Es fehlt noch an Wissen
Weil es noch an Wissen über die Nüsse fehlt, haben sich die wenigen und weit verstreuten Anbauer digital gut vernetzt, um aus eigener Erfahrung den Kollegen bei Fragen weiterzuhelfen. "Es ist eine recht unerforschte Kultur", weiß Kimmel. Nachholbedarf gibt es im Bio-Anbau etwa bei den Richtlinien, bei der Kulturführung, bei Schädlingen und Nützlingen.
Deshalb war er auch gerne bereit, gemeinsam mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und der Öko-Akademie Bamberg für Forschungszwecke zusammen zu arbeiten. 40 seiner Bäume durften deren Vertreter im Frühjahr nach ihren Vorstellungen ausschneiden. "Das war schon ein massiver Zurückschnitt", erinnert er sich. "Aber fairerweise muss ich zugeben, dass sich die Bäumchen gut erholt haben". Ziel ist eine Kelchform, eine Hohlkrone, erklärt er. Die aktuelle Nussernte an diesen Bäumchen wird mit gleich vielen Nachbarbäumchen nach seinen Schnittvorstellungen verglichen und derzeit ausgewertet.
Thema dabei ist auch, wie dem Haselnussbohrer begegnet werden kann, ohne – wie im konventionellen Anbau – Insektizide einzusetzen. Weshalb Kimmel mit dem LfL auch verschiedene Erntenetze testete. "Das ist ein himmelweiter Unterschied", sagt Kimmel über die Netze in verschiedenen Maschenweiten und Materialien: Was den Arbeitsaufwand beim Auslegen, Fixieren oder beim Einsammeln der Früchte anbelangt.
Saugende Erntehilfe gebastelt
Je geringer die Maschenweite, umso steifer ist das Netz, umso schwieriger zu handhaben. Aber umso weniger Chance hat der gefürchtete Haselnussbohrer, um in die Erde durchzuschlüpfen, sich dort zu verpuppen und den Zyklus von vorne zu beginnen. Für das Einsammeln der Früchte bastelte der hauptberufliche Entwickler heuer aus einem Industriestaubsauger eine saugende Erntehilfe. Denn das viele Bücken der letzten Jahre hatte Rücken- und Knieschmerzen verursacht. Jetzt geht es ihm und seiner Frau um die Vermarktung der Haselnüsse, "direkt, regional und CO2-neutral". Eine kleine händische Knackmaschine mit Kurbel war 2021 der Anfang. Am Feierabend war das berufstätige Ehepaar dabei, Nusskern und Schale von Hand auszulesen.
Über die Öko-Modellregion Oberes Werntal und ihre Kleinprojekteförderung, gedacht zum Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten, erhielt er in diesem Jahr einen 50-Prozent-Zuschuss für eine größere Verarbeitungslinie. Dabei werden die Nüsse über einen Trichter in die Knackmaschine eingefüllt, eine Förderschnecke transportiert sie langsam zu einer Welle, die gegen Metall drückt und die Schale knackt. Über einem Luftstrom fällt der schwere Kern dann auf einen Sortiertisch. Von Hand müssen dennoch restliche Schalenteile ausgelesen werden.
Knacken auf Bestellung
"Wir knacken die Nüsse erst, wenn Bestellungen da sind", erklärt Sarah Schimmel. Zumal die Schale der beste Schutz für die Kerne ist. Geröstet wurden die Nüsse bislang in einer Heißluftfritteuse, jetzt übernimmt ein gebrauchter Ofen, ein Kombi-Dämpfer, diesen Vorgang, mit größerer Kapazität. Von der Qualität und dem Geschmack sind die Privatkunden restlos überzeugt, sagt das Paar. Um gewerbliche Kunden beliefern zu können, fehlt ihm allerdings noch die nötige Menge. Aus den Kernen mahlt Sarah Kimmel unter anderem Mus, das sie zu Vollmilch-Haselnuss-Aufstrich verarbeitet oder zu Haselnuss-Petersilien-Pesto. "Zu tüfteln und zu probieren, das macht Spaß". Angesichts eines hohen Zeit- und Arbeitseinsatzes weiß Christian Kimmel: "Wir müssen noch effizienter werden". Auch die Technik muss weiter verbessert werden, darf aber angesichts noch ausstehender Erträge nicht viel kosten. Weshalb sein Erfindertalent noch länger gefragt ist.
Weitere Infos unter www.nussquelle.de