Samstagnachmittag, Sonne und Wolken wechseln sich ab. Zumindest regnet es nicht. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Töpfe, Grappen, Teller, Löffel, Messer, Schneidebretter, Trinkbecher und noch einiges mehr werden zusammen gepackt und in das Bauernhaus getragen. Neben Weidenkörben mit feinsten bio-regionalen Lebensmitteln, wartet eine Feuerstelle auf ihren Einsatz. Michaela Hahn und Antje Grüner sprechen sich ein letztes Mal ab, dann begrüßt die Projektmangerin der Öko-Modellregion Stiftland die Gäste pünktlich 14Uhr am Eingang. Der Kurs ist mit 11 angemeldeten Personen ausgebucht.
Gemeinsam gehen sie zum Bauernhaus, welches die Zeit um 1150 n. Ch. wiederspiegelt. Dort wartet, vor der Tür Micha. Sie ist heute unsere Gastgeberin. Nach der Begrüßung durch Antje, begrüßt auch Micha Ihre hohen Gäste und wäscht Ihnen für die damalige Zeit standesgemäß die Hände. Dazu nutzt Sie eine Aquamanille in Ziegenform mit Wasser. Danach dürfen sich alle einen Platz im Bauernhaus an einem der beiden Tische suchen. Sehr beengt ist es und düster. Auf der Feuerstelle züngeln schon die Flammen.
Zeitlich befinden wir uns im Hochmittelalter: das Feuer wärmt und erhellt auch den Innenraum des Bauernhauses. Lichtquellen sind an diesem Tag zwei Kerzen und die Tageshelligkeit die durch die Türöffnung fällt. Der Bio-Erlebnistag hat zur Aufgabe über Bio-Lebensmittel aus der Region aufzuklären und diese in Szene zu setzen. Es werden ausschließlich Zutaten verwendet, welche zur damaligen Zeit in dieser Region verfügbar waren: Zwiebeln, Graupen, Eier, Käse, Lauch, Knoblauch, ein von der Gastgeberin Micha frisch gebackenes Brot mit Bio-Mehl aus der Region und einigen weiteren Zutaten.
Die Kursteilnehmer konnten sich aber nicht einfach zurücklehnen, sondern wurden für das Vorbereiten eingespannt. So wurde gemeinsam an der langen Tafel fröhlich gehackt, geschnitten, gefachsimpelt, zugehört und natürlich sich ausgetauscht. Währenddessen erzählte Micha über die historischen Ursprünge der Zutaten und Antje über die Produktion der Bio-Lebensmittel, Bezugsquellen und Betriebe in der Region.
Das Schweinefleisch kam beispielsweise vom Biometzger Kajetan Merkel aus Waldeck, das Gemüse von Roswitha Ulrich und Simon Rauch, die Eier von Familie Fuhrmann und das Emmervollkornmehl ebenso die Graupen von der Gailertsreuther Mühle. Mit den Kirschen und Äpfeln, die jeweils aus Naturgärten stammen, gab man noch wertvolle Hinweise auf Streuobst und dem gelben Band.
Die drei Gänge bestanden aus einer Apfelsuppe, einer Ferkelsuppe und krummen Krapfen mit Kirschsoße. Alle drei Gerichte - eine Gaumenfreude für sich! Feinabgestimmt mit Gewürzen, die es auch im 14.Jhd gab, von Wurdies.
Warum passen Bio und Geschichte zusammen?
Als Beginn der Entwicklung des modernen ökologischen Landbaus kann der Juni 1924 in Betracht gezogen werden. Also ein direkter Vergleich mit dem Mittelalter kann nicht stattfinden, aber ....
Bis die Industrialisierung ihren Siegeszug feierte, wurde der Landbau sehr naturnah und authentisch betrieben. Wenn man den Landbau betrachtet, war doch die Landwirtschaft ein durch die Natur getragener und beeinflusster Kreislauf. Es gab die Dreifelderwirtschaft. Durch den in der Tierhaltung anfallenden Dung wurden die Nährstoffe wieder dem Kreislauf zurückgeführt. Diese Ur-Landwirtschaft entwickelte sich im Laufe der Zeit recht einfach und langsam. Erst die große Agrarrevolution Mitte des 18Jhd., in der es viele Neuerungen gab, in technologischer sowie züchterischer Sicht, entwickelte sich die Landwirtschaft hin zu einer anderen Bestimmung. Als dann noch Düngemittel entwickelt, produziert, und in der Agrarwirtschaft eingesetzt werden; trennen sich die Gemüter. Die Vorzüge der Erhöhung der Schlagleistung vor allem im Ertrag, war natürlich ein voller Erfolg. Doch wurde diese Entwicklung durch eine Vielzahl von Agrarökonomen, Agrarwirtschaftler und Wissenschaftler aber auch streng beäugt und als nicht empfehlenswert eingestuft. Sie betrachteten nicht nur die glänzende Seite der Medaille. Sondern waren Sprecher für die Seite der Natur/der Gottessschöpfung, der man damit schadete!
eigene Anmerkung: Natürlich war nicht immer alles rosarot, es gab Missernten, Ernteausfälle durch Insektenplagen durch Extremwetterereignisse. Aber die Natur zeigt uns auch heute noch eindringlich, das wir als Mensch nicht alles in der Hand haben, trotz Pflanzenschutz- und Düngemittel. Ein natürlicher ausgeglichener Umgang mit unserer Umwelt, unter einer Öko-Kontrolle als Schutz für unsere Nützlinge und Böden, bringt natürlich nicht die von den Konzernen erwünschten Erträge, aber der Menschheit ein Stück Natur und Gesundheit und Frieden. Dies soll nicht heißen, das im Mittelalter alles schön war, auch diese Menschen hatten einen täglichen Kampf mit Hunger, Krankheiten und höheren Mächten.