Idyllischer geht es kaum: Auf dem Schlossmühlenhof Filser in Biessenhofen bei Marktoberdorf im Ostallgäu, die Gipfel der Allgäuer Alpen in Sichtweite, wird seit bald 200 Jahren Landwirtschaft betrieben. Auf der historischen Hofstelle, auf der sich das Mühlrad zwar nicht mehr dreht, aber immerhin schön in Szene gesetzt den Garten vom Mühlbach trennt, lebt und arbeitet Familie Filser nun in sechster Generation von und mit der Landwirtschaft. Seit 2011 ist der Milchviehbetrieb Bioland-Mitglied.
Im Garten des Schlossmühlenhofs treffen sich Betriebsleiter Michael Filser und Koch und Küchenchef Thomas Huth vom Cateringunternehmen „Lausfehl“ zum Austausch über die „regionale Kooperation zwischen Erzeuger und Außer-Haus-Verpflegung“, wie es im Projekt heißt – und de facto über ihre seit einigen Jahren gute, vertrauensvolle und direkte Zusammenarbeit.
Unterstützt vom Bioland-Verband, vor allem aber angespornt von der Nachfrage des hiesigen Gastronomen vom Gasthof Stegmühle, ob er ihm nicht regelmäßig regionales Biorindfleisch für seinen Gasthof liefern könne, habe er begonnen, Weiß-Blaue-Belgier als Fleischrasse in seine Braunviehherde einzukreuzen und so sowohl die reinrassigen männlichen Kälber als auch die weiblichen Kreuzungstiere selber großzuziehen und zu vermarkten.
„Damals hat uns Corona in die Hände gespielt, die Fleischvermarktung war quasi ein Selbstläufer“, meint Filser. Denn zusätzlich zum Gasthof, der während des Lockdowns Essen „to go“ verkauft hat, konnte Michael Filser sein Kalbfleisch auch noch über den benachbarten Edeka-Markt vermarkten.
Startbooster von der ÖMR
Doch nicht nur Corona sei ein Booster gewesen. „Die Öko-Modellregion Ostallgäu hat diverse Beiträge über unseren Betrieb und den Kalb- und Rindfleischverkauf in den Medien lanciert; das hatte natürlich einen riesigen PR-Effekt“, freut sich der Biolandwirt noch heute über diesen gelungenen Start. Schrittweise habe sich Filser einen kleinen, feinen Kundenstamm erschlossen, zu dem später auch noch die Küche des Chalet-Dorfes Alpzitt in Burgberg, der Feinkostladen seines Großcousins in Bad Wörishofen - und bald auch „Lausfehl-Catering“ von Thomas und Sabine Huth gehörten. „Ihnen allen fehlte noch Bio-Kalb!“, schmunzelt Michael Filser.
Gute PR fürs Biokalbfleisch macht übrigens dabei nicht nur die Öko-Modellregion. Familie Filser hat auch drei Wohnmobilstellplätze auf einer hausnahen Wiese. „Die Gäste dürfen bei uns zu günstigen Konditionen campieren, wenn sie im Gegenzug unsere Hofprodukte einkaufen. Dafür haben wir eine Verkaufshütte gebaut und ganz bewusst keinen Verkaufsautomaten!“, betont Filser und erklärt weiter: „Ich möchte mit den Gästen in Kontakt kommen und ihnen unsere Biolandwirtschaft zeigen und erklären. Sie dürfen auch gerne in die Ställe schauen. Das ist meine Art der Imagepflege.“
Portioniert und am Stück
Schlachten lässt Michael Filser die Tiere in einem EU-Bio-zertifizierten Schlachthaus in einem etwa 5 km entfernten Nachbardorf. „Ich bringe_ die Kälber selber hin und den eigenen Metzger gleich mit. Stressfreier geht es nicht“, ist der Biobauer überzeugt. Sein Metzger zerlegt die Tiere nach dem Schlachten und macht die Kisten für die Gastronomie fertig, Filser wiederum vakuumiert für den Verkauf ab Hof und im Laden. Verwertet werden die ganzen Tiere. Aus den Innereien, die zum Beispiel das Chalet-Dorf nicht abnimmt, zaubern die Stegmühle und sein Sohn Kilian die tollsten Speisen. „Mein Sohn wird Koch und ist ganz scharf auf Lunge, Herz und Nieren!“, lacht Michael Filser.
