Abgesehen von Bayern und Sachsen stehen in allen Bundesländern den Arbeitnehmern sogenannte Bildungsurlaube zur Verfügung. Für fünf Tage können sie jährlich freigestellt werden, um auf eigene Kosten ihren Wissenshorizont zu erweitern. In Würzburg bietet z.B. die Akademie Frankenwarte entsprechende Seminare an, oft geht es dabei um Themen wie politische Bildung und Nachhaltigkeit, beispielsweise bei den einwöchigen Fahrrad-Seminaren von Jochem Kollmer.
Bereits seit vier Jahren steht für die Teilnehmer seiner Touren ein Besuch der Öko-Modellregion Waldsassengau auf dem Plan. In Kooperation mit dem Radlerheim Hettstadt und der Main-Streuobst-Bienen Genossenschaft stellt Projektmanager Jochen Diener ein vielseitiges Programm rund um Öko-Landbau und Naturschutz in der Region zusammen. Seminarteilnehmer aus Norddeutschland zeigen sich beeindruckt vom hohen Anteil des Öko-Landbaus im westlichen Landkreis Würzburg, der mittlerweile bei rund 30 % liegt. Verarbeiter wie die Vollkornbäckerei Köhler oder die Spielberger Mühle pflegen faire Vertragsbeziehungen zu den heimischen Erzeugern, die bio-regionalen Produkte finden über Hofläden, Abo-Kisten und Wochenmärkte ihre Abnehmer und begleitende Veranstaltungen auf den Betrieben informieren über die Grundsätze der ökologischen Wirtschaftsweise.
Klaus Gottschlich, Naturschutzbeauftragter und Mitglied des Hettstadter Gemeinderates, stellte die Erfolge seines örtlichen Engagements vor, das sich in gut 20 Hektar angelegter Blühstreifen und -äcker widerspiegelt. Vor allem seine persönlichen Kontakte und sein „standing“ in der Gemeinde seien für diesen Erfolg ausschlaggebend gewesen, betont er. Sein Ziel ist es, die wertvollen Strukturen in der Landschaft auszubauen und zu vernetzen. Er setzt dabei auf einen intensiven Dialog mit den beteiligten Landwirten und weiteren lokalen Akteuren, dies sorge für fachlichen Austausch und vor allem für Akzeptanz.
Trotz stürmischer Witterung lud Krischan Cords, Geschäftsführer der Main-Streuobst-Bienen eG die Gruppe der Bildungsurlauber in die nahe gelegenen Streuobstwiesen, um über deren Bedeutung zu berichten. Die überalterten Bestände in Franken bräuchten Pflege und Verjüngung durch gezieltes Nachpflanzen, was nur durch ein Mindestmaß an Wirtschaftlichkeit gewährleistet werden kann, erklärte er. Seine Genossenschaft zahlt daher einen überdurchschnittlich guten Preis für bio-zertifiziertes Streuobst und bildet laufend Baumpfleger aus, um eine fachliche Pflege der Obstbäume zu gewährleisten. Mit zahlreichen Kommunen und Privatleuten seien bereits Pacht- oder Pflegeverträge abgeschlossen. Cords zeigt sich zuversichtlich, dass das Gesicht unserer Kulturlandschaft auch zukünftig durch einen Anteil an Streuobstwiesen geprägt sein wird. Wie die alten und robusten Sorten schmecken, durften die Teilnehmer bei der abschließenden Verkostung sortenreiner Säfte erfahren.
Begleitet wurde die Veranstaltung zusätzlich von den beiden Koordinatorinnen der Öko-Modellregion, Martina Kronast und Katharina Schmitt.