Von der Wirtschaft zum vielfältigen Hof
Der heutige Hofwirt im Thal trägt einen Namen mit Geschichte. Ursprünglich befand sich der Hofwirt mitten im Dorf, an der Stelle des heutigen Trachten- und Modehauses Rechenauer. Damals war dort eine Wirtschaft mit eigener Brauerei – Treffpunkt, Versammlungsort, Herz des Dorfs.
Die jetzige Hofstelle war zunächst gar nicht der Ursprung: Sie diente früher als Niederalm mit ein paar Kühen und Schafen. Erst als Johanna's Uroma verstarb, zog der Opa in die damalige Alm – und legte damit den Grundstein für den heutigen Betrieb, auf dem es mittlerweile neben Pferden, Schottischen Hochlandrindern und Coburger Fuchsschafen auch Gemüse und Schnittblumen gibt.
Die Pferde als Dreh- und Angelpunkt sowie Impulsgeber für den Gemüsebau
Die jüngste Tochter Bettina – ausgebildete Landwirtin und Mutter von Johanna – übernahm nach dem Opa den Hof. Mit ihrem Mann stellte sie den Betrieb auf Pensionspferdehaltung um, welche heute das Hauptstandbein des Betriebs bildet. Aktuell stehen rund 35 bis 40 Pferde im Stall, darunter auch fünf eigene. Aber wie entstand nun der Gemüseanbau?
Johanna's Mann Sebastian selbst hatte ursprünglich wenig Bezug zu Pferden – und war sogar einmal unsanft von einem Hannoveraner geworfen worden. Trotzdem (oder gerade deshalb) begeisterte er sich für Kaltblüter, die als klassische Arbeitstiere gelten. Aus dieser Faszination entstand der Wunsch, mit dem Pferd einmal das Pflügen auszuprobieren – so wie es eben traditionell gemacht wurde. Der erste gepflügte Acker war ein voller Erfolg und brachte Kartoffeln. Im zweiten Jahr kamen Tomaten und Bohnen hinzu. Zuerst nur für den Eigenbedarf. Zur Vermarktung brauchte es aber noch einen weiteren "Schubser".
Von der Idee zum wöchentlichen Gemüse-Kistl
Die Direktvermarktung begann beiläufig. Für Seppi und Theresa vom Sockhof in Oberaudorf wurde ein Gemüsekistl hergerichtet. Seppis spontane Frage: „Wieso verkaufst du das nicht?“ – wurde zur Initialzündung. Heute läuft die gesamte Vermarktung direkt über WhatsApp-Gruppen, organisiert von Johanna. Schnell, persönlich, unkompliziert.
Vor allem in den Sommermonaten kann wöchentlich erntefrisches, biologisch angebautes und somit völlig unbehandeltes Gemüse und Blumen direkt ab Hof auf Vorbestellung erworben werden.
Ohne große Maschinen, gedüngt mit hofeigenen Schafwollpellets und Brennnesseljauche. Rund 50 verschiedene Kulturen wachsen übers Jahr: u.a. Salate, Rote Bete, Karotten, Kohl und im geschützten Anbau Paprika, Tomaten und Gurken. Die Kartoffeln werden bis heute mit dem Pferd gepflügt.
Schnittblumen ergänzen das Angebot, unter anderem für das Blumenfachgeschäft Trattner in Kiefersfelden. Weitere Abnehmer des Gemüses sind der Unverpacktladen Herbstkindl in Kiefersfelden, das Restaurant Bernhards, sowie nahkauf in Oberaudorf und Rosenheim.
Individuelle Stärken von Mensch und Tier haben beim Hofwirt Raum sich zu entfalten.
Jedes Familienmitglied verwirklicht sich auf dem Hof. So entwickelt er sich stetig weiter. Anton, Johanna's Bruder begann vor einigen Jahren, wieder rund 15 Coburger Fuchsschafe zur Landschaftspflege zu halten. Gemeinsam mit dem Mann von Johanna, Sebastian, kamen die Schottischen Hochlandrinder dazu. Heute leben 10 bis 15 Tiere am Hof, darunter drei Mutterkühe mit Stier. Das Fleisch beider Tierarten wird direkt vermarktet. Die Schaffelle werden biologisch gegerbt und können ebenfalls erworben werden.
Johannas Mutter Bettina hält als ausgebildete Landwirtin die Fäden am Hof zusammen. Ihr Herz schlägt jedoch vor allem für ihre Bienen und ihre kleine Imkerei. Ebenso engagiert sie sich u.a. als zweite Vorsitzende im Obst- und Gartenbauverein vor allem im Bereich Streuobst und Baumschnitt. Die biozertifizierten Wiesen liefern im Herbst den Apfelsaft.
Eine besondere Rolle spielt die Eselstute Zilly, die gemeinsam mit drei anderen Pferden am Hof mithilfe einer ausgebildeten Reittherapeutin Kindern und auch Erwachsenen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen zu mehr Lebensqualität verhilft. Gerade für sensible oder nervenschwache Kinder ist der ruhige Kontakt mit den Tieren eine wertvolle Erfahrung.
Ein Hof mit vielen Gesichtern
Der Hofwirt lebt von seiner Vielfalt – und davon, dass jedes Familienmitglied eigene Ideen einbringt. Pensionspferde, Gemüsebau, Schnittblumen, Schafe, Rinder, Bienen – jeder Bereich hat seine Handschrift. Der Hof ist nicht nach Plan entstanden, sondern natürlich gewachsen: aus Interesse, aus Leidenschaft und dem Mut, Dinge einfach auszuprobieren.