Während eines Familienfestes wurde über Tierwohl und Fleischkonsum debattiert. Alle waren sich einig, dass es den Tieren gut gehen soll. Es entbrannte eine lebhafte Diskussion, an deren Ende die Entscheidung stand, selbst eine nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben und damit Fleisch zu erzeugen, das den höchsten Ansprüchen ans Tierwohl genügt. Es dauerte dann noch fast ein halbes Jahr, bis der richtige Ort dafür gefunden war: in Leberfing, einem Ortsteil von Roßbach im Landkreis Rottal-Inn, unweit von Arnstorf. Im Juni 2018 war es dann so weit – und der Biobetrieb Land.Luft wurde eröffnet, eine großzügige Anlage, die Landwirtschaft und Gastronomie vereint.
Patrick Ossiander ist der Geschäftsführer von Land.Luft; er gibt das Interview und führt durch den Betrieb. „Wir sind hier in Niederbayern. Wenn wir von Fleisch sprechen, meinen wir in der Regel Schweinefleisch“, erklärt er augenzwinkernd. Am neuen Hof spielen folgerichtig Schweine die Hauptrolle: Nach einiger Recherche wurden die Rassen Duroc und Schwäbisch-Hällische angeschafft und sind bis heute geblieben. Ihr Fleisch ist nicht allzu fett und es sind robuste Tiere. Robust müssen sie auch sein, denn sie werden als Weideschweine gehalten. In den Hügeln um den Betrieb findet sich eine Koppelwirtschaft. Die Tiere suchen in der Sonne in zeltartigen Holzhütten Unterschlupf, ansonsten dürfen sie draußen wühlen und sich suhlen. Am Hof leben 48 Muttersauen und damit gibt es stolze 700 Ferkel, die jedes Jahr innerhalb von neun Monaten zu schlachtreifen Schweinen heranwachsen. Es ist alles nah beieinander, dennoch ist es den Betreibern ein Anliegen, dass das Sterben der Tiere so sanft wie möglich vonstattengehen soll. Die neugierigen Tiere wittern zu Recht Futter im eigens gebauten Schlachtmobil und beim freudigen letzten Mahl trifft sie unerwartet die Elektrozange. Im Mobil werden sie noch ausgeblutet und ausgeweidet, die Hälften kommen dann in die Metzgerei, wo sie noch direkt warm verarbeitet werden. Das Schlachtmobil wurde dafür konzipiert und funktioniert so gut, dass die Lösung auch Interessierten bereitgestellt wird.
Die bayerische Küche kennt auch viele Rindfleischgerichte. Hier hat sich die Familie für die vom Aussterben bedrohte Rasse Murnau-Werdenfelser entschieden. Insgesamt 65 Tiere leben hier sommers wie winters auf der Weide. Im Unterstand wird zugefüttert. Genau dort, wo sie ihr Futter bekommen, werden sie noch während dem Fressen fixiert und bekommen ihren Bolzenschuss.
Die Metzgerei und das dazugehörende Bio-Restaurant feiern das gute Fleisch. Das Angebot umfasst neben Fleisch auch köstliche Wurstwaren und Schinken. Im stimmungsvollen ehemaligen Gewölbestall sind der Laden und die Gastronomie untergebracht. Der Kalender kündigt mehrere Events an. Donnerstags etwa ist Burger-Tag ab 18 Uhr – und samstags gibt es traditionelle Schmankerl vom Saukopf bis zum Schwanzerl – nose to tail. Sonntag ist nicht nur Bratentag – am frühen Abend kommt die Geselligkeit zu ihrem Recht „in der Mitt vom Tisch“, wo sich alle Tischgenossen bedienen können. Im Sommer kann man sich draußen vom Grill verwöhnen lassen. In einem imposanten Smoker werden an speziellen Tagen hochwertige Stücke vom Rind und vom Schwein zubereitet und warten auf die Genießer.
„Zuerst dachten wir, wir wollen das Fleisch ausschließlich für unsere Mitarbeiter in unseren Kantinen haben. Nun haben wir uns aber entschieden, es auch extern anzubieten und den Hof mit der Gastronomie zu öffnen. Schlicht, weil es uns ein Anliegen ist, den Ökolandbau und gehobene Ansprüche an Geschmack und Gastronomie zu verbinden und damit auch in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein.“ In der Region ist damit ein Vorzeigeprojekt entstanden, wie sich tierwohlorientierte Landwirtschaft, Genuss und auch Ästhetik zu einem harmonischen Ganzen verbinden.
Mittlerweile hat die Familie Feuer gefangen, gute Lebensmittel nicht nur zu genießen, sondern auch zu erzeugen. In einem weiteren Bio-Landgut in Siebenbürgen, Rumänien werden viele Gemüse und Öle erzeugt und zu Köstlichkeiten verarbeitet und das Weingut Groszer Wein im Südburgenland, seit 2020 im Besitz der Familie Lindner, produziert erstklassige Weine und seit der Lese 2023 biozertifiziert. Geführt wird das Weingut von Markus Bach und Edgar Brutler. Markus ist Winzersohn und stammt aus Würzburg, der gebürtige Donauschwabe Edgar studierte Weinbau in Geisenheim im Rheingau. Dabei folgen sie einem scheinbar simplen Rezept: So wenig wie möglich und so viel wie nötig – und alles mit viel Fingerspitzengefühl und dem Blick für den „richtigen Zeitpunkt“ bei allen Arbeiten im Weinberg und im Keller. Eine köstliche Ergänzung zum Angebot in Leberfing.