Kartoffeln und Gemüse, Mehl, Nudel, Käse oder Fleisch in Bioqualität bringt Benedikt Karg von Kronungen ins benachbarte Oberwerrn. Nicht alles kann der Bio-Landwirt selbst produzieren, etliche Erzeugnisse holt er von Kollegen aus der Umgebung. „Jeder hat sich ja irgendwie spezialisiert“, weiß er. Einiges muss er auch über den Bio-Großhandel bestellen, „Joghurt zum Beispiel. Den gibt’s hier nicht“.
Karg besorgt für den Kindergarten all das, wofür die dortige Köchin keine Zeit hat. Er nimmt nach deren Speiseplan die Bestellung entgegen, macht auch Vorschläge, welche Feldfrüchte gerade Saison haben. Er garantiert kurze Wege, die Wertschöpfung bleibt in der Region.
Seit September, mit der Eröffnung des „Haus des Kindes“ in Oberwerrn, werden dort täglich etwa 90 Essen in der Frischeküche gekocht, 120 sind möglich. „Wir stehen noch am Anfang, wir sind noch nicht ganz voll“, erklärt Kirsten Nicklaus vom Leitungsteam. Mit ihrer Kollegin Petra Schröder wollte sie schon lange täglich ein warmes und gesundes Essen auf den Tisch bringen, was mit der neuen Frischeküche nun möglich ist.
Beiden ist wichtig, dass die Kinder in Gemeinschaft und ohne Druck ganz unbedarft an das Essen herangehen. „Wir merken, wie die Kinder das annehmen“, hat Nicklaus erfahren. „Das geschieht ganz von allein, die Kinder motivieren sich gegenseitig“. Sie seien offen und neugierig auf die frischen Gerichte, die ihre Geschmacksknospen anregen.
Den Erzieherinnen liegt aber auch der Nachhaltigkeitsgedanke am Herzen: Bio-Lebensmittel aus der Region, der umwelt- und ressourcenschonende Anbau, der Kreislaufgedanke.
Die beiden holten die Gemeinde, den Trägerverein St. Johannis und den Elternbeirat ins Boot. Sie ließen sich fortbilden vom BioRegio-Coach Michael Müller, dem Chefkoch der Waldorfkinderschule Würzburg. Der Verein stellte eine erfahrene Köchin sowie zwei Hauswirtschafterinnen an.
Die Eltern kostet das warme Essen plus ein seit Jahren angebotenes „gesundes Frühstück“ inklusive Getränke 65 Euro im Monat. Ob die Kalkulation ausreicht, werde man sehen, so Nicklaus. „Das ganze läuft noch in der Probephase“.
Solche Beispiele machen anderen Großküchen Mut, weiß Anna-Katharina Paar, Managerin der Ökomodellregion (ÖMR) Oberes Werntal. Sie hat im Rahmen der Initiative „BioBitte“, die über das Bundesprogramms Ökologischer Landbau initiiert und finanziert wird, eine digitale Vernetzungsveranstaltung durchgeführt, gemeinsam mit den beiden anderen unterfränkischen ÖMRs. Das Ergebnis: „Wenn man als Gemeinschaftseinrichtung Bio will, kann man eine Lösung finden“.
Dafür müssen aber die Strukturen passen, weiß Paar: Wo kann ein Küchenchef in der Region Bio einkaufen? Welche Mengen sind möglich? Wird auch geliefert? Um kooperationswillige landwirtschaftliche Betriebe für Großküchen sichtbar zu machen, wurde eine entsprechende Liste erstellt, einsehbar auf der Homepage der Ökomodellregion.
„Man muss den großen Einrichtungen die Sorge nehmen, woher sie ihre Bio-Produkte beziehen können“, weiß Paar. Und wenn es in der Region manches nicht gebe, könne noch auf den Bio-Großhandel zurückgegriffen werden. Das sei vor allem für den Einstieg leichter.
Umstellungswillige Einrichtungen können sich zudem am AELF Würzburg beim dortigen Fachzentrum Ernährung/Gemeinschaftspflege eine Begleitung in Form von BioRegio-Coaches holen. Auch die Ökomodellregion bietet eine Erstberatung an. Und es gibt Bio-Mentoren, Küchenchefs aus großen Einrichtungen bundesweit, die ihre Erfahrungen weitergeben.
Dass der höhere Preis für Bioprodukte als Hemmnis angeführt wird, weiß die ÖMR-Managerin. „Man muss aber sehen, dass bei Bio auch die Auswirkungskosten enthalten sind, das fehlt bei konventionellen Produkten“.
Beim Kochen gebe es gute Strategien, Geld zu sparen. So sei es beispielsweise günstiger frisch zu kochen als hoch verarbeitete Zutaten zu nehmen. Saisonale Früchte seien preiswerter. Und vor allem „liege der Gewinn im Rücklauf“, gibt sie einen Küchenchef wider. Will heißen: Man müsse wissen, welche Gerichte ankommen, um möglichst wenig wegwerfen zu müssen. Oder man müsse nicht gleich das ganze Essen in Schüsseln auf den Tisch stellen, nur so viel, wie gebraucht wird, Nachschub könne geholt werden. „Das ist auch pädagogisch wichtig: Es geht um die Wertschätzung des Essens.“
Weitere Infos: www.oekomodellregionen.bayern/oberes-werntal.de und www.bio-bitte.info
Pressebericht von Silvia Eidel, erschienen im Schweinfurter Tagblatt