2014 startete das Projekt Permakultur am Samerberg.
"Wir wollten schon immer an den Samerberg", so sind sich Kerstin und
Ralf, ihr Ehemann, einig. Doch landwirtschaftlichen Boden als
"Zuagroaster" zu finden war gar nicht einfach. Glück hatten die
beiden erst mit der Ersteigerung eines damaligen "Schandflecks", der
für die Bewirtschaftung als Grünland zu klein, zu schattig, zu steil war. In
nun fast 10 Jahren wurde aus diesem Fleck ein Permakulturbetrieb mit
Hochbeeten, Terassenbeeten, Bienenvölkern und einigen Hühnern. Das sieht nicht
nur schön aus, sondern ist auch mittlerweile ein Inbegriff von Biodiversität an
den zahlreiche Arten zurückgekehrt sind. Dies bestätigt auch Biologe Alfred
Ringler, der sich im Alpenraum für die Kulturlandschatz, Natur- und Artenschutz
einsetzt.
Der Erfolg des Projekts zeigt sich in der großen
Nachfrage an Gemüsekisten, die Kerstin von Hand und individuell zusammenstellt.
"Wir können die ganze Nachfrage gar nicht bedienen und haben eine sehr
lange Warteliste". Außerdem gibt es einige Gastronomiebetriebe, die das
Projekt seit Anfang an unterstützt haben und immer noch zu den Abnehmern
zählen. Ganz lokal beispielsweise der Gasthof Alpenrose, der fußläufig
innerhalb von 10 Minuten vom Mellaland zu erreichen ist.
In den Kinderjahren war die Gartenarbeit für
Kerstin eher lästig. Erst später erkannte sie den großen Wert dieses Wissens
über Gemüseanbau. Neumodern würde man sagen Permakultur. Definiert wird sie vom
australischen Begründer, Bill Mollison, wie folgt: "Permakultur ist das
bewusste Design sowie die Unterhaltung von landwirtschaftlich produktiven
Ökosystemen, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit von
natürlichen Ökosystemen besitzen." - kurz gesagt: Nahrungsmittelerzeugung
in der Natur und mit der Natur. Sowieso seien dies nur leere Worte, denn erst
durch die Ausführung, durch den Dreck an den Händen, durch das Scheitern und
praktischem Lernen erweckt man die Philosophie zum Leben, so Kerstin.
In Kerstin's Kindheit war es für die Familie
normal, sich selbst zu versorgen. So wurde man im Grunde dazu gezwungen, sich
mit der Natur und den Systemen auseinanderzusetzen um den höchsten Ertrag aus
der vorhandenen, kleinen Fläche rauszuholen.
All das Wissen hat ihre Oma ihr vermittelt.
Deswegen heißt es bei Kerstin auch Oma-Kultur statt Permakultur. Jede Familie
musste damals mit 1500 m² Land zurechtkommen. Es wurde mit der Natur
gewirtschaftet, mit Kompost, mit Regenwürmern. Chemie wurde zur
Lebensmittelerzeugung nicht benötigt, nur das Arbeiten mit den Kreisläufen und
natürlichen Systemen war gefragt.
Mit ihrem Wissen und ihrer Leidenschaft hat
Kerstin ihre ganze Familie angesteckt. Ralf sowie die beiden gemeinsamen Kinder
Melanie (ꝉ)
und Chiara haben die Permakultur - Ausbildung bei Sepp Holzer in Tirol
absolviert. Holzer gilt im deutschsprachigen Raum als einer der bekanntesten
Praktiker auf diesem Gebiet.
Davor war Ralf, der hauptberuflich
Zahnersatzprodukte herstellt, laut seinen eigenen Worten "der schlechteste
Gärtner aller Zeiten". Seit dieser Ausbildung bei Sepp Holzer ist er die
"verlängerte Werkbank" von Kerstin und setzt ihre Ideen handwerklich
um.
Die Familie Rüth hat trotz vieler bürokratischer
Hürden und Rückschlägen im Privatleben ein einzigartiges Projekt umgesetzt. Seit
nun fast 10 Jahren bereichert das Mellaland den Samerberg mit Gemüse, und das
alles dank wertvollem, altem Wissen - kurz: dank Oma-Kultur.