Dem Boden verbunden - Rückblick auf das Seminar Bodenfruchtbarkeit und Humusaufbau –
Das Seminar war Teil des Bundesprogrammes Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) - initiiert und finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Die Veranstaltung fand in der Umweltbildungsstätte Oberelsbach, in der die Teilnehmer mit vorwiegend bio-regionalen Lebensmitteln gut versorgt wurden und auf Flächen des Bio-Betriebes Abe in Urspringen statt. Mit 30 Teilnehmern – konventionell und ökologisch und in Haupt- und Nebenerwerb wirtschaftenden Landwirtinnen und Landwirten war das Seminar ausgebucht, und das mit gutem Grund.
Das Wissen darum, wie Bodenfruchtbarkeit erhalten und Humus (wieder-)aufgebaut werden kann, legt die Grundlage für landwirtschaftliche Betriebe. Der Klimawandel fordert die Beschäftigung damit ein, denn ein fruchtbarer und humusreicher Boden hat nicht nur eine gute Klimabilanz, sondern zeigt auch die größte Resilienz gegenüber Klimastress. Welche Bewirtschaftungsmethoden sollen Landwirte wählen? Und wie können sie ihre Ackerböden besser verstehen und deren Zustand richtig einschätzen, um Maßnahmen zu ergreifen, die den Boden optimal auf die Herausforderungen der nachhaltigen Ertragsstabilität und den Klimawandel vorbereiten? Das sind die Fragen, die sich Landwirte – ob bio- oder konventionell stellen müssen. Das Seminar versuchte Antworten zu geben – klar wurde, dass diese allerdings nur mit den Landwirten gemeinsam gefunden werden können. Denn beim Boden gibt es alles nur einmal, wie Christoph Felgentreu, IG Boden, der Referent des ersten Seminartages erklärte. Es sind viele Faktoren, die im Zusammenspiel darüber entscheiden, ob ein Boden fruchtbar ist und die Pflanzen gut ernähren kann. Dazu zählen neben der Bodenchemie (dem Ausgansgestein und der Zusammensetzung der Nährstoffe im Boden, u.a. dem freien Kalk-Gehalt, der wiederum wichtig ist für die Bildung der Ton-Humus Komplexe ist), die Bodenbiologie und die Bewirtschaftungsform.
Mit Vorträgen zur Bodenfruchtbarkeit führte Felgentreu umfangreich in die Thematik ein. Zum Aufbau der Bodenfruchtbarkeit ist eine möglichst ständige Bodenbedeckung – z. B. durch Zwischenfrüchte entscheidend. Dagegen sind anorganische Dünger und chemische Pflanzenschutzmittel nicht gut für die Bodenfruchtbarkeit. Andersherum schafft ein gesunder Boden gesunde Pflanzen, die wiederum weitaus weniger anfällig für Schädlinge und Krankheiten sind. Die optimale Zusammensetzung der Bodenchemie in Kombination mit eine intakten Bodenbiologie- zu der neben Regenwürmern auch massenhaft Kleinstlebewesen zählen, führen zu einer hohen Infiltrationsrate. Und diese ist die Voraussetzung dafür, dass der Boden das Wasser, wenn es dann mal kommt (und dann ja häufig in kurzer Zeit sehr viel) auch optimal aufnehmen kann und kein oberflächiger Abfluss mit verbundener Erosion stattfindet. Bei praktischen Übungen auf dem Feld konnte Felgentreu diese Zusammenhänge auch erklären. An einem extra ausgehobenen Bodenprofil konnten die TeilnehmerInnen den Aufbau der Bodenstruktur studieren und mit unterschiedlichen Tests konnte der Boden bewertet werden. U.a. zeigte Felgentreu (siehe Foto) wie mit einer einfachen Röhre ein Infiltrationstest gemacht werden kann, der Aufschluss darüber gibt, wie gut der Boden das Wasser aufnimmt.
Am zweiten Seminartag stellte Stefan Junge, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Kassel alternative Bewirtschaftungsformen mit Direktsaat und Mulch vor. – Auch hier wurde deutlich, dass Pflanzen, die optimal versorgt sind, z.B. durch Zwischenfrüchte und Mulch- in diesem Fall Kartoffeln – sogar weit weniger am Kartoffelkäfer leiden. Die Käfer fliegen die gesunden Pflanzen zwar auch an, vermehren sich allerdings wesentlich langsamer.
Die Empfehlung von beiden Referenten geht dahin, das Pflügen möglichst zu reduzieren, da bei jeder tiefen Erdbewegung nicht nur Wasser verdunstet, sondern auch der Boden zu ungunsten der Bodenlebewesen durchmischt wird. Andererseits sollte möglichst auf chemische Pflanzenschutzmittel verzichtet werden. Die pfluglose Bodenbearbeitung im Biobetrieb ist die Königsdisziplin- die viel Erfahrung bedarf- dann aber funktionieren kann, wie z.B. ein extra aus Schleswig Holstein angereister Teilnehmer berichtete, der seit 20 Jahren seinen Biobetrieb pfluglos bewirtschaftet und trotzdem oder gerade auch deswegen immer wieder Zeit in seine Weiterbildung investiert.
Mit Hilfe der erweiterten Spatenprobe, die am Nachmittag geübt wurde, können die Landwirte relativ schnell und günstig beurteilen, wie es um die Bodengare ihres Feldstückes bestellt ist, und ob es Verdichtungen im Boden gibt. An diese Erkenntnisse sollen dann die nächsten Bewirtschaftungsschritte – die Fruchtfolge und die Bodenbearbeitung angepasst werden …
Ein weites Feld – aber eines welches doch auch Lust macht zu gestalten. Eine Teilnehmerin, die schon öfter an Bodenseminaren teilgenommen hatte sagte: „Je mehr ich über den Boden dazulerne, desto mehr wird mir klar, wie wenig ich weiß“ -. Eine Aussage, die auch Wissenschaftler bestätigen, denn über die Biodiversität im Boden ist bisher noch sehr wenig bekannt. Andererseits machte das Seminar auch möglich, dass es sich lohnt, vom Trecker zu steigen und den Boden wieder in die Hand zu nehmen! Denn mit dem Verständnis für die biologischen Zusammenhänge wächst auch die Möglichkeit zu gestalten. Dann sind wir – die Bauern- letztlich nicht nur Ausgelieferte der Klimakrise sondern wir haben es in der Hand unsere Bewirtschaftung aktiv zu gestalten und mit dem Klimawandel umzugehen!
Mit vielen Anregungen und gleichzeitig vielen Fragen und der Hausaufgabe, ihren Boden besser kennenzulernen gingen die Landwirtinnen und Landwirte am Ende des zweiten Tages nach Hause. Die Aufgabe ist groß – die Motivation auch.