Franz Huber sieht in seinem Grund keinen Besitz, sagt er. Deshalb beschäftigt sich der 55-Jährige seit Jahren mit einer nachhaltigen Bearbeitung des Bodens und hat bereits viel praktische Erfahrung in Sachen bodenschonender Methoden gesammelt. „Natürlich zahlt man auch Lehrgeld“, sagt Huber, der sich von seinen neu begonnenen Wegen nie abbringen ließ und den konventionellen Vollerwerbsbetrieb seit dem Jahr 2000 gentechnikfrei bewirtschaftet. Zusammen mit seiner Frau Lisa und Sohn Michael führt Huber den Betrieb in der 13. Generation und kümmert sich um 40 Milchkühe mit Nachzucht, 36 Hektar Ackerfläche, acht Hektar Grünland sowie eine kleine Biogasanlage mit 75 KW Leistung, die auf Güllebasis läuft.
Die richtige Mischung macht´s
„Es ist die richtige Mischung für unseren Betrieb“, steht Huber hinter seiner vor zwanzig Jahren getroffenen Entscheidung zur Diversifikation. Ohne die Biogasanlage stünden heute für einen Vollerwerbsbetrieb 80 Kühe im Stall. Die Investitionskosten seien enorm gestiegen, der Milchpreis nicht: Ein durchdachter Laufstall, welcher vor 30 Jahren für eine in fünf bis sieben Jahren finanzierbare Summe gebaut wurde, würde heute das Vierfache kosten. Seit 30 Jahren sei der Milchrpreis jedoch bei umgerechnet etwa 38 Cent pro Liter geblieben.
Neben dem Verdienst aus den 40 Milchkühen generiert Franz Huber die Hälfte des betrieblichen Einkommens aus seiner Photovoltaikanlage und der kleinen Biogasanlage durch Einspeisung von 90 Prozent der erzeugten Energie. Der Rest fließt in den Eigenverbrauch. Die Abwärme der Biogasanlage wird zu 100 Prozent zum Heizen von vier Häusern und zum Trocknen von Holz verwertet. Huber ist davon überzeugt, dass sich zukünftig noch mehr Landwirte für einen energieproduzierenden Betrieb entscheiden werden, wenn die politischen Rahmenbedingungen dafür passen.
Als Sprecher der Eiweißinitiative der Ökomodellregion Waginer See – Rupertiwinkel möchte Franz Huber die regionalen Gegebenheiten seiner Heimat nutzen und in die Produktionsweise auf seinem Hof einfließen lassen. Deswegen ist er auch im Austausch mit Landwirten aus dem hiesigen „Arbeitskreis Regionales Eiweiß“. Dieser organisiert Feldbegehungen, die für konventionelle Landwirte und Biobauern gleichermaßen von Interesse sind. Das verfolgte Ziel: „Mehr Eiweiß selber in der Region herzustellen und zeitgleich den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren“, erklärt Projektleiterin Marlene Berger-Stöckl von der Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel den Zusammenschluss von biologisch und konventionell arbeitenden Landwirten.
Bei den Feldbegehungen sind bereits viele Möglichkeiten für den regionalen Eiweißanbau vorgestellt worden. Neben Kleegras, Grünland und verschiedenen Weidesystemen wurden auch
Ackerbohnen oder Leguminosen-Gemenge aus Hafer, Erbsen und Gerste zusammen mit Rotklee-Luzerne als Untersaat begutachtet. Zudem erfuhren die Teilnehmer mehr über den Anbau eines Winter-Erbsen- oder Winter-Weizen-Gemenges, welches sich dadurch auszeichnet, dass es ganz ohne Pflanzenschutz auskommt. Aufgrund der vorherrschenden klimatischen Bedingungen im Gebiet der Ökomodellregion ist die Sojabohne mittlerweile zu einem vielfach angebauten Eiweißspender geworden.
Auf den Feldern von Franz Huber wachsen auch Kleegras sowie ein Klee-Luzerne-Gemenge. Diese Eiweißlieferanten bleiben anderthalb bis zwei Jahre stehen, was sie nachhaltig und wirtschaftlich rentabel macht. Damit das eiweißreiche und gentechnikfreie Futter für seine Kühe besonders frisch und schmackhaft ist, setzt Franz Huber auf das Eingrasen. „Viele scheuen das Eingrasen, weil es mehr Arbeit macht“, weiß Huber. Er achtet auf die artgerechte Fütterung seiner Kühe, die es ihm mit einer guten Milchleistung und Tiergesundheit „zurückzahlen“.
