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Wolfgang Betz

Deutschlands erstes Garagenweingut

Mann vor Weintanks
Wolfgang Betz
© Daniel Delang

Begonnen hat alles mit einer nur zweitausend Quadratmeter umfassenden Parzelle, die zur Familie von Wolfgang Betz gehört. „Meine Mutter ist auf dem kleinen Hof aufgewachsen, wo es in ihrer Kindheit alles gab: Schweine, Hühner, Gemüse, einen kleinen Acker, Obstbäume – und den Weinberg.“ Die Grundversorgung wurde auf solchen Kleinsthöfen damals selbst sichergestellt. Man hat sich quasi selbst versorgt in dieser Gegend, auch mit Wein. Die Überschüsse wurden verkauft – der Großvater hatte den Wein damals aus dem Fass raus verkauft. Klassische Subsistenzwirtschaft war das, also Selbstversorgung mit Verkauf von Überschüssen. „Mein Vater hat sich dann nicht so sehr für Wein interessiert, er war Bierbrauer.“ So drohte der kleine Weinberg fast ganz in Vergessenheit zu geraten.

Als die Reben dann an Wolfgang Betz vererbt wurden, wusste er erst auch nichts damit anzufangen. Der Wohnsitz in Erding bei München war nicht gerade der direkteste Weg, und so hatten er und seine Frau überlegt, den Weinberg aus der Ferne zu bewirtschaften. Betz belegte einen Kurs zum Nebenerwerbswinzer. Und entdeckte dabei seine Leidenschaft fürs Weinmachen.
Kurz darauf ergab sich die Möglichkeit umzuziehen. Zurück in der Heimat, konnte sich Wolfgang Betz der Leidenschaft als Nebenerwerbswinzer endlich voll und ganz widmen. Beim Hausbau wurde eine Art Garage mitgeplant, in der bei guten klimatischen Bedingungen der Wein vergoren wird und lagert.

Voller Schwung und Elan ging es dann an die Überlegung, wie der Wein heißen sollte. „Ich hatte damals an ein Wappen gedacht. Als ich das Herrn Dr. Kolesch, dem früheren Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau erzählte, hatte der sofort abgewunken." "Wappen sind etwas für Schlösser", meinte der Marketingexperte für Winzer nur trocken. Und schlug vor, es ganz authentisch Garagenwein zu nennen. "Ich muss zugeben, ich war damals von der Idee gar nicht überzeugt, bin aber dem Rat des Herrn Dr. Kolesch gefolgt." Bei der ersten Ausstellung war dann die Überraschung riesig: Garagenweine gibt es so eigentlich nur im Napa Valley und Bordeaux. Betz war einer der ersten in Deutschland. Und alle waren neugierig: Was sollte ein „Garagenwein“ sein?
Garagenweine sind Weine, die mit höchstem Qualitätsanspruch von sehr kleinen Weingütern nicht in großen Kellern mit viel High Tech, sondern eben in Kellereigebäuden, die nicht größer als Garagen sind, mit möglichst wenig Technik produziert werden. Typischerweise zeichnen sich Garagenweine durch sehr geringe Flächen und Erträge aus. Aufgrund der geringen Produktionsmengen kommen sie so gut wie nie in den normalen Handel. Es sind eher Geheimtipps für Kenner und Liebhaber. „In Summe bin ich mit dem Namen jetzt sehr zufrieden: Er ist authentisch, weil wir ein kleines Garagenweingut sind und der Begriff ist total positiv besetzt und erzeugt viel Neugierde“, erzählt Wolfgang.
Mittlerweile ist der Name bekannt und der Betrieb hat sich als Nebenerwerb gut entwickelt. „Ein bloßes Hobby sollte es nie sein“, betont er.

„Neben der Leidenschaft habe ich bis heute großen Respekt vor dem Handwerk. Ich habe mich nach der Ausbildung ganz langsam an das Handwerk herangetastet: Mit Reinzuchthefen begonnen, um sicher zu gehen, dass der Wein was wird. Erst über die Jahre hat sich eine gewisse Expertise und damit auch der Mut entwickelt, den Wein spontan zu vergären. Heute bin auch damit versiert im Umgang und habe jetzt auch den sogenannten Orange Wine für mich entdeckt.
Was ist Orange Wine? Der aus dem Englischen importierte Begriff bezeichnet eine spezielle Methode für Weißwein. Um es zu verstehen, muss man wissen, dass normalerweise Rotweinmost immer mit den Beerenhäuten gärt. Dadurch werden die Farbstoffe aus den Häuten herausgelöst und der Rotwein erhält seine Farbe. Die Maische wird erst nach dem Gärvorgang entfernt. Weißwein wird direkt gepresst und der Saft ohne Häute vergoren. Außer eben beim Orange Wein – da werden die weißen Trauben behandelt wie die roten. Das Ergebnis ist ein meist etwas trüber, orangefarbener Wein. Denn auch Weißweintrauben enthalten Farbstoffe. Der Orange Wine hat, wenn man ihn mit geschlossenen Augen trinkt, in der Tat ein bisschen was von Rotwein. Und dann doch wieder nicht. Er ist ein Wein, der viel Aufwand erfordert und etwas für Liebhaber ist – oder für Neugierige, die gern mal etwas ausprobieren.

Seit 2016 hat Wolfgang Betz auf Ökolandbau umgestellt, unter den strengen Richtlinien des Biolandvereins wird seither der Wein produziert. Zwischen den Reben wächst Gras, manche Kräuter sind erwünscht, andere, wie der Amaranth, weniger. „Amaranth ist eine wasserintensive Pflanze, er entzieht unter Umständen in trockenen Jahren der Rebe das Wasser.“

Die Pflege des Weinbergs mit Schafen gehört für Wolfgang Betz genauso dazu wie die Ernte per Hand und die liebevolle Handarbeit in der Garage. So entstehen Silvaner als klassischer fränkischer Weißwein und auch als Orange Wine. Dazu kleine Mengen an Rotwein und Riesling.

Das Garagenweingut hat sich etabliert und ist vielen Kennern bekannt. Der Einstieg ist gelungen und eine alte Familientradition weitergeführt und in die Moderne überführt.

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