Autor: Helmut Floder, Lehrer am Annette-Kolb-Gymnasium
Beate Rutkowski griff den Begriff Nachhaltigkeit auf, den Schulleiter Bernd Amschler in seinem Grußwort angesprochen hatte und der für die Umweltschule AKG als Leitlinie dient. Es gehe darum, so erklärte Rutkowski den Begriff, dass alle Menschen auf der Erde jetzt und in der Zukunft dieselben Chancen auf eine selbstbestimmte Zukunft haben. Das bedeutet, dass die verfügbaren Ressourcen für alle Menschen – auch diejenigen, die in der Zukunft leben – verfügbar sein sollen. Für industrielle Produktionsprozesse bedeute dies, dass Metalle und die aufwändig zu gewinnenden Seltenen Erden nachhaltig gewonnen und genutzt werden, für die Lebensgrundlagen des einzelnen Menschen geht es um die Ressourcen Boden, Wasser und Luft, die Zerstörung und Verschmutzung ausgesetzt sind. Beate Rutkowski stellte klar: „Nachhaltig leben ist möglich!“ So würden die derzeit hergestellten Lebensmittel ausreichen, um zwölf Milliarden Menschen zu ernähren, von diesen Lebensmitteln wird jedoch eine große Menge an Getreide für die Fleischproduktion verbraucht.
Beate Rutkowski merkte an, dass es derzeit in vielen Ländern der Erde mehr Rinder als Menschen gäbe. Ebenso sei es ein Trugschluss, dass industriell hergestellte Lebensmittel die Basis für die Ernährung darstellten: 75 Prozent der Nahrungsmittelproduktion weltweit stammten aus kleinbäuerlichen Betrieben, und diese gelte es zu unterstützen, so die Kreisvorsitzende des BUND Naturschutz in Bayern. Der institutionelle Naturschutz, den der BUND mit seinen über 3000 Mitgliedern im Landkreis Traunstein vertritt, kann im Gegensatz zum behördlichen Umweltschutz frei von Weisungen aus der Amtshierarchie arbeiten.
Einen Schwerpunkt seiner Arbeit setze der Umweltschutzverband damit, Nachhaltigkeit umzusetzen, dies bedeute, sich z.B. für eine ökologische Landwirtschaft einzusetzen, die ohne Pestizide und ohne Gentechnik arbeitet. Klassische Zuchtwahl ist bekanntermaßen zeitaufwändig, biete aber den unschätzbaren Vorteil, dass sich neue Merkmale unter unterschiedlichsten Umweltsituationen bewährt haben, bevor sie zum großflächigen Einsatz kommen. Schnelle Ergebnisse aus genveränderten Pflanzen können genau dies nicht, die Wechselwirkungen mit der Umgebung können gerade auch wegen der Geschwindigkeit der Entwicklung nicht auf ihre langfristigen Auswirkungen abgeschätzt werden.
Auch die Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel steht für die Zielsetzung, den Ökolandbau zu fördern und mehr Landwirte zum langfristig erfolgreichen Umstieg auf einen Bio-Betrieb zu beraten, und setzt außerdem ökologische Projekte mit allen Landwirten um. Was bayernweit mit fünf Ökomodellregionen begann, ist im Moment auf zwölf Regionen angewachsen, in Bayern stehen weitere Ökomodellregionen in den Startlöchern. „Durch die Veränderungen in der Landwirtschaft, durch den Druck, mit weniger Arbeitskräften und größeren Maschinen mehr zu erzeugen, verändert sich auch die Landschaft“, führte Marlene Berger-Stöckl von der Ökomodellregion aus.
Im Biolandbau gibt es noch mehr Felder, auf denen Kleegras wächst, Dinkel angebaut wird oder der Laufener Landweizen extensiv gedeiht. Die Fruchtfolgen sind meist vielfältiger, durch den Verzicht auf Pestizide gibt es eine Begleitflora, die als Futtergrundlage für Insekten und Vögel dient, es gibt mehr Hecken und oft auch mehr Beweidung. Es herrscht damit ein anderes Erscheinungsbild, als wenn artenarme intensiv genutzte Wiesen und Maisfelder vorherrschen, allerdings ist der Bewirtschaftungsaufwand im Ökolandbau höher.
Mag das Landschaftsbild für einen Landwirt, der unter wirtschaftlichem Druck steht, nicht im Vordergrund stehen, so ist es für den Tourismus in einer Urlaubsregion sehr wohl von Bedeutung, ob die Gäste die Landschaft als ästhetisch und schön oder als monoton empfinden. Ein Ausweg aus der Spirale, immer mehr und das auch immer günstiger zu produzieren, könne der Umstieg auf Öko-Landbau sein. Allerdings sei wegen des höheren Aufwands für die Herstellung der Produkte und die damit verbundenen Umweltleistungen ein fairer, höherer Preis notwendig. „Nur wenn Verbraucher die Produkte zu einem fairen Preis abnehmen, können die Landwirte auch ökologisch wirtschaften.“
Auch wenn der Markt für Bio-Lebensmittel wachse, seien zum Beispiel Molkereien nur in dem Maße bereit, so viel an Bio-Milch abzunehmen, wie sie dann auch verkaufen könnten. Somit sei der Absatz der limitierende Faktor für umstellungswillige Landwirte. Für die Ökomodellregion sei es wichtig, dass sie mit allen Landwirten, konventionellen wie ökologisch arbeitenden, gemeinsam ökologische Projekte durchführt.
Eines dieser Projekte ist die Arbeitsgruppe „Streuobst und Artenschutz“ in der Ökomodellregion, der Beate Rutkowski vorsteht. Das Streuobst ist ein uralter Bestandteil der Landschaft, es diente den Menschen als wichtige Vitaminquelle. Viele verschiedene Obstbaumarten, unter die sich gerne auch ein Walnussbaum mogelte, waren später im Weg, weil sie den effizienten Maschineneinsatz behinderten oder für Wohnraum und Gewerbegebiete weichen mussten. Um die Ästhetik und den ökologischen Nutzen der Streuobstwiesen wiederzubeleben, werden innerhalb der Streuobstinitiative der Ökomodellregion in enger Kooperation mit dem Landschaftspflegeverband Traunstein, der dabei die Federführung hat, bis Herbst ca. 750 Bäume neu gepflanzt, die während ihrer Nutzung als Obstbäume vielen Arten als Offenland-Lebensraum zur Verfügung stehen. Im Wald ist der Bestand zu dicht und die Wiese allein bietet nicht den Lebensraum für viele Vogel- und Insektenarten sowie Fledermäuse, eine Funktion, die die Bäume später auch als Totholz haben werden.
Dass die beiden Vorträge die Schüler angesprochen haben, merkte man auch an der anschließenden ausdauernden Diskussion, für die sich Beate Rutkowski und Marlene Berger-Stöckl noch die Zeit nahmen und bei der sie auf die Argumente der Schüler eingingen.