Seit den 1970er-Jahren hat er die Mühle auf 100 Prozent Bio umgestellt – und das kam so: Es war auch eine Zeit, als viele Aussteiger aus der Stadt kamen und sich günstige Höfe gekauft haben, die sie auch bewirtschafteten. In Niederbayern nannte man sie salopp Hippies. Weil sie Landwirtschaft betrieben, hatten sie auch Getreide. Allerdings nur in kleinen Mengen. Passend zur kleinen Mühle, hat sich Johann damals schon gedacht. Einziges Problem: Mit diesem „Volk“ wollte man in Niederbayern damals nichts zu tun haben. „Der Hauch des Verbotenen und die Provokation, die damit einherging, mit den Hippies Geschäfte zu machen, das hat mich gereizt. Das ist provokant, das machen wir.“ Also lernt er sie kennen. Sitzt abends mit ihnen zusammen und hört ihnen zu. Er ist ein echtes niederbayerisches Gewächs. Damals gab es die Butterberge und Milchseen, es wurde viel mehr erzeugt als gebraucht wurde. Vieles landete im Müll. Die Preise waren schlecht, daher wurde noch mehr erzeugt. Ein irrer Kreislauf, aus dem es damals für die konventionelle Landwirtschaft kein einfaches Entkommen gab. Die Probleme hingen für die Hippies alle zusammen. „Wenn wir keine Düngemittel und Pestizide ausbringen, erzeugen wir auch weniger. Dann landet weniger im Müll und der Preis ist wieder angemessen. Dazu nutzt es der Natur.“
Die Mühle wächst gemeinsam mit den Bio-Pionieren – und gibt heute in der Region den Ton an
„So bled san die gar ned“, dachte sich Johann damals. Anstatt hilflos im Hamsterrad ihre Runden zu drehen, haben sie sich Lösungen einfallen lassen und diese auch umgesetzt. Das waren genau die Menschen, mit denen Johann Priemeier zusammenarbeiten wollte. Heute sind diese Hippies teilweise anerkannte Biopioniere, aus denen schließlich der Biokreis-Verband entstanden ist. Johann ist einer der ersten Verarbeiter für die Biolandwirte der ersten Stunden. Sie wachsen gemeinsam. Nach dem Hochwasser im Jahr 2016 fällt die Entscheidung, andernorts neu zu bauen. Entstanden ist die modernste Bio-Mühle Europas.
240 Landwirte aus der Region beliefern ihn inzwischen, davon 60 Prozent Deutsche und 40 Prozent Österreicher. Vieles kommt noch von woanders her. Das möchte Johann ändern. Er bietet Landwirten, die in der Region auf Bio umstellen, an, ihnen die Ware abzunehmen. Der Trend in Richtung regionales Bio ist für die Antersdorfer Mühle nicht mehr aufzuhalten. Es macht aufgrund wegfallender Transporte Sinn und es stärkt den Zusammenhang in der Region.
Generationswechsel gesichert – das nächste Kapitel Traditionsgeschichte beginnt
Mittlerweile sind der Sohn Johannes als Geschäftsführer und Tochter Tina fürs Marketing in den Betrieb mit eingestiegen und kümmern sich mit viel Sorgfalt und Leidenschaft um ihre Aufgaben. Dazu gehört die Angebotsentwicklung, die vermehrt auf Getreide-Raritäten setzt – und auf Rezepturen bekannter Köche, welche die Fertigmischungen für die Antersdorfer Mühle entwickeln. Dabei lassen sie sich speziell für die Öffentlichkeitsarbeit und Social Media von Agenturen unterstützen. Mit dem Bruder Johannes als designiertem Nachfolger von Johann Priemeier steht nun schon die fünfte Generation in den Startlöchern – und sorgt dafür, dass die Tradition der Antersdorfer Mühle um das nächste erfolgreiche Kapitel ergänzt wird.