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Felix Krauß

Der Exot mit dem Biodiversitätsacker – und sozialen Zielen

Felix Krauß
Felix Krauß
© Daniel Delang

Erst gab‘s Milchziegen mit Käserei, dann Milchkühe, jetzt Mutterkühe. Hier in Niederbayern entstehen wie anderswo kleine, eingeschworene Gemeinschaften früher Biopioniere. Felix ist hier am Hof aufgewachsen. Zunächst plant er selbst aber eine Ausbildung im sozialen Bereich, entscheidet sich aber dann doch für ein Studium der Landwirtschaft (konventionell) an der Hochschule Weihenstephan. Kurz vor Ende des Studiums im Jahr 2012 nimmt Felix eine Stelle als Versuchstechniker in der Maiszüchtung im 10 km entfernten Schönburg bei Limagrain an. Durch die Nähe zum Hof kann er nebenbei weiterhin seinen Eltern im Betrieb unterstützen. Im Jahr 2021 hat er mit seiner Frau Julia den Hof mitsamt der Angus-Mutterkuhherde dann von den Eltern übernommen.

Viele Biolandwirte achten penibel darauf, dass auf ihren Äckern möglichst wenig Beikraut wächst. Bei Felix ist das anders, seine Felder sind bunt. Dass sich dort auch andere Pflanzen ausbreiten, ist ausdrücklich gewünscht. „Es ist einer der wenigen Biodiversitätsäcker in der Region, ermöglicht durch das Förderprogramm „Extensive Ackernutzung zur Förderung der Feldbrüter und Ackerwildkräuter“ der Unteren Naturschutzbehörde,“ erläutert er. Felix bekommt von verschiedenen Stellen wie Landschaftspflegeverbänden, Ämtern und Kommunen nun Angebote, an Förderprogrammen für einen vielfältigen Lebensraum von Pflanzen, Tieren und Menschen teilzunehmen. „Die Bauern und Bäuerinnen müssen es nur noch annehmen.“ So entsteht ein Habitat für Insekten, Vögel und andere Kleintiere, deren Vielfalt durch Monokulturen und durch die moderne konventionelle Landwirtschaft sonst bedroht ist. Eine solche Einstellung wäre früher mindestens belächelt, wenn nicht sehr skeptisch aufgenommen worden. „Ich bin ja unter ,Exoten‘ aufgewachsen – das stört mich überhaupt nicht“, meint Felix augenzwinkernd. Und inzwischen sind auch diese „Exoten“ nicht nur akzeptiert, sondern sogar respektiert. Felix betont außerdem, dass der Betrieb – ohne einen einzigen eigenen Hektar Ackerland – nur existenzfähig ist, weil seine Verpächter:innen ebenfalls von der biologischen Landwirtschaft überzeugt sind. Sie fördern Felix und seine Wirtschaftsweise durch moderate Pachtpreise.

Das Speisegetreide liefert Felix an die Biobäckerei Gottschaller und an die Antersdorfer Mühle. Die Futterware kommt zu einer Futtermühle, die wiederum einen Rottaler Bio-Legehennenbetrieb beliefert. Ihm ist es wichtig, seine produzierte Ware regional verkaufen zu können, um die regionale Wertschöpfung zu erhöhen und gleichzeitig das Klima zu schonen.

In der Tierhaltung hat sich seit diesem Jahr ein großer Herzenswunsch für den Junglandwirt erfüllt. „Mich hat immer gestört, dass meine Rinder ihr ganzes Leben stressfrei und sehr artgerecht bei uns auf dem Hof leben können und der letzte Schritt zur Schlachtung für Tier und Mensch so unangenehm und stressvoll abläuft“ gibt Felix zu bedenken. Die hofnahe Tötung ermöglicht es nun, ein Rind im Herdenverband ohne Transport stressfrei zu schlachten. Diese Art der Fleischerzeugung kommt bei den Kunden sehr gut an. Die geschlachteten Rinder werden komplett verwertet und als Mischpakete ab Hof verkauft.

So ganz lässt ihn auch das Soziale nicht los. Felix könnte sich gut vorstellen am Hof auch eine Soziale Landwirtschaft zu integrieren. Dabei geht es um eine Verbindung von Landwirtschaft mit pädagogischer und sozialer Arbeit. Solche Landwirtschaftsbetriebe bieten Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine Heimat, in der Rehabilitation, Therapie und Integration großgeschrieben werden. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirken sie am Hof bei Alltagsarbeiten mit und werden dabei in ihrer Entwicklung gefördert. Das Spektrum ist weit und reicht von Suchtkranken über Strafgefangene bis zu Migranten, schulmüden Jugendlichen und Demenzkranken, aber auch aktiven Senioren. Im Zentrum steht dabei „Arbeit, die Sinn macht“ und den Beteiligten durch Erfolgserlebnisse Zuversicht und Selbstvertrauen bringt.

Für Felix schließt sich so der Kreis mit seinen frühen Ideen und Plänen – und so steht er für ein schlüssiges und in sich stimmiges Verständnis von Landwirtschaft, das nicht nur auf Produktion von Lebensmitteln, sondern auf das gute Leben und Miteinander ausgerichtet ist.
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