Streuobstwiesen prägen das Gesicht des Rupertiwinkels seit Jahrhunderten, sie tragen ein Stück weit zur Ernährungssouveränität bei und sind ein unersetzlicher Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Dennoch sind Streuobstwiesen immer noch auf dem Rückzug, weil die Pflege und Beerntung der Bäume Zeit kostet und die Rentabilität einer Verwertung außerhalb des eigenen Bedarfs oft gering ist. Der Landschaftspflegeverband Traunstein und die Ökomodellregion Waginger See- Rupertiwinkel arbeiten deshalb Hand in Hand an besseren Verarbeitungsmöglichkeiten für Bioobst, um die Wertschöpfung und damit auch die Wertschätzung für Bioobst aus heimischem Anbau zu erhöhen. Beim Landschaftspflegeverband Traunstein (LPV) gibt es die Möglichkeit, die eigene Obstwiese biozertifiziert zu bewirtschaften und sich dazu an einer Sammelzertifizierung der Obstwiesenbesitzer zu beteiligen. Das Angebot gilt für konventionelle Landwirte, die nur ihren Obstgarten nach Biorichtlinien bewirtschaften möchten – Biobetriebe können ihren Obstgarten jederzeit über ihre Kontrollstelle zertifizieren lassen. „Uns ist es wichtig, dass die Biozertifizierung für den Obstbauern möglichst unkompliziert abläuft. Die Einhaltung der Biokriterien stellt für die meisten Streuobstwiesenbesitzer keine große Hürde dar“, so Jürgen Sandner, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands, „so steigt der Anteil von Bioobst aus der Region“.
„Die Coronakrise zeigt uns, dass wir uns nicht immer auf Importobst zu günstigen Preisen verlassen können“, meinst Marlene Berger-Stöckl, Projektleiterin der Ökomodellregion. „Wir sind froh, dass die meisten Keltereien in der Region Bioobst annehmen und versaften. Wir suchen aber weitere Verarbeiter, die aus gesundem heimischen Bioobst Spezialitäten herstellen und faire Preise an die Obstwiesenbesitzer bezahlen“.
Ein solches Angebot gibt es jetzt neu in Kooperation mit der Schnapsbrennerei Gramminger, dem Sailerhof bei Taching, der traditionell Streuobst annimmt: Wenn mindestens 100 – 150 kg Bioobst einer einzigen Sorte verfügbar sind, kann daraus künftig ein sortenreiner Brand entstehen. Ob für Schnaps geeignete Apfelsorten, Zwetschgen oder späte Birnensorten, Kirschen, Quitten oder weitere Obstarten, wichtig ist, dass das Obst in bester Qualität angeliefert wird. „Unser Endprodukt kann nur so gut sein wie unser Ausgangsprodukt“, meint der junge Brenner Franz. Familie Gramminger hat sowohl ihren eigenen Obstgarten als auch ihre Brennerei biozertifizieren lassen und will mit sortenreinen Biobränden eine neue Qualitätslinie aufbauen.
Auch die Ölmühle in Garting bei Schnaitsee ist inzwischen biozertifiziert, arbeitet mit der Ökomodellregion zusammen und bietet eine neue Verwertungsmöglichkeit für Biowalnüsse an. Heuer soll es erstmals ein regionales Biowalnussöl geben. „Beim Anbau unserer eigenen Ölfrüchte setzen wir schon länger auf Bio“, so Toni Lamprecht, Ölmüller in Garting, der auch selbst eine Landwirtschaft betreibt, „aber mit ausgewiesenen Bioprodukten in der Verarbeitung gehen wir jetzt neue Wege“.
Eine Liste mit regionalen Keltereien, die für Bioobst höhere Preise bezahlen, kann beim LPV Traunstein angefordert werden.
Interessierte Bio-Obstwiesenbesitzer können sich Infos unter den folgenden Adressen holen:
- beim LPV Traunstein unter 0861 /58-539 oder unter Sandner.LPV@traunstein.bayern (Biosammelzertifizierung, Liste mit Bioverarbeitern für Streuobst)
- bei Familie Gramminger unter Tel. 0171 / 523 07 00 oder Mail allgemein@sailerhof.de (Streuobst- und Bioobstannahme)
- bei der Ölmühle Garting unter 08074 - 917758 oder unter info@oelmuehle-garting.com (Biowalnüsse)
- bei der Ökomodellregion in Waging unter 08681/ 4005-37 (ab September) oder Mail oekomodellregion@waging.de (Bioverarbeiter und Pflanzaktion für Streuobstwiesen).
Hans Eder, 30.07.2020
Neue Verwertungschancen für Bioobst in der Ökomodellregion
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