„Bei Anruf Bio“
Thomas Huth hat also in seinem Unternehmen damit begonnen, ganze Produktgruppen nach und nach auszutauschen. „Wir haben mit den Eiern angefangen, diese beziehen wir zu 100 % vom Biohof Rauh in Stötten. Weitergemacht haben wir mit Öl zum Braten und Kochen, das beziehen wir von der Allgäuer Ölmühle, die ganz knapp schon in der Öko-Modellregion Oberallgäu liegt“, so Huth augenzwinkernd. Danach habe er den Mehl-Bezug umgestellt, das kommt nun, zu 100 % Bio, von der Donath-Mühle in Bad Wörishofen. „Der Kontakt und die Bestellungen funktionieren unter den Mitgliedsbetrieben der Öko-Modellregion ganz unkompliziert über WhatsApp-Gruppen“, zeigt sich Huth froh über die direkte, vertrauensvolle Kommunikation.
Auf Filsers Biokalbfleisch sei er über Michael Filsers Initiative gestoßen. „Michael hat mich angerufen und gefragt, ob ich mit Kalbshackfleisch etwas anfangen könne. Na klar konnte ich das!“ Und so seien die ersten Pakete mit Hackfleisch bei ihm in der Küche gelandet. „Mein Bio-Gulasch konnte ich bei ihm leider nicht loswerden, das verarbeitet mein Privatkoch Kilian und wir frieren es, als Fertiggericht vorbereitet, für unsere Wohnmobilgäste ein“, ergänzt Biolandwirt Michael Filser lächelnd. Und Thomas Huth gibt aus Sicht des pragmatisch kalkulierenden Einkäufers und Verarbeiters zu bedenken, dass Gulasch zum einen natürlich teurer sei als das Hackfleisch. „Zum anderen habe ich bei Gulasch mengenmäßig einen höheren Wareneinsatz. Dadurch kommt das mit meiner Kalkulation nicht hin. Möglicherweise finden wir da in der Zukunft noch Lösungen, aber im Moment ist das so.“ Bis dahin genießen die Kinder Bolognese, Frikadellen und Burgerpatties auf dem Mittagstisch.
Verarbeite Gutes - und rede darüber!
Thomas Huth betont, dass er sehr offen, transparent und detailliert kommuniziere, woher das gute, regionale Biofleisch kommt. „Wir schreiben die Herkunft in unsere Speisepläne“, sagt er. Mit dem Ergebnis, dass schon öfter Eltern auf Anraten ihrer von der Bolognese oder dem Fleischpflanzerl begeisterten Kinder zu Michael Filser auf den Hof gefahren sind, um sich dort die Biolandwirtschaft zeigen zu lassen. „Kinder sind die besten Multiplikatoren, wenn es um gutes Essen und gute Lebensmittel geht“, wissen die beiden ganz genau.
Mittlerweile hat Thomas Huth seinen Bio-Anteil bei „Lausfehl“ auf 35 % ausgedehnt. „Wir beziehen Bioprodukte nun auch über die Grenzen der Öko-Modellregion hinaus, da wir größere Mengen beim Biogroßhandel einkaufen. Dabei geht es vor allem um Trockenprodukte, Hülsenfrüchte, aber auch Tomaten und Molkereiprodukte, die wir von der Andechser und Berchtesgadener Biomolkerei in größeren Einheiten beziehen“, erläutert Huth.
Keine Sorge vor der Umstellung
Um den Großküchen und Caterern, vor allem aber auch den meist öffentlichen Trägern von Gemeinschaftsverpflegung die Sorge zu nehmen, den Einbezug von regionalen Biolebensmitteln finanziell nicht stemmen zu können, um die Hemmschwelle für eine sukzessive Umstellung auf „Bio in der AHV“ zu senken, machen Thomas Huth und Michael Filser gemeinsam mit Lisa Mader auf Veranstaltungen der Öko-Modellregion Ostallgäu Mut. „Wir haben die Preise für unser Mittagsmenü in den Kitas nicht erhöhen müssen, weil der Bioanteil gestiegen ist!“, versichert der Lausfehl-Caterer. Projekte wie „MAHLZEIT“ sollen zeigen, wie es klappen kann mit der regionalen Kooperation zwischen Erzeuger und Außer-Haus-Verpflegung, die es zu angemessenen Preisen für alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette und am Ende auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher geben sollte.
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