Die Stadt Burghausen und Gemeinde Burgkirchen sind Mitglieder in der Öko-Modellregion Inn-Salzach und Partner im Forschungsprojekt der TU-München (digisens). Sie fördern seit knapp 30 Jahren eine trinkwasserschonende Landbewirtschaftung im Wasserschutzgebiet. Für den wirtschaftlichen Nachteil, der sich aus der grundwasserschonenden Bewirtschaftung ergibt, erhalten die Kooperationslandwirte einen finanziellen Ausgleich von den Wasserversorgern.
Einer der Kooperationslandwirte ist Alois Schweiger aus Mehring. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Wasserschutzgebietsberaterin und Projektmanagerin der Öko-Modellregion Inn-Salzach, Amira Zaghdoudi, lud Alois Schweiger kommunale VertreterInnen und MultiplikatorenInnen aus dem Landkreis Altötting ein, seine Praxisversuche zu besichtigen. Am ersten Standort stellte er seine Mais-Sonnenblume-Bohnen-Mischung vor. Je Quadratmeter pflanze er, neben dem Mais, eine Sonnenblume und eine Feuerbohne. Sein Acker habe mehrere Funktionen – Energiepflanzen erzeugen und Insekten, Vögeln sowie deren Fressfeinden Nahrung bieten. Die Pflanzenmischung harmoniere gut, sodass sein Mais ein sehr zufriedenstellendes Wachstum erzielt habe.
Alois Schweigers Landmaschinenmechanikermeister, Florian Ertl, erläuterte: „In der Regel erfolgt beim Mais eine Behandlung mit chemisch synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf der gesamten Ackerfläche, um Unkräuter zu unterdrucken. Hier wollten wir umdenken und reduzieren. Dazu nutzen wir ein selbstgebautes Sä - und Pflanzenschutzgerät. Dabei wird nur das Band, auf dem das Maiskorn abgelegt wird, zur Saat behandelt. So bleiben zweidrittel der Fläche unbehandelt, wodurch wir nur noch 33% der Pflanzenschutzmittel-Aufwandmenge benötigen.“
Alois Schweiger informierte: „Mit dieser Methode bräuchten wir eigentlich im Jungpflanzenalter eine zweite chemische Unkrautbehandlung. Auf diese verzichten wir jedoch. Anstelle nutzen wir eine alt bewährte, aber immer noch gute Methode – die Hacke.“ Diese gebe dem Mais gleichzeitig einen Wachstumsschub, da Luft in den Boden kommt und der Mais mehr Nährstoffe bekomme. Ein Synergieeffekt, durch den er beim Mais komplett auf Kunstdünger verzichten könne.
Hinzukommend nutze Alois Schweiger so genannte „Untersaaten“. Diese säe er zum letzten Hackvorgang zwischen die Maisreihen. Nach der Maisernte können die Pflänzchen prächtig wachsen und die gesamte Bodenoberfläche über den Winter begrünen. So könne er, über den Spätsommer, ein Nahrungsangebot für Insekten und Vögel schaffen und verhindere eine Auswaschung von Nitrat ins Grundwasser.
Am zweiten Exkursionsstandort besichtigten die Teilnehmer eines der prächtig gelb blühenden Silphiefelder. Mit dem Anbau der Durchwachsenen Silphie, auch Becherpflanze genannt, entstünde in der Fläche ein Nahrungsangebot für Wildbienen und anderen Insekten, sowie deren Fressfeinde. Robert Redinger, Vorsitzender des Kreisimkerverbandes Mühldorf und Altötting, erläuterte, dass Imker ihre Kästen gerne an Silphiefeldern aufstellen würden und dort zahlreiche wilde Insekten zu sehen seien. „Gerade im Spätsommer, wenn die Insekten sich auf die Winterruhe vorbereiten, stellen die Silphieflächen ein wichtiges Blütenfenster dar.“ Alois ergänzte, dass sich die Becherpflanze als Energiefutter für die Biogaslange eigne. Ertraglich läge sie etwas unter den Werten vom Silomais. Dafür habe sie großen Wert für den Wasserschutz. „Mit Ihren besonders langen Wurzeln kann sie ungenutzte Nährstoffe im Boden binden. So kann verhindert werden, dass Nitrat ins Grundwasser absickert.“ Dafür seien die Kosten für Saatgut und Aussaat, im Vergleich zum Mais, enorm hoch. Amira Zaghdoudi informierte: „Die Wasserversorger Burghausen und Burgkirchen unterstützen die Kooperationslandwirte mit einem Ausgleichsbetrag bei der Finanzierung des Silphie-Saatgutes. So kann den wirtschaftliche ausgeglichen werden.“ Alois erläuterte, dass die Becherpflanze 15 bis 20 Jahre am Acker stehen bleiben könne, weil sie jedes Jahr neu aus dem Boden treibe. Zudem könne er ab dem zweiten Jahr komplett auf chemisch synthetischen Pflanzenschutz verzichten. Alois zählte auf: „Das bedeutet ingesamt weniger Kosten für Saatgut, Pflanzenschutzmittel, Lohn und Diesel. Also eine Menge Einsparmöglichkeiten.“ So würden sich immer mehr Berufskollege, die weit entfernte oder schwer befahrbare Ackerflächen bewirtschaften, dazu entscheiden, Silphieflächen einzusäen. Amira Zaghdoudi ergänzte: „Die Krux liegt bei den Pachtverträgen. Wenn diese, wie bei vielen kommunalen Pachtverträgen, einjährig sind, ist das System „Becherpflanze“ wirtschaftlich zu risikoreich. Hier brauchen die Bauern, mit mindestens zehnjährigen Pachtverträgen, eine langfristige Perspektive. Max Hennersperger, Abteilungsleiter des Umweltamtes Burghausen informierte: „Die Stadt Burghausen kann ihren Landwirten leider keine mehrjährigen Pachtverträge anbieten, da sie ihre Flächen jederzeit als Ausgleichsflächen zurücknehmen können muss. Dafür kommen wir unseren Landwirten, die Silphiebestände einsäen möchten, mit einem reduzierten Pachtpreis entgegen.
Die Teilnehmer konnten das abendliche Summen und Brummen vom Ackerrand aus beobachten. Amira Zaghdoudi fasste zusammen, dass sich Trinkwasserschutz, Artenschutz und Ökonomie durchaus verbinden lassen. In den Modellregionen Burghausen und Burgkirchen gehen Bauern und Kommunen mit Praxisbeispielen voran – und zeigen, dass die Ziele der EU auf lokaler Ebene schon heute umgesetzt werden. Bei Fragen dürfen sich Interessierte gerne bei Amira Zaghdoudi melden (amira.zagh@lra-aoe.de).