Die Grundlage dafür bot der Hof von Marias Eltern Georg und Beatrix Neumair, wo die beiden angehenden Landwirte auch viel praktische Erfahrungen sammeln konnten. „Schon damals war Maria und mir bewusst, dass wir Landwirtschaft nicht im konventionellen Sinne betreiben möchten“, so Johann Kirchfeld. „Der Betrieb dieser Größenordnung war nicht wirtschaftlich genug, zudem sahen wir nur im Ökolandbau eine Zukunft. Als wir meine Schwiegereltern in der Landwirtschaft unterstützten, gingen uns viele Ideen durch den Kopf, wie man diesen Betrieb nachhaltig und zukunftsfähig gestalten könnte“, erzählt der junge Landwirt.
Unterstützung für einen ökologischen Landbau fanden sie von Anfang an bei Marias Vater, der seinen Betrieb immer schon extensiv bewirtschaftet habe. Sein Schwiegervater konnte den kleinen Betrieb allerdings nur im Nebenerwerb halten. „Im Laufe der Zeit wurde auch klar, dass wir den Hof irgendwann überschrieben bekommen“, so Johann Kirchfeld. „Dadurch wurden unsere Vorstellungen und Planungen immer konkreter. Im Jahr 2021 konnten wir den Hof pachten und seitdem im Vollerwerb führen.“
Diversifizierung ist gefragt
„Als wir die Verantwortung für den Hof übernahmen, war uns bewusst, dass wir bei der geringen Wirtschaftsfläche auf Diversifizierung und Regionalität setzen müssen, um wirtschaftlich überleben zu können“, sagt Johann Kirchfeld. Dabei stellte sich das junge Paar die Frage, welche weiteren Wirtschaftszweige sinnvoll sein könnten, die im Einklang mit ökologischem Landbau, den Standortbedingungen und Wirtschaftlichkeit stehen. Ziel sollte die Direktvermarktung der Bioprodukte sein. Antworten darauf, was gut funktionieren könnte, erhielten sie von anderen Landwirten aus der Region und öffentlichen Stellen. „Da wir kein Eigenkapital besaßen, gab der Hof vor, welche Bereiche ausbaufähig sind“, beschreibt Johann Kirchfeld die Situation. Die Basis für die Umgestaltung in einen Biohof bildeten insgesamt 40 Hektar, davon 10 Hektar Acker und 30 Hektar Grünland sowie ein Bestand von rund 20 Mutterkühen mitsamt Nachzucht der französischen Rinderrasse Blonde d’Aquitaine. „Die Unterstützung durch Fördergelder half uns über die erste schwierige Phase der Umstellung auf ökologischen Landbau hinweg“, so Johann Kirchfeld.
Um die Rinderzucht und weitere Betriebszweige ausbauen zu können, wollen die Kirchfelds Flächen dazu pachten. Der Pachtmarkt sei derzeit aber sehr angespannt. Weil die Rindfleischvermarktung ein wichtiges Standbein des Hofes ist, entschieden sie sich für die Zucht von französischen Charolais Rindern. Sie erweisen sich nicht nur als robuster und ausgeglichener als die Blonde d’Aquitaine, sie haben auch bei der Futterverwertung und Grünlandhaltung bessere Eigenschaften, so die Erfahrung von Johann Kirchfeld. Inzwischen besteht die Zucht aus 55 Rindern davon 17 Mutterkühe. Die schlachtreifen Tiere werden bei einem vertrauenswürdigen Biometzger in der Nähe unter strengen Bio-Richtlinien geschlachtet.Legehennenhaltung und Biogemüse
In einem weiteren Schritt haben sich die Kirchfelds einen Mobilstall für die Legehennenhaltung angeschafft. Die rund 180 Zweinutzungshennen mit Bruderhahn gehören zur gekreuzten Rasse aus Bielefelder Kennhuhn und White Rock. Sie sind Teil eines Naturland-Projektes, mit dem Ziel, die wertvolle Genetik erhaltenswerter Rassen zu bewahren. „Sie legen zwar etwas weniger Eier im Vergleich zu einem Hybdridhuhn, haben aber mehr Fleisch“, sagt Johann Kirchfeld. „Daher eigenen sie sich sehr gut als Suppenhuhn, der Bruderhahn als Brathähnchen.“
Mit dem Anbau von Biogemüse haben Maria und Johann 2022 begonnen. „Eine Sparte, die anfangs schleppend, mittlerweile aber richtig gut läuft“, freut sich Johann Kirchfeld. Das sei anfangs nicht ganz einfach gewesen, weil auf dem Hof nie zuvor Gemüse angebaut wurde. „Wir mussten im ersten Jahr erst einmal austesten, was auf unseren Böden wächst.“ Inzwischen haben die Kirchfelds neben Privatkunden auch einige gewerbliche Kunden der Gastronomie und Kantinenwirtschaft in München gewonnen. Sie machen inzwischen den größten Teil der Abnahme aus, so Johann Kirchfeld. Um möglichst wenig zu verschwenden, werde nur angebaut und geerntet, was von der Kundschaft bestellt wird.Sinnvolle Auslastung mit Ölpresse
Auf allen Anbauflächen stehen Kulturen in der Fruchtfolge des Betriebs und rotieren daher von Jahr zu Jahr. „Vor allem Raps und Sonnenblumen haben im Ökolandbau einen hohen Deckungsbeitrag im Vergleich zum Getreide“, weiß Johann Kirchfeld. Weil Hühnerfutter sehr teuer wurde, kam ihm der Gedanke aus den Biokernen selbst Futter herzustellen. Mithilfe der Kleinprojekte-Förderung der Öko-Modellregion der Verwaltung für Ländliche Entwicklung kauften die Kirchfelds die dafür notwendige Ölpresse. „Bei der Pressung entsteht nicht nur hochwertiges Bio-Speiseöl zum Verkauf, sondern auch Reste aus Schalen, dem Sonnenblumenkuchen. Der sei für den menschlichen Verzehr zwar ungenießbar, aber als Hühnerfutter optimal. Sie enthalten für unsere Tiere wertvolle Aminosäuren und Rohfaseranteile“, so Johann Kirchfeld.