Vor 20 Jahren noch aus Brasilien importiert
Anschließend wird für eine Saison Mais auf den Feldern angesät. Dieser werde nur einmal gegen Unkrautbildung gespritzt und zeichnet sich durch hohe Erträge und minimale Anfälligkeit gegenüber Krankheiten aus. Den Ertrag verwendet Huber hauptsächlich zur Beschickung seiner Biogasanlage. Um Stickstoffauswaschungen zu vermeiden und dem Humusentzug entgegenzuwirken, sät der erfahrene Landwirt Grünroggen als Winterbegrünung zur zusätzlichen Gewinnung von Eiweiß-Futter und Energie an.
Zudem biete der Anbau von Soja seit zwei Jahren gute Erträge. „Vor 20 Jahren haben wir die Sojabohnen noch aus Brasilien importiert“, sagt Huber und freut sich über den kurzen Weg von vier Kilometern zum Sojatoaster seines Neffen Benedikt Bauer in Haslau bei Fridolfing. Hier bekommt er seine eigenen regional erzeugten Sojaerträge als gepressten Sojakuchen wieder zurück. Vor allem mit Blick auf den aktuell weltweit gestiegenen Sojapreis eine regionale Alternative für Landwirte im Salzachtal.
Erneutes Umdenken in der bewährten Fruchtfolge eiweißreicher Pflanzen erfordert für Franz Huber die seit Mai 2020 in Kraft getretene neue Düngeverordnung der EU. In seinen Augen sollte diese regionale Werte für Stickstoff mit Berücksichtigung der regionalen Bodenverhältnisse beinhalten. Die angebauten Pflanzen auf seinem Betrieb in Fridolfing bräuchten mehr Stickstoff, als die durchschnittlich in der neuen Düngeverordnung EU-weit vorgeschriebene Menge von 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar in einem Kalenderjahr. Hierin sieht Huber ein „echtes Problem für die Böden im Salzachgebiet“ und eine große Gefahr für das Konzept des Anbaus von regionalem Eiweiß.
Außerdem bleibt für den Landwirt die Frage offen, was mit seiner kleinen Biogasanlage in acht Jahren nach dem Ende der gesetzlichen Förderung passiert.
Skeptisch zeigt er sich zudem, ob die geforderten 30 Prozent mehr Bio bis in das Jahr 2030 allein durch deutsche Bioerzeugnisse erreicht werden können. Dieses gelingt seiner Meinung nach nur, wenn die Interessen von Verbrauchern, Landwirten und Politik vereinbar werden und Industrie und Handel das Auge des Verbrauchers nicht verstärkt auf EU-Bio-Produkte lenken.
„Das Ziel wird ohne Gesetze und Vorschriften von selbst erreicht, wenn Verbraucher 30 Prozent deutsche Bioprodukte zu fairen Preisen kaufen“, denkt Huber an umstellungswillige Landwirte in der Region, deren Bio-Erzeugnisse aktuell noch keine Nachfrage am deutschen Markt fänden.
Artikel von Dorothee Englschallinger aus der Südostbayerischen Rundschau vom 02.02.2021
Ein Artikel aus der Reihe „Bio in Serie“ der Südostbayerischen Rundschau 2020:
30% Biolandbau, das ist seit 2019 gesetzliches Ziel der Bayerischen Staatsregierung. In loser Folge stellen wir Betriebe aus der Ökomodellregion Waginger See- Rupertiwinkel vor, die sich bereits auf den Weg gemacht haben und sich für eine besonders nachhaltige Wirtschaftsweise einsetzen. Der nebenstehende Betrieb ist ein Beispiel für viele Landwirte, die zwar (noch) nicht auf Bio umstellen möchten oder können, aber dennoch an Wegen für eine nachhaltige Landwirtschaft arbeiten. Die erste bayerische Modellregion zeichnet sich laut eigener Aussage durch vielfältige Netzwerke für mehr Bioanbau und -verarbeitung aus, verfolgt aber auch gemeinsame ökologische Projekte mit allen Landwirten und den Gemeinden.
Mehr Infos dazu gibt es unter http://www.oekomodellregionen.bayern .