Das heißt: Wer im Blumenthaler Biergarten einen Brotzeitteller bestellt, bekomm tBio-Ware aus der Region. Vorher stammte die Wurst zu großen Teilen aus österreichischer Bio-Produktion. Jetzt muss zumindest die Wurst„ nicht mehr kilometerweit durch die Gegend gekarrt werden“, bringt es Tino Horack auf den Punkt. Was zunächst nach keiner großen Sache klingt, ist einer der Erfolge der Öko-Modellregion, deren Ziel es ist, den Ökolandbau im Landkreis auszubauen, mehr regionale Bio-Produkte auf den Teller zu bekommen und das Bewusstsein für Ernährung und Nachhaltigkeit in der Bevölkerung zuschärfen. Blumenthal kann getrost als Leuchtturm nachhaltiger Entwicklung in der Region bezeichnet werden. Das Gemüse etwa, das im Biergarten, Hotel und Restaurant auf den Teller kommt, stammt aus der solidarischen Landwirtschaft (Solawi) auf dem Schlossgelände, der Fisch und das Rindfleisch aus Sielenbach. Wie bestellt biegt Gärtnerin Biggi Häussler mit einem Fahrrad um die Ecke und liefert frische Salatköpfe und etwas Borretsch an die Restaurantleiterin. Die Solawi, in der man gegen einen gewissen Beitrag Mitglied werden kann, hätte heuer laut Tino Horack etwa 20 Mitgliedsanfragen mehr gehabt als im Vorjahr. Das ist für den Blumenthal-Geschäftsführer der aktuellen Situation geschuldet. Horack ist überzeugt, dass „die Leute Gesundheit und auch Ernährung einen höheren Stellenwert beimessen werden“. Um Profit geht es dabei in Blumenthal nicht. Wichtiger sei die Wertschätzung unter den einzelnen Berührungsgruppen zu steigern, sprich: fair und nachhaltig als Gastronomen, Lieferanten und Landwirte zusammen zu arbeiten und niemanden „übe rden Tisch zu ziehen“. Als „Gegenbewegung“ zum Preisdruck in der konventionellen Erzeugerkette, in der möglichst billige Ware wichtig ist, versteht Kathrin Seidel die durch die Öko-Modellregion koordinierte Schaffung neuer Lieferketten.
Ein Baustein davon ist zum Beispiel das Bruderox-Projekt der Modellregion, in dessen Rahmen männliche Kälber aus der Milchviehhaltung im Bio-Bereich aufgezogen und als Ochsen vermarktet werden. Hier ist laut Seidel allerdings noch Luft nach oben. Im vergangenen Jahr hätten 300 Ochsen vermarktet werden können, nur zwei konnten allerdings an den Mann oder die Frau gebracht werden. Der Rest ging auf den konventionellen Markt. Ein Grund dafür ist sicher auch das nicht ganz ausgereifte Marketing unter Bio-Erzeugern. Hier will die Öko-Modellregion ebenso unter die Arme greifen. (Fort-)Bildung spiele laut Seidel eine große Rolle im Projekt. Und auch seitens der Verbraucher sei noch Aufklärungsarbeit nötig. Die stehen nämlich immer am Ende der Wertschöpfungskette, sind allerdings oftmals abgeschreckt von vermeintlich höheren Preisen für Bio-Produkte und greifen zur günstigeren Alternative. Betrachtet man laut Seidel allerdings den Weg des konventionellen Fleisches, rechnet niedrige Löhne für Gastarbeiter, Nitrateintrag im Grundwasser und lange Transportwege mit ein, sei der „wahre Preis“ deutlich höher. Die Öko-Modellregion und deren Projekte verstehen sich als Prozess hin zu einer nachhaltigen Zukunft. Bei der Verarbeitung von Wurst aus der Region soll es in Blumenthal nicht bleiben. Auf Dauer können sich alle Beteiligten vorstellen, mehr Fleisch aus der Region zu verarbeiten. „Aktuell reicht die Menge noch nicht aus“, sagt Marie Hoffmann. Allein für ihren Schweinekrustenbraten bräuchte sie wöchentlich um die 160 Kilogramm Fleisch.
Beitrag von Bastian Brummer aus der Aichacher Zeitung