Artikel aus der Südostbayerischen Rundschau vom 12.03.2020
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Rückstetten. Kurz vor der Kommunalwahl befasste sich der Ortsverband Teisendorf von Bündnis 90/ Die Grünen in Rückstetten unter dem Motto „Landschaft ist mehr wert“ mit den kommunalen Möglichkeiten zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft. Das teilen die Grünen in einer Presseaussendung mit.
Grünen-Bürgermeisterkandidat Edwin Hertlein wies als erster Redner darauf hin, dass die Bauern für ihre Produkte viel zu gering entlohnt würden. Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik der EU sei gewesen, den Bauern ein dem Facharbeiterlohn entsprechendes Einkommen zu sichern. Davon sei man heute meilenweit entfernt. Das viel zu geringe Einkommen der Bauern sei das Ergebnis einer seit Jahrzehnten falschen Agrarpolitik. Unter diesen Voraussetzungen auf kommunaler Ebene etwas für die bäuerliche Landwirtschaft zu tun, sei schwierig, jedoch nicht unmöglich. Als Beispiele nannte Hertlein etwa den Landschaftspflegeverband oder die Ökomodellregion.
Johannes Krumbachner, Kreisvorsitzender des Bund Deutscher Milchviehalter (BDM) im Landkreis Altötting, zeichnete den bislang erfolglosen Kampf seiner Organisation für einen höheren Milchpreis nach. Ziel seiner Organisation sei es gewesen, für die Milchbauern einen kostendeckenden Preis zu erzielen. Man habe fachlich fundierte, durch wissenschaftliche Studien belegte Konzepte hierfür erarbeitet, die den Steuerzahler keinen einzigen Cent gekostet hätten. Doch sei die Politik nicht bereit gewesen, diese Konzepte umzusetzen. Den Hauptgrund für den viel zu niedrigen Milchpreis sieht Krumbachner, der auf seinem 60-Hektar Hof in Kirchweidach 40 Kühe und 250 Legehennen hält, in der ungleichen „Machtverteilung“ auf dem Milchmarkt. In Bayern stünden rund 28.000 Milchbauern rund 60 Molkereien und fünf Lebensmittelkonzerne gegenüber. Weil die bisherige Strategie noch nicht zum Erfolg geführt habe, gehe man nun neue Wege. Zusätzlich zum Dialog mit der Politik setze man auf ein Bündnis der Bauern mit den Verbrauchern. Es brauche eine Art neuen Gesellschaftsvertrag zwischen Bevölkerung und Landwirtschaft, um Interessen wie Tierwohl und Artenschutz und eine auskömmliche Entlohnung für die bäuerliche Arbeit zu verbinden.
Marktgemeinderat Hias Spiegelsperger listet in seinem Vortrag die zahlreichen Aktivitäten der Ökomodellregion zur Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft in der Marktgemeinde auf. So habe es eine ganze Reihe von Infoveranstaltungen und Exkursionen, unter anderem zum Betrieb von Thea Götzinger in Stötten, gegeben. Die Biozertifizierung des kommunalen Schlachthofes in Laufen helfe auch Teisendorfer Betrieben. Beim Projekt Laufener Landweizen sei die Bäckerei Neumeier hervorragend eingebunden. Mit der Surmühle gebe es eine gute Zusammenarbeit bei Biobraugerste, Biodinkel und Biohafer. Zahlreiche Teisendorfer Landwirte wären auf der Bioerzeugerliste der Ökomodellregion vertreten und würden an allen Infoständen und der Webseite der Ökomodellregion beworben. Über die genannten Beispiele hinaus gebe es noch zahlreiche weitere Aktivitäten der Ökomodellregion zur Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft. Deshalb wolle er sich im neuen Gemeinderat dafür einsetzen, dass die Marktgemeinde auch nach Ablauf der derzeitigen Förderperiode weiterhin Mitglied in der Ökomodellregion bleibt.
Sebastian Kettenberger, Biobauer aus Tittmoning - er betreibt einen 27 Hektar Mischbetrieb mit Gemüseanbau, Kälberaufzucht, Legehennen und Masthennen -, stellte das jüngste „Kind“ der Ökomodellregion vor: eine Vermarktungsplattform im Internet. Ziel dieser Plattform sei es, einen einfachen und unkomplizierten Kontakt zwischen Erzeugern und Verbrauchern herzustellen. Auf dieser Plattform könnten Erzeuger ihre Produkte darstellen. Die Verbraucher wiederum können auf dieser Plattform die gewünschten Produkte bestellen. Geliefert würde die Waren von einem bereits im Lieferservice tätigen Betrieb, dem Leckerhof in Laufen. Kettenberger ist sich sicher, dass sich mit diesem Angebot die Wertschöpfung bäuerlicher Betriebe steigern lasse.
Zum Schluss der Veranstaltung ließ die Grünen-Gemeinderatsfraktionsvorsitzende Elisabeth Aschauer ihre Erlebnisse ihren Kampf für die Belange der bäuerlichen Landwirtschaft Revue passieren. Weltweit sei die bäuerliche Landwirtschaft unter Druck. Der Grund dafür sei, dass heutzutage Grund und Boden eine der lohnendsten Möglichkeiten zur Erzielung hoher Renditen für Finanzinvestoren sei. Bauern seien für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf dem Land extrem wichtig. Viele Verbände und Vereine würden ohne das Engagement der bäuerlichen Familien nicht existieren. Deshalb sei die Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft durch die Kommunen notwendig.