Mittelpunkt der Kommunikation auf dem Biohof Königsfeld ist der neue Hofladen, der im März 2023 eröffnet wurde. Nach anfänglichen Vermarktungsproblemen und bescheidenem Angebot habe man auch diese Herausforderungen überwinden können. „Inzwischen haben wir eine große Auswahl aus 100 Prozent regionalen und ökologischen Produkten wie etwa Gemüse, Rindfleisch, Hähnchenfleisch und Eier“, sagt Johann Kirchfeld. „Hier laufen die Bestellungen auf, die in Mehrwegkisten auf Wunsch auch nach Hause geliefert werden.“Warum Regionalität wichtig ist
Wichtig für die Regionalität ist die Entstehung lokaler Netzwerke. Daraus resultierend gibt es mehr Nachhaltigkeit und Lebensqualität aber auch der soziale Zusammenhalt und die Region insgesamt wird gestärkt. Ein Punkt, der in der einer globalisierten Welt immer wichtiger wird. Vor allem auch in Krisenzeiten könnten regionale Anbieter zu einer verbesserten Versorgungssituation beitragen.
Auch wenn zeitweise die Nachfrage nach regionalen Produkten gesunken ist, sei das Interesse besonders im November und Dezember wieder stark angestiegen. Johann Kirchfeld führt diese Schwankung auch auf die momentan unsichere Zeit durch Krieg und Energiekrise zurück.
Abgesehen von der Qualität und den kurzen Transportwegen komme es bei der Vermarktung von regionalen Produkten vor allem auch auf den Preis an. Die Vermarktung sollte keine so hohe Marge haben, wie der Einzelhandel, meint Johann Kirchfeld. Wir können nur konkurrenzfähig sein, wenn wir auf einem ähnlichen Niveau wie der Bioeinzelhandel sind. Unsere Produktionskosten und der Unternehmensgewinn sollten am Ende aber in einem angemessenen Verhältnis stehen. Manche Produkte, vor allem regionale in kleinen Mengen produzierte Waren, können bei Importen aus dem nicht EU-Ausland allerdings preislich nicht mithalten. Auch wenn sich Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Produkte aus regionalem, ökologischem Anbau wünschen, regelt sich das Interesse an solchen Produkten häufig fast nur über den Preis.
Positiver Blick in die Zukunft
Mit der stark diversifizierten und regionalen Ausrichtung habe man bei der Betriebsgröße aufs richtige Pferd gesetzt, sagt Johann Kirchfeld. Die verschiedenen Betriebszweige ermöglichen weitere Investitionen und halten das Risiko geringer. Beim Stichwort Resilienz sieht Johann Kirchfeld in seiner Betriebsform auch einen weiteren Vorteil. Die Investitionen seien überschaubar und binden verhältnismäßig geringes Kapitel. Bei Großbetrieben mit aufwendigem Maschinenpark und hohen Investitionen sehe das schon anders aus. Aus dem Betrieb heraus Betriebszweige ohne großes Kapital aufzubauen, dauere zwar länger, halte aber die Risiken geringer.
Alles in allem blicken wir positiv in die Zukunft, meint Johann Kirchfeld. „Meine Frau und ich sind jung und wir haben die Energie weitere Projekte anzugehen. Deshalb war unser Ziel nach dem Studium zügig unsere landwirtschaftlichen Ideen umzusetzen und nicht allzu lange zu warten. Wir wollen mit 30 Jahren etwas haben, womit wir arbeiten können. Mit Mitte 40 wird das schon schwieriger und mit 55 möchte man vielleicht auch schon an die nächste Generation übergeben. Uns ist wichtig, jetzt erst einmal die bestehende Betriebszweige auszubauen und zu intensivieren.“
Übrigens sieht Johann Kirchfeld seine Herkunft als Städter in der Landwirtschaft nicht etwa als Nachteil. Ganz im Gegenteil, dadurch habe man einen anderen Fokus auf die Bedürfnisse der Konsumenten. Auch insofern ergänzen sich Maria und Johann Kirchfeld optimal.
Mehr zur Kleinprojekteförderung am Biohof Königsfeld gibts hier.