Artikel vom 08.10.2019 aus der Südostbayerischen Rundschau, Hans Eder
Link zur Mediathek vom Sender RFO
Download Originalartikel
Dazu hatte sie ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt: Vom gemeinsamen Frühstück am Waginger Bauernmarkt ging es zur Obstbrennerei Franz Gramminger in Mauerham, wo der junge Betriebsleiter durch seine Brennerei und den seit 2019 bio-zertifizierten Obstgarten führte. In zwei großen Fässern lagert hier der erste Bioschnaps aus Äpfeln und Birnen, der bis zur Genussreife noch mindestens zwei Jahre braucht.
„Bei uns entsteht der milde Geschmack durch hochwertiges Obst, den handwerklichen Brand und die richtige Lagerung, wie in fast allen Kleinbrennereien, und nicht durch den Zusatz von Zucker und Aromastoffen, wie sie bei Produkten großer Brennereien enthalten sein dürfen“, erläuterte Franz Gramminger Junior. Ein Potential für seine neue Bioschiene sieht er künftig in sortenreinen Obstbränden, für die er mindestens 150 kg Obst pro Sorte braucht. „Hier hoffen wir auf Unterstützung durch die Ökomodellregion und den Landschaftspflegeverband beim Koordinieren, damit wir auch die notwendigen Mengen an Obstsorten von zertifizierten Obstwiesenbesitzern einsammeln können“, so Gramminger.
Einen kurzen Aufenthalt gab es an der Bäckerei Wenig in Tengling, die sich, wie auch die Bäckerei Huber aus Waging, vor kurzem dem Biobäckernetzwerk in der Ökomodellregion neu angeschlossen hat und seither Brote und Spezialitäten aus Getreide vom benachbarten Ökobauern anbietet. „Wir müssen es schaffen, dass sich regionale Kreisläufe wieder schließen, dass der Bäcker wieder vom Bauern beliefert wird, solang es noch Betriebe gibt, die handwerklich backen und mit den schwankenden regionalen Qualitäten auch umgehen können, und das am besten in Bio“, so Berger-Stöckl zu den Zielen der Modellregion.
An der Wallfahrtskirche St. Coloman stärkte sich die Gruppe mit einer Brotzeit mit bäuerlichen Produkten aus der Ökomodellregion und genoß den wunderbaren Blick über den Tachinger See, hoch über dem südseitig gelegenen Streuobstanger. Bärbel Forster, Sprecherin der Arbeitsgruppe Ernährung der Ökomodellregion, hatte ein vielfältiges Buffet angerichtet. „Die Zubereitung von Gerichten mit Urgetreide ist nicht nur äußerst gesund, sondern auch überraschend einfach, abwechslungsreich und wenig zeitaufwendig“, so Forster. Einhellig befanden die Besucher das Biobrotangebot aus Laufener Landweizen, Emmer und Buchweizen als saftig und schmackhaft.
Sigi Müller, pensionierter Geschichtslehrer aus Tengling, stellte in einer informativen Führung seine Nachforschungen zur Geschichte der gotischen Kirche St. Coloman vor, insbesondere zur Bedeutung des „Umgang-Altars“, und seine erfolgreiche Klärung der lateinischen Sinnsprüche aus dem 16. Jahrhundert. „Der ungeklärte Spruch gab mir lange Zeit Rätsel auf und weist jetzt nach seiner Entzifferung auf frühe Verbindungen aus Laufen, dem Entstehungsort unseres Altars, nach Nürnberg hin“, so der passionierte Heimatforscher.
Auf schönen Feldwegen – die Strecke war wie jedes Jahr ehrenamtlich von Tourenführerin Diana Linner aus Fridolfing geplant worden - ging es weiter zur nächsten Station, dem Naturlandbetrieb der Familie Gebhard-Kecht in Jakobspoint.
Anneliese und Sepp Gebhard-Kecht leiten einen Bio-Milchviehbetrieb mit 20 Kühen und sind beteiligt am „Waginger See Kas“. Über die mobile Käserei Chiemgau lassen sie frisch gemolkene Milch direkt ab Hof verkäsen. Außerdem können Kindergartenkinder, die teilweise bis aus München anreisen, Ferientage auf dem Hof verbringen. "Hier haben die Kinder oft das erste Mal Kontakt zu Tieren und zur Landwirtschaft. Wir können uns vor Anfragen kaum retten", so Anneliese Gebhard-Kecht. "Ein gutes Modell, damit Kinder wieder lernen, wo die Lebensmittel herkommen", fand auch Landtagsabgeordnete Gisela Sengl, die an der Radtour teilnahm.
Zum Abschluss besichtigte die Gruppe den Biokreis-Betrieb von Simon Angerpointner in der Ortsmitte von Taching, "einem Bio-Pionier unserer Region", wie Berger-Stöckl betonte. Simon Angerpointner baut seit fast vierzig Jahren den Laufener Landweizen an, und weitere historische Sorten wie den Tassiloweizen, die er an Bäcker in der Umgebung liefert. Seine Milchviehhaltung hat er vor Jahren aufgegeben und auf eine Mutterkuhherde mit Pinzgauern umgestellt. „Die Herde kann inzwischen bis Ende November auf der Weide bleiben, hier macht sich der Klimawandel bemerkbar“, so Angerpointner, der neben der Biolandwirtschaft auch ein profunder Kenner der Hofgeschichte ist. Die Wurzeln des Angerpointner-Hofs und der zugehörigen Hofmühle reichen zurück bis ins zehnte Jahrhundert. Faszinierend war für die Teilnehmer der Einblick in die mehrstöckigen baulichen Anlagen der historischen Mühle, die 1972 im Zuge des großen Mühlensterbens aufgegeben wurde, aber immer noch funktionsfähig ist.
Die Radtour endete im Strandkurhaus Waging, einem wichtigen Teilnehmer des Bio-Wirtenetzwerks seit 2018 und gefragtem Abnehmer für mehrere Bioerzeuger aus der Region.