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Bäckermeister nimmt Tradition der Herstellung von Fastenbrezen und Osterfladen wieder auf

Projekte: Bio im Gasthaus und in der Außer-Haus-Küche, Mit Bio kochen, Öffentlichkeitsarbeit
Die bekannten Fastenbrezen und Osterfladen, präsentiert von Barbara Wahlich aus Surheim.
Die bekannten Fastenbrezen und Osterfladen, präsentiert von Barbara Wahlich aus Surheim.
© Prof. Josef Standl
Schon anfangs März, zu St. Kunigund, ist es so weit. Die Armen, es waren nicht gerade wenige, bekamen von den Klöstern des Landes ihre Fastenbrezelspende. Das eigenartige Gebäck wurde seit dem Mittelalter von den Orden, die sich niedergelassen hatten, hergestellt und verteilt. Freilich war es an eine für die Kirche wichtige Bedingung geknüpft: Zuvor musste die Beichte abgelegt werden. Geschichtlich sind diese Fastenbrezen noch bis zum Zweiten Weltkrieg in unserer Gegend breiter nachweisbar.

Sie gibt es nur hier – aber je nach Region unterschiedlich

Ihre Herstellung ist oft unterschiedlich, wie auch die Formen. Im Salzburger Flachgau und im Rupertiwinkel, die ja bis vor gut 200 Jahren zusammen gehörten, sind sie in Form einer Brezel, im Lungau bilden sie einen Ring ohne Mittelstück. Bei den Jugendlichen hat sich auch das Brezenhakeln durchgesetzt. Wer den größeren Teil mit dem Mittelstück „reißt“, hat gewonnen, muss aber auch zahlen. Unter frisch vermählten Eheleuten gilt, wer das größere Stück Brezel an sich zieht, der habe das Sagen in der Ehe, so heißt es zumindest.

Unter den Letzten, die Gebildbrote backen, sind der Bäckermeister Michel Wahlich und seine Frau Barbara, auch eine gelernte Bäckerin, die in Surheim ihre Bäckerei haben. Sie sind auf Biobackwaren spezialisiert und erzeugen in der Fastenzeit diese Fastenbrezel und auch Osterfladenbrot, das es ab sofort bis zu Ostern gibt. Die Brezel werden aus süßem Dinkel-Hefeteig erzeugt, die Osterfladen ebenfalls und werden als „Dampfl“ angesetzt und es werden mehr Butter und Rosinen beigegeben; es gibt sie in den Größen 600 Gramm und 300 Gramm. Die äußere Form ist oben dreigeteilt, als Zeichen für die Dreifaltigkeit. Erhältlich sind diese beiden Produkte im eigenen Geschäft an der Surbrücke an der Laufener Straße in Surheim, bei Bio Lecker in Laufen und beim Bio-Michi in Kirchanschöring bzw. bei deren Marktständen auf den Bauernmärkten in der Region.

Die Biobäckerei Wahlich ist Mitglied in der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel und liefert weitum ihre Produkte aus, bis nach Siegsdorf. Erzeugt wird rustikales Surheimer Brot im Laib, ein großes Dinkelkuchen-Sortiment, Backfermentbrote, an jedem Freitag Omas Apfelstrudel und jeden Dienstag und Samstag gibt es den Laufener Landweizenspitz aus der alten Getreidesorte. Neben der Bäckerei gibt es einen „Tante Emmas Laden“ und an schönen Tagen kann man sich neben der Sur im Cafe, dem „Schönsten Cafe an der Cote d’Sur“, entspannen. Der Bäckermeister hat in Bad Reichenhall und Aufham sein Handwerk gelernt und gemeinsam mit seiner Gattin 1998 die Bäckerei ihres Onkels Loidl übernommen. Die Bäckerei trägt seit 1936 den Namen Loidl, ursprünglich geht sie auf das Jahr 1864 zurück.

Die Fastenbrezel gibt es bereits seit dem 9. Jahrhundert

Rupertiwinkel. Die erste christliche Erwähnung der Brezel als Fastenspeise ist aus dem 9. Jahrhundert datiert. Die älteste Abbildung einer Fastenbrezel stammt aus dem 11. Jahrhundert. Der Name macht der Forschung Probleme; eine der häufig vertretenen Meinungen leitet den Namen vom althochdeutschen Brezita, vom lateinischen Bracchium, der Arm, ab und meint damit die als Fastengeste gekreuzten Arme. In den prähistorischen Brezeln (im Mittelmeerraum) vermutet man die Nachahmung von Hals- und Armringen im Gebäck, die als Grabbeigabe verwendet wurden. So gesehen könnte die Brezel Symbol der Verweigerung von Speisen, aber auch Symbol für die zum ewigen Tod verdammende Schuld der Erbsünde der Menschheit sein. Im Bayerischen heißen auch verschiedene verbogene und verschlungene Ringe (Kleiderspangen, Geräte-Verbindungen, gebähte Zaunringe) Bretzen. Der deutsche Volkskundler Adolf Spamer bildet einen kunstvollen, ausgeschnittenen Kupferstich ab, ein Geschenkbild aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, in Form einer Fastenbrezel, mit den „Arma Christi”, den Leidenswerkzeugen Christi, die seine Waffen im Kampf gegen das Böse darstellen.

Die Salzburger Volkskundlerin Ulrike Kammerhofer-Aggermann beschäftigte sich ebenfalls mit den Fastenbrezen. Sie schreibt: „Die Bäcker der Kirchenorte erzeugten sie und jeder, der zur Osterbeichte ging, brachte sie für das ganze Hauswesen mit. Brezen mussten aber auch von der Bäuerin in größerer Anzahl den Hausleuten nach der Osterbeichte – und der Kontrolle der Beichtzettel, die bis zum Ende der Zunftordnungen den Hausvorständen vorgeschrieben war – spendiert werden. Das war, zu Zeiten in denen Weißbrot selten war und die Fastenzeit sehr ernst genommen wurde, eine luxuriöse Speise, die schon die Osterfreuden ankündigte.“

Buße und Belohnung sowie Trauer und Freude

Auch von den Fastenpredigten an den Freitagen der Fastenzeit mussten die Kirchgeher Fastenbrezen mitbringen. „An diesem Brauch sehen wir auch, wie sehr Buße und Belohnung, Trauer und Freude, in leiblichen Genüssen Ausdruck fanden und finden. Die Reste der Beichtbrezen wurden am Karsamstag als letzte Fastenmahlzeit in der Brezensuppe verspeist“, so die Wissenschafterin. In der Salzburger Gebirgsgegend erhielten die Patenkinder von den Paten am Gründonnerstag eine Osterbreze aus Rosinengermteig. Beugel oder Kipfel wurden, ähnlich wie der Striezel, am Ostersonntag gemeinsam mit Eiern von der Patin an die Godenkinder und von der Bäuerin oder Meisterin an das Gesinde verteilt.

Beliebt sind diese Gebildbrote in der Karwoche als Symbolbackwaren, vor allem Brote mit Symbolwirkung sind stark gefragt, so Symbole der Fruchtbarkeit und Ablösen von Opfern. Die früher sehr wertvollen Gaben werden durch Formen in Teig nachgebildet. Sie sind auch Speisenopfer bei der Speisenweihe. Vor allem Zopfgebäck in vielen Varianten wird zu jeder Jahreszeit geschenkt. Ihr Genuss verleiht dem Volksglauben zufolge Kraft und Stärke. Zopfgebäck hat einen weiteren Sinn als Opfergabe: Früher opferten Frauen, wenn die Familien in große Not geraten waren, ihre Zöpfe, um sie zu verkaufen. Der gebackene Zopf stellt somit eine Andeutung als Opfer dar. Man glaubte, mit dem Flechten böse Geister von Haus und Hof zu vertreiben.


Artikel von Prof. Josef A. Standl, Südostbayerische Rundschau vom 19. März 2022
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