Greßthal. Ganz neu ist es – das Frische-Küche-Konzept des Kinderhaus St. Bartholomäus Greßthal. Kindergartenleiterin Gerlinde Lachmann und Tanja Full sowie Susanne Dems von der Trägerschaft des Kindergartens beschäftigten sich intensiv mit der Umsetzung. Als Vorbild diente der Kindergarten in Westheim bei Hammelburg, der bereits seit 2011 erfolgreich eine Frische-Verpflegung anbietet und besonderen Wert auf den bio-regionalen Bezug seiner Lebensmittel legt. Nach erfolgreicher Sanierung des Kinderhauses bot sich nun auch dort die Chance, eine neue Küche einzubauen sowie das Verpflegungskonzept zu überdenken und neu zu organisieren. Nun wieder umgezogen in das sanierte Kindergartenhaus, eine Küche, die den Vorgaben der Lebensmittelkontrolle standhält eingebaut und eine Köchin eingestellt kann es auch im Kinderhaus in Greßthal losgehen.
Und wie fängt man jetzt an?
Was ist für eine kindgerechte Speiseplangestaltung, für eine praxistaugliche Küchen- und Lagerausstattung oder aber beim Aufbau eines Liefernetzwerks mit bio-regionalen Produkten zu beachten? Welche Erfahrungswerte für die Mengenkalkulation für die kleinen und größeren Esser gibt es? Fragen über Fragen stellten sich Gerlinde Lachmann und der neuen Küchenchefin Doreen Maar.
Ihnen greifen Michael Müller, Küchenleiter der Waldorfschule Würzburg, Beate Laumeyer von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Unterfranken am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Würzburg und Anna-Katharina Paar, Projektmanagerin der Öko-Modellregion Oberes Werntal unter die Arme. Denn das Kindergartenhaus Greßthal hatte sich erfolgreich für das BioRegio-Coaching beworben, welches über das Landesprogramm BioRegio Bayern 2020 vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert wird. Michael Müller begleitet als BioRegio-Coach die Einrichtung und bringt seine Erfahrung sowie viele Tipps und Tricks mit ein. Er selbst verköstigt täglich bis zu 200 Kinder und setzt dazu bis zu 70 % Bio-Erzeugnisse in der Verpflegung ein.
Bestandsaufnahme von Küchenausstattung und Lagermöglichkeiten
Wo wird gekocht, wie erfolgt die Essensausgabe, wie viel Lagerkapazität ist vorhanden? Los ging es am ersten BioRegio-Coachingtag mit einer Bestandsaufnahme. Dabei wurden die Essens- und Lagerräume sowie Raumaufteilung und Ausstattung der Küche unter die Lupe genommen. Zur Küchenausstattung meint Michael Müller „Tiefe Bleche kann man nie genug haben“. Er nutzt sie nicht nur für Blech-Kuchen sondern auch zur Reiszubereitung im „Kombidämpfer“ oder als „Zwischenlager“ für abgekochte Nudeln. „Der Bedarf an ausreichend Kühlschrankkapazitäten ist nicht zu unterschätzen“, merkt Michael Müller weiter an. Neben den Milchprodukten bewahrt er darin das gesamte frische Obst und Gemüse auf, das für die Woche benötigt wird. Ausreichend Kühlkapazitäten verlängern die Belieferungs- bzw. Einkaufsabstände und damit bleibt mehr Zeit fürs Kochen. „Hier lässt sich doch gut kochen“, die Praktiker Michael Müller und Beate Laumeyer (Fachzentrum für Gemeinschaftsverpflegung) schätzen Küche und Lager als gut geeignet, klein und fein ein.
Das Verpflegungskonzept
Das Konzept des Kinderhauses in Greßthal sieht ein tägliches Frühstück, vier Tage die Woche warmes Mittagessen und freitags Brunch für die Krippen-, Kindergarten- und Schulkinder der Mittagsbetreuung vor. „Die Kinder kommen ohne Tasche und es wird gemeinsam mit den Erzieherinnen in den Gruppen gegessen“, so Gerlinde Lachmann. Doreen Maar kümmert sich um den gesamten Lebensmitteleinkauf und die warme Mittagsverpflegung. „Insgesamt ein stimmiges Konzept“, kommentiert Michael Müller.
Gutes Grundgerüst
„Gerade am Anfang ist es besonders wichtig Zeit in die Ausgestaltung der Speisepläne und Mengenberechnung zu investieren, “ so Michael Müller. Gerichte mit Grundkomponenten, wie Nudeln, Kartoffeln, Getreidearten, Reis oder Teige sollten jede Woche den Wochentag wechseln, damit die „Montagskinder“ nicht immerzu Nudelgerichte bekommen. Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten im Speiseplan zu finden sein, d. h. täglich Gemüse, viel Vollkornprodukte, einmal wöchentlich Fisch oder Fleisch.
Auf den Geschmack kommen durch das Angebot von getrennten Komponenten
Gerade kleine Kinder essen Komponenten oft lieber einzeln als gemischt in beispielsweise einem Auflauf. Aus der Praxis empfiehlt Michael Müller daher den angedachten Erbsen-Käse-Nudelauflauf als Nudeln mit Erbsengemüse und Käsesoße anzubieten. Bietet man als Alternative zu den Erbsen zusätzlich auch ein Karottengemüse an, fällt es den Erzieherinnen leichter die Kinder an für sie neue Geschmäcker heranzuführen. Ein Löffel mit Erbsen, Pastinaken, Linsen oder Sauerkraut probiert sich leichter, wenn als Alternative etwa eine Tomate wartet falls die Kleinen noch nicht auf den Geschmack gekommen sind.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Kindgerecht, abwechslungsreich, die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) berücksichtigend, ins Budget passend und soweit möglich Bio-Produkte aus der Region verwendend, kann sich das Ergebnis sehen lassen. Nach der Fertigstellung des 4-Wochen-Speiseplans mit groben Mengenangaben, angepasst an den Bedarf des Kinderhauses in Greßthal qualmten die Köpfe.
Als nächste Schritte stellt Anna-Katharina Paar die Kontakte zu bioregionalen Erzeugern und Großhändlern her und Ende September wird gemeinsam Bilanz gezogen. Anschließend wird das Kinderhaus St. Bartholomäus Greßthal, sowie fünf weitere Kindergärten in Unterfranken am „Coaching Kitaverpflegung“ des Fachzentrums für Ernährung und Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen und dort die Erfahrungen mit dem Einsatz von bio-regionalen Lebensmitteln einbringen.
Bürgermeister Anton Gößmann, Sprecher des Handlungsfelds „Landnutzung“ der Interkommunalen Allianz Oberes Werntal freut sich über die Offenheit des Kindergartens Bio-Produkte von regionalen Landwirten einzusetzen. „Ein Konzept von dem alle profitieren - Kinder, Eltern, Erzieher und Landwirte - vom Feld bis zum Teller. Ich hoffe, dass viele Einrichtungen der Gegend dem Beispiel folgen und Lust bekommen Bio-Ware der Region einzusetzen“, so Anna-Katharina Paar.
Siehe auch Abschlussbericht: 75 % Bio-Anteil im Kindergarten Greßthal