Geht man vom Fischertor die Thommstraße hinunter zu MAN, deutet wenig auf Augsburgs neueste „wilde Weide“ und ihre haarigen Bewohner in der Nachbarschaft hin. Das knapp 2,5 ha große, unbebaute Grundstück „Am Pfannenstiel“ nördlich der mittelalterlichen Stadtmauer ist ein Reservat sowohl für den Naturschutz als auch für den Denkmalschutz und daher für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Unter der Grasnarbe ruht ein Teil der antiken römischen Provinzhauptstadt Augusta Vindelicum – Gebäudefundamente, Straßen und ein Abschnitt der antiken Stadtmauer. Danach wurde das Areal nie mehr bebaut und blieb somit von größeren Bodeneingriffen unberührt. „Das Gelände ist aus archäologischer Sicht von außergewöhnlichem Wert und steht unter Denkmalschutz,“ erläutert der Leiter der Stadtarchäologie Dr. Sebastian Gairhos. „Unser Ziel ist es, einen möglichst baum- und strauchfreien Pflanzenbestand zu entwickeln, damit die römischen Siedlungsreste im Boden nicht durch das Wachstum großer Wurzeln gefährdet werden.“
Reiner Erben, Umweltreferent und Vorsitzender des Landschaftspflegeverbands, freut sich über die sich daraus ergebenden Synergieeffekte zu naturschutzfachlichen Zielen. „Der Erhalt und der Entwicklung artenreicher Wiesen im innerstädtischen Bereich, die Insekten, Vögeln und Kleinsäugern als Jagd- und Bruthabitat dienen ist ein wichtiges Ziel unserer städtischen Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt“, so Erben. „Das Bodendenkmal am Pfannenstiel kann dabei aufgrund seiner zentralen Lage und Größe eine wichtige Rolle einnehmen.“
Der Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg hat schon im Jahr 2016 mit der Pflege der Fläche begonnen. Um den massiven Goldrutenbestand in den Griff zu bekommen, wurde die Fläche zunächst mehrmals jährlich gemäht. 2017 und 2018 weideten Burenziegen der mobilen Ziegengruppe des Schäfers Christian Hartl auf der Fläche, um den Gehölzaufwuchs zu schwächen. „Die mit Saatgutübertragung ergänzte Entwicklungspflege führte zum gewünschten Effekt – die Goldrute ist mittlerweile nahezu vollständig verdrängt und es hat sich ein artenreiches Grünland entwickelt“, erläutert Norbert Pantel vom Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg. „Im Jahr 2019 haben wir dann einen ersten erfolgreichen Beweidungsversuch mit Rindern gestartet.“
Ab diesem Jahr wird die Fläche nun mit acht 1-2jährigen Schottischen Hochlandrindern von Helmut Schachner aus Neusäß beweidet. Das Hochlandrind stammt ursprünglich aus dem Nordwesten Schottlands und von den Hebriden. Es ist eine der ältesten heutigen Rinderrassen und wird seit den 1970er Jahren auch in Deutschland gehalten. Typisch für die vergleichsweise kleinen Hochlandrinder sind die ausladenden Hörner und das lange rötlich-gelbe oder braun-schwarze Fell, das die Tiere vor Regen und Kälte schützt. Aufgrund ihrer Robustheit können Hochlandrinder ganzjährig draußen gehalten werden – wodurch sie für die Beweidung von Naturschutzflächen besonders geeignet sind.
Die Hochlandrinder am Pfannenstiel sind zwar den Blicken der Öffentlichkeit entzogen – in der benachbarten Wolfzahnau kann aber eine ebenfalls Helmut Schachner gehörende Herde gut beobachtet werden.
Für weitere Informationen stehen Ihnen folgende Ansprechpartner zur Verfügung:
Beweidung und Naturschutz:
Norbert Pantel
Projektleiter „Weidestadt Augsburg“
Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg e.V.
Telefon: 0821/324-6094, Mobil: 0176/20794726
E-Mail: n.pantel@lpv-augsburg.de
Archäologie:
Dr. Sebastian Gairhos
Leiter der Stadtarchäologie, Stadt Augsburg, Kunstsammlungen und Museen
Telefon: 0821/324-4145
E-Mail: sebastian.gairhos@augsburg.de
(Quelle: PM LPV Stadt Augsburg)