Dass die Chancen für die Entwicklung des sanften Naturtourismus und der damit verbundenen regionalen Wertschöpfung um den Waginger See recht gut stehen, hat bereits die enge Vernetzung unterschiedlicher Akteure in der Ökomodellregion deutlich gemacht. Einen praxisnahen Einblick in die Vielfalt der bestehenden Produkte und Angebote gab jetzt eine kulinarische Info-Radltour der Waginger Tourist-Info zu Hofläden und -cafés, Direktvermarktern und Bio-Betrieben zwischen Fridolfing und Tittmoning. Die knapp 30 Teilnehmer, darunter Behördenleiter, Bürgermeister, Vermieter, Firmenangehörige, Touristiker und Einheimische, erfuhren dabei nicht nur viel über alte Zuchtrassen, Stallhaltung und Getreidesorten, sondern auch über die Artenvielfalt in Streuobstwiesen, die ideenreiche Vermarktung von Hofcafés oder das Netzwerken beim Getreideanbau für Bio-Bier aus der Region.
Von wilden Zeiten als „Öko-Rebell“ erzählen konnte Hans Glück aus Grassach bei Tittmon-ing. Vor rund 35 Jahren begann er als einer der ersten Landwirte der Region mit der Umstel-lung auf biologische Landwirtschaft. War das damals noch eine Art „Kriegserklärung“ für die umliegenden Bauern, so liegt „Bio“ heute im Trend. In seinem Hofladen vermarktet Glück Getreideprodukte und Gemüse von eigenen Feldern sowie Fleisch von selbstgezogenen robusten Haustierrassen. Ein Blick in den Stall zeigte den Teilnehmern der Tour, wie eine artgerechte Aufzucht von Schweinen, Rindern, Schafen und Hühnern aussehen kann. Bei einem üppigen Frühstück demonstrierten Glück und seine Lebensgefährtin Jutta, wie vielseitig bereits jetzt das Angebot an ökologisch produzierten Getreideprodukten, Ölen, Gemüsen, Obst und Milchprodukten aus der Region ist und wie leicht sich auch für Gastgeber ein Frühstück in Bio-Qualität zubereiten lässt.
Die Zusammenhänge zwischen einer nur zweimal im Jahr gemähten Streuobstwiese mit verschiedenen Obstbäumen und Hecken und der sich einstellenden Artenvielfalt an Pflanzen, Insekten und Vögeln sowie eigenen Erfahrungen als Jungimkerin erläuterte Kathrin Geiger in ihrer „Lines Manufaktur“ nördlich von Tittmoning. Sie produziert Marmeladen und Sirups aus eigenem Obst, Beeren und Kräutern.
Von der Kunst des Bio-Gerstenanbaus für eine regionale Brauerei berichtete Bio-Bauer Andreas Maier aus Waldering. Um die erforderliche hohe Qualität zu erreichen, sei viel Knowhow erforderlich. Lohnend zur Zweitverwertung sei die Kombination etwa mit Senfsaaten zur Produktion der scharfen Delikatesse, die er zusätzlich auf seinem Hofladen vermarkte. Vom Vertriebsleiter der Brauerei wiederum war zu erfahren, wie die Zusammenarbeit mit Bio-Bauern und einer Trostberger Mühle der regionalen Wertschöpfung zugute kommt.
Die Stalltüren seines Bio-Mastbetriebs für Geflügel und Schweine öffnete Sebastian Ketten-berger aus Kettenberg für die Teilnehmer. Die im Vergleich zur konventionellen Haltung län-gere Aufzucht ohne Medikamente erfordere viel Knowhow, werde aber durch die Haltung in Kleingruppen erleichert, berichtete er. Ergänzend baut der Jungbauer auch Gemüse an und hält Rinder. Er vermarktet über einen Stand am Bauernmarkt in Tittmoning und den Verkauf ab Hof.
Wie sich unter anderem mit Eis vom Bauernhof das nur am Wochenende geöffnete Hofcafé Mühlradl in Mühlham zu einem Renner auch bei Busreisenden entwickelt hat, erzählte Bio-Bäuerin Roswitha Leitner den Teilnehmern der Hofladen-Radtour. Mit kulinarischen Höhepunkten, die die Wagingerin Yvonne Liebl aus Bio-Zutaten der Region zubereitet hatte sowie speziell zubereitetem Gewürzkaffee klang die erlebnisreiche Radtour im familiengerecht ausgebauten Biergarten des Hofcafés mit Almhütte und Wasserreifenrutsche aus.
Nähere Infos zu weiteren Biohof-Erlebnisradtouren um den Waginger See mit Regina Faltermeier bzw. Kochkursen mit Yvonne Liebl gibt es bei der Tourist-Info Waging am See unter Tel. 08681-313 oder www.waginger-see.de/genuss.
Artikel: Axel Effner, 15.06.2017, SOR
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15.06.2017: Kulinarische Reise durch die Ökomodellregion, aus: Südostbayerische Rundschau, Axel Effner (PDF)