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Olaf Fries

Oberland Bioweiderind - Die richtige Idee zur richtigen Zeit

Projekte: Oberland Bioweiderind, Bio-Wertschöpfungsketten, Regionale Bio-Lebensmittel
Olaf Fries
Olaf Fries
© Daniel Delang/ Öko-Modellregion

Olaf Fries wächst im Oberland auf und schätzt sich glücklich, in einer der „schönsten Regionen dieser Welt daheim sein zu dürfen“, wie er sagt. Schon immer