Und genau diesen Wettbewerbsvorteil versucht die Ferienregion „Waginger See“ herauszustreichen. Dazu leisten die „Waginger See-Genusswochen“, die am Sonntag, den 10. September, losgehen, einen nicht unerheblichen Beitrag. Ihren Abschluss finden die Wochen mit der musikalisch umrahmten „Schmankerl-Meile“, die am 8. Oktober wieder in Verbindung mit dem Waginger Bauern- und Handwerkermarkt über die Bühne geht.
Während dieser Zeit präsentieren die Genusswochen die Region und ihre einzigartigen Schmankerl in vielfältigster Weise. Da wird das umfangreiche Angebot regionaler Lebensmittel mit der heimischen Kochkunst vereint, in der sich die landestypische Linie widerspiegelt. Zudem bieten sich entspannte Erlebnismöglichkeiten in der herrlichen und frühherbstlichen Landschaft an, die von der Radtour bis zur Kräuter-, Moor- oder Pilzwanderung und von Kochkursen, über Hof-, Hofladen- und Schnapsbrennerei-Besichtigungen bis hin zu gemütlichen kulinarischen Spaziergängen zu den schönsten Plätzchen zum Verweilen führen.
Vor allem aber will man Genießer mit schmackhaften Kreationen der klassischen Küche und der zeitgemäßen, gesunden Vitalküche verwöhnen. Und das, was die zahlreichen Erzeuger an Kostproben oder die sechs Genusswochen-Wirte offerieren, regt schon beim Lesen und Durchblättern der eigens für dieses Event aufgelegten und in der Tourist-Info ausliegenden Broschüre „Waginger See-Genusswochen“ den Appetit an. So etwa das „Rosa Reh aus Martl's Jagd mit Nuss, Trauben, Spitzkraut und Breznknödl“. In diesem kostenlos erhältlichen Heft sind zum einen die teilnehmenden Gastronomie-Betriebe mit all ihren regionalen Lieferanten samt deren Produkte gelistet und zum anderen enthält es das begleitende und zugkräftige Aktionsprogramm, das Genuss und Erlebnis verbindet, mit Datum, Uhrzeit, Veranstaltungsort und allen Anmeldeformalitäten.
Im Rahmen einer festlichen Auftaktveranstaltung machte die Waginger Touristinfo-Leiterin Eva Gruber beim „Bauern z'Hof“ geladene Gäste mit den Einzelheiten des Programmablaufs vertraut. Genauer gesagt, unter den Kastanienbäumen seines Rupertiwinkler Bauernhofmuseums. Dieses Ziel wählte Eva Gruber explizit, um so zu testen, ob sich diese sehenswerte Rarität auch für eine unverwechselbare Erlebnis-Geschichte in authentischer Umgebung eignet, die die Besonderheiten der von Menschen geschaffenen Kulturlandschaft im Herzen des Rupertiwinkels herausstreicht und erlebbar macht. Denn dort können Urlauber wie Einheimische viel über das frühere bäuerliche Leben der Gegend erfahren und die Vergangenheit emotional erleben. Zudem führt der Museums-Stadel in einer wissenschaftlichen Ausstellung durch den Getreide-Zyklus, der vom Anbau bis zum Dreschen reicht. Hier erfährt man auch vom Comeback einer fast in Vergessenheit geratenen uralten Getreidesorte: dem „Laufener Landweizen“.
Das ist eine regionale Weizensorte aus dem bayerisch-österreichischen Grenzgebiet des Rupertiwinkels und des westlichen Flachgaus, wo er vor gut zwanzig Jahren wiederentdeckt wurde. Aktuell erfährt der Landweizen einen deutlichen Aufschwung. Immer mehr Landwirte und Verarbeiter interessieren sich für ihn. Er gilt derzeit als die einzige bekannte Landweizensorte der Region und soll nun im Rahmen eines Projekts als Marke bekannt gemacht und etabliert werden.
Immer wieder wird das Anwesen z' Hof auch zum Klassenzimmer, wo Schüler alles Wissenswerte über das Getreide erfahren und gemeinsam mit dem Hausherrn, Franz Huber, wie einst säen, ernten und in seinem alten Steinbackofen selber Brot backen dürfen. Bei dieser Auftaktveranstaltung buk nun aber ein Bäckermeister das Brot und zwar ganz in alter, liebevoller Manier und Handarbeit: der Bio-Verarbeiter der Ökomodellregion aus Saaldorf-Surheim, Michael Wahlich.
Von ihm ließen sich auch der stellvertretende Landrat, Sepp Konhäuser; Wagings Bürgermeister Herbert Häusl, seine Tachinger Amtskollegin, Ursula Haas; die Leiterin der Tourist-Info Kirchanschöring, Sieglinde Gaugler; die Projektmanagerin der Ökomodellregion, Marlene Berger-Stöckl, und viele Interessierte in die Kunst des Brotbackens einweisen.
Wahlich, der in seiner Bäckerei auch Mehl des Laufener Landweizens verarbeitet, bezieht all sein Mehl aus gentechnikfreiem Bio-Getreide von Demeter-Landwirten aus der Ökomodell-Region. Mit Wasser und Steinsalz hatte er ein reines Roggen-Vollkornmehl zu einem Natur-Sauerteig angesetzt. In der Backstube von Franz Huber wurde schnell klar, dass es mit dem „richtigen“ Mehl nicht getan ist, sondern neben ganz präzisen Mengenangaben auch Gär-, Geh- und Ruhezeiten eine wichtige Rolle spielen. Es ging also nicht um Brotbacken für Anfänger oder um eine möglichst einfache Variante, die nur so ungefähr in Richtung eines guten Produktes geht, sondern um ein gutes Ergebnis ohne chemische Hilfsmittel, die für Wahlich völlig tabu sind. Man könne alles ohne Zusatzstoffe backen, obwohl es mit natürlich leichter gehe. Da sein Teig keine Zusatzstoffe enthalte, sei das Brot lange frisch, vorausgesetzt man lagere es richtig, ließ er wissen, ehe er die Gärkörbe mit Mehl bestäubte, in die die großen und kleinen „Bäcker-Gehilfen“ ihre händisch geformten, rund ein Kilo schweren Laibe setzten, um sie darin eine weitere halbe Stunde gehen zu lassen.
Zuvor hatte Hausherr Franz Huber den alten Steinbackofen mit dürrem Fichtenholz rechtzeitig angeheizt, wo es dann knackend und rotglühend gut zwei Stunden lang brannte, damit sich Sohle und Gewölbe richtig aufheizen. Als die Ofenwand heiß genug war, zog er Glut und Asche ab und säuberte mit einem nassen Strohbesen die Backfläche. Nach einer kurzen Wartezeit konnte Huber die vorgeformten Teiglinge einschießen, um diese nach einer Stunde wieder herauszuholen. Bäckermeister Wahlich prüfte klopfend den Garzustand. „Es klingt hohl, also ist das Brot gar.“ Am besten schmecke es erst einen Tag später, wenn die Röstaromen an der Kruste auch ins Innere des Laibs gedrungen seien.
„Mit der Anschnittfläche nach unten auf ein Brett gelegt und mit einem Leinentuch abgedeckt, bleibt es lange frisch.“ Dass keine Spritzgifte beim Wachsen seiner verwendeten Getreidesorten eingesetzt werden, ist Bäckermeister Wahlich sehr wichtig: „Die könnten nämlich ins Brot gelangen.“ Als Biobäcker nehme er auch keine Fertigmischungen her. „Bio bedeutet ein besseres Lebensgefühl“, weil man durch die Verwendung von Bioprodukten auch die natürlichen Kreisläufe unterstütze. Seine Backwaren seien nicht austauschbar. Zudem gebe es einen geschmacklichen Unterschied zu konventionell hergestelltem Brot. „Unsere Rohstoffe kommen weitestgehend von Kleinbauern aus der Region.“ Mit dem Kauf von Bio-Produkten fördere der Konsument zudem die Artenvielfalt, „was wiederum den Bienen und Wildbienen zugutekommt.“
Bio und regional haben auch für die Gesundheitstrainerin Yvonne Liebl einen hohen Stellenwert. Seit vielen Jahren kocht sie mit größter Leidenschaft überwiegend vegetarisch. Ursprung und Erzeugung spielen für sie ebenso eine wichtige Rolle wie Verarbeitung und Zubereitung der Speisen. Liebls kulinarischer Beitrag beim Bauern z' Hof bestand nun aus einem sorgsam zubereiteten kalten Buffet, mit hausgemachten Brotaufstrichen und Salaten von ausgewählten Getreidesorten. Zum Zubereiten der Speisen hatte sie fast nur Zutaten verwendet, die aus ihrer neuen Bio-Genuss-Kiste der Ökomodellregion Waginger See- Rupertiwinkel stammten. Die ganze Angebotsvielfalt der Kiste dürfen die Teilnehmer der beiden unter dem Motto stehenden Kochkurse „Bio-regional Querbeet“, die Liebl im Zuge der Genusswochen bietet, auch näher kennenlernen.
An den ungespritzten Wiesen- und Waldrändern von Hof wachsen beste Kräuter. „Man muss nur wissen, welche genießbar sind.“ Auf einem Ausflug zeigte Kräuterexpertin Geli Egger, wie sie aussehen und schmecken, und welche heilende Wirkung sie entfalten, ehe sie in den Körben der Sammler landeten. Die entdeckten mit Spitzwegerich, Löwenzahn, Schafgarbe, Labkraut, Hornklee, Gundermann, Rotklee und so weiter die Reichhaltigkeit der heimischen Flora. Nach der einstündigen Wanderung hätte die selbstgemachte Kräuterbutter nicht besser schmecken können, die Geli Egger aus den Wildkräutern zubereitet hatte. Mit dieser Butter, den Schmankerln von Liebls Buffet, dem frischen Brot und den von der Ökomodellregion-Projektbetreuerin, Jessica Linner, frisch gegrillten Steckerlfischen verwöhnten die Gastgeber nämlich abschließend ihre Gäste bei einem Mittagessen am Bauernhofmuseum. So entstand bei einer „Waginger See Hoibe“ ein erster Eindruck, was den Freunden guter, regionaler Küche bei den mittlerweile zum sechsten Mal stattfindenden „Waginger Genusswochen“ ab dem 10. September so geboten wird. Der erste Eindruck, den der Geschäftsführer des Chiemgau-Tourismus, Stefan Semmelmayr, gewann, war jedenfalls schon mal sehr gut.
Erschienen in der Südostbayerischen Rundschau vom 29.08.2017; Anneliese Caruso