt Obermeyer hat außer den Leinsamen auch Roggen, Dinkel, Weizen und die seltene Sorte Purpur-Weizen, Hafer, Gerste, Emmer, Einkorn, Buchweizen und Linsen in der Kultur. Viele dieser Pflanzen haben in der bayerischen Landwirtschaft eine uralte Tradition, waren aber in den vergangenen Jahren in weiten Bereichen aus der Mode gekommen, weil sie besondere Ansprüche stellen oder in der Masse nicht so ergiebig sind wie viele „moderne“ Sorten. „Dabei erfreuen sich viele der alten und zudem auf die Region angepassten Sorten „aufgrund ihres hohen Nährwertes, oder weil sie auch von gluten-empfindlichen Menschen gut vertragen werden, einer wachsenden Beliebtheit“, sagt Franz Obermeyer. Die Nachfrage entwickle sich gut, vor allem bei einer Spezialität des Hauses, bei Braunhirse. Sie wird mit der Schale vermahlen. Braunhirse gilt außerdem als eines der mineralstoffreichsten Getreide der Erde, ist glutenfrei und wird als gesundheitsfördernd sehr geschätzt.

Uralte Nutzpflanze - Viele gesundheitsfördernde Effekte des Lein
Die lateinische Bezeichnung „Linum usitatissimum“ bedeutet übersetzt „äußerst nützlicher Lein“. Das Gewächs, auch Flachs genannt, gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Schon um 5000 vor Christus wurde Lein angebaut. Die Flachsfasern verarbeitete man zu Stoffen. Leinsamen, ebenso wie das daraus gewonnene Leinöl, dienten bereits im antiken Griechenland als Heilmittel gegen vielerlei Beschwerden.
Lein blüht zwischen Juni und August. Er wird weltweit als Kulturpflanze angebaut. Die genaue Herkunft ist bislang unbekannt.Die wirksamen Inhaltsstoffe befinden sich in der Samenschale. Dort kommen reichlich Schleimstoffe vor. Daneben stecken in den Samen zu etwa 25 Prozent Ballaststoffe, zirka 25 Prozent Eiweiß und 30 bis 45 Prozent fettes Öl. Es besteht vor allem aus Öl-, Linol- und Linolensäure. Letztere gehört zu den Omega-3-Fettsäuren.
Die Schleimstoffe, die sich in den Samenschalen befinden, wirken im Darm als Quellmittel. Das fette Öl übt eine Art Schmiereffekt aus und beschleunigt den Weitertransport des Darminhalts. Möglicherweise kann Leinsamen helfen, verschiedenen Krebsarten vorzubeugen – zum Beispiel Prostata-, Dickdarm- und Brustkrebs. Darauf weisen zumindest erste Studien hin. Der Omega-3-Fettsäure Linolensäure, die in Leinöl enthalten ist, sprechen Ernährungswissenschaftler verschiedene gesundheitsfördernde Effekte zu.
Leinsamen wird in größeren Mengen als Zutat für Lebensmittel verwendet, hauptsächlich in Backwaren und Müsli. Große Mengen werden zu Leinöl gepresst, das als hochwertiges Speiseöl, als Therapeutikum sowie vor allem auch in technischen Anwendungen genutzt wird. Leinkuchen wird an Nutztiere verfüttert oder als Düngemittel ausgebracht. Quellen: Apothekenrundschau/Wikipedia


Artikel von Ernst Deubelli aus der PNP (u.a. Südostbayerische Rundschau) vom 26.06.2021
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