Nach der Begrüßung der Mitglieder gab Sebastian Kettenberger einen Rückblick über Werdegang, Aktivitäten und Projekte des noch jungen Vereins. Dieser wurde im Februar 2020 von Bioerzeugern der Öko-Modellregion „Waginger See – Rupertiwinkel“ gegründet, um ein Netzwerk aufzubauen und die Vermarktung der Bio-Angebote aus der Region zu bündeln. Im Jahr darauf, zu Pfingsten, ging die neu geschaffene Homepage des Vereins unter www.oeko-genuss.de an den Start. Realisiert wurde sie im Rahmen des Projekts „Digitales Alpendorf“ vom Campus Grafenau der Technischen Hochschule Deggendorf.
Erster Geburtstag des „Digitalen Biobauernmarkts“
Sogar der Laufener Stiftsdekan Simon Eibl nahm sich Zeit, um die digitale Bestell- und Lieferplattform zu segnen. Noch im selben Jahr wurde die Plattform auf die Öko-Modellregion „Inn-Salzach“ erweitert. Inzwischen hat der Verein 33 Mitglieder und einige Fördermitglieder. Ein schöner Erfolg sei im Sommer das Fest zum ersten Geburtstag des digitalen Biobauernmarkts gewesen, so der Vorsitzende, das ganz „analog“ auf seinem Biohof in Kettenberg nahe Tittmoning stattfand. Viele interessierte Besucher seien vorbeigekommen, hätten sich bei einer Hofführung über den Ökogenuss-Verein informiert, sich ausgetauscht und die Bioschmankerl der Mitgliedsbetriebe probiert.
Sebastian Kettenberger berichtete, dass der Verein aus dem Fördertopf der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel (ÖMR) einen finanziellen Zuschuss für Werbemaßnahmen in Form von 100 000 Flyern bekommen habe. Dieser laufe über den „Verfügungsrahmen Kleinprojekte“ und sei sehr wichtig für das Bekanntwerden der digitalen Plattform. Kassier Hans Koch sagte, dass von 2020 bis 2022 Mitgliedsbeitrage in Höhe von 8970 Euro eingegangen seien. Dem standen Ausgaben in Höhe von gesamt rund 4650 Euro entgegen: für Werbemaßnahmen, für das Erstellen von Betriebsporträts für die Homepage, die zur Hälfte von der ÖMR finanziert werden, sowie für einen monatlichen Rundbrief. Insofern konnte ein Plus von rund 4300 € erwirtschaftet werden. Die Kassenführung prüften Sepp Probst und Hans Posch. Probst bescheinigte eine einwandfreie Kassenführung. Die Entlastung für Kassier und Vorstandschaft erfolgte einstimmig.
Nun gab Hans Lecker, Beisitzer und Logistiker des Vereins, einen Überblick über das Sortiment und die Kundenfrequenz der Plattform. Momentan hätten die Kunden 184 Artikel zur Auswahl, die Anzahl der Bestellungen sei jedoch überschaubar. Sein Fazit: „Wir müssen Gas geben und etwas tun für die Verbreitung“. Biobauer Hans Glück warf ein, er stelle sich generell die Frage, ob man so eine Online-Plattform brauche und ob es sich überhaupt rentiere, Geld für zusätzliche Werbung in die Hand zu nehmen. Diese Kritik wollte Hermann Hofstetter nicht stehen lassen. Der Referent für Schöpfungsverantwortung im Erzbistum München und Freising, von Anfang an Beisitzer im Verein, brach eine Lanze für den digitalen Marktplatz: „Ich bin ein Fan von der Öko-Plattform“.
Auf Sebastian Kettenbergers Grundsatzfrage: „Wollen wir Umsatz generieren oder wollen wir bioregionale Vermarktung fördern und stärken?“ entspann sich eine angeregte Diskussion. Es wurden viele Ideen vorgebracht, beispielsweise mehr Investitionen in Marketing und Social-Media-Aktivitäten zu tätigen, die Info-Flyer, wenn möglich über die Gemeindezeitungen der Mitgliedsgemeinden der Ökomodellregion zu verschicken, das Bio-Wirte-Netzwerk und die Touristiker mit ins Boot zu holen sowie gezielt Premiumkunden anzusprechen.
Stephan Scholz vom Vorstandsteam empfahl die inhaltliche Unterscheidung der Plattform mehr herauszuheben: „Bei uns kann man sich rauspicken, was man an hochwertigen Produkten von Erzeugern aus unserer Gegend bestellen will, man muss keine Abo-Kiste nehmen“. Er sehe es auch nicht als Problem, dass Biobauer Hans Lecker, der die Logistik für den Verein übernimmt, eine eigene Ökokiste vertreibt, weil diese ein anderes Konzept hat und auch mit nicht-regionalen Bio-Produkten bestückt wird. „Ohne unseren Logistiker ginge es gar nicht, das war von Anfang an klar“, so Scholz. Letztendlich sprachen sich die Mitglieder mehrheitlich dafür aus, die Vermarktung durch die Flyer und nicht durch Social-Media-Aktivitäten anzukurbeln.
Beschluss muss vertagt werden
Ein weiterer Punkt auf der umfangreichen Tagesordnung war eine geplante Satzungsänderung hinsichtlich von Produkten aus der Region, die nicht von der EU-Öko-Verordnung erfasst sind wie Wild und Fisch aus Wildfang. Hans Praxenthaler aus Fridolfing, Biobauer und Jäger, stellte den Antrag vor, der einhelligen Zuspruch fand. Der Beschluss musste vertagt werden, weil weniger als drei Viertel der Mitglieder anwesend waren.
Für die Neuwahl bestimmte die Versammlung Benedikt Hofstetter als Wahlleiter. Per Handzeichen wurde der neue Vorstand einstimmig gewählt: Sebastian Kettenberger, Biobauer aus Tittmoning, erhielt erneut das Vertrauen, zu seinen Vertretern wurden Stephan Scholz aus Sondermoning, der die Mobile Käserei Chiemgau betreibt, und Yvonne Liebl aus Waging, die Inhaberin der „Esspedition“ gewählt. Beisitzer wurden Michael Steinmaßl, Hans Lecker, Hermann Hofstetter, Markus Hager, Jutta Staudt-Franzen und Marlene Berger-Stöckl. Die Kassenprüfer Hans Posch und Sepp Probst wurden in ihrem Amt bestätigt.
Unter dem Punkt „Anregungen und Wünsche“ schlug Hans Glück vor, auf Grund des derzeitigen Plus in der Kasse, den Mitgliedsbeitrag ab 2023 auf 50 Euro zu reduzieren. Vielleicht würden sich dadurch mehr Bio-Bauern und Bio-Verarbeiter entschließen, dem Verein beizutreten. Die Mitglieder beschlossen, diese Anregung umzusetzen.
Artikel von Karin Kleinert, Südostbayerische Rundschau vom 03.12.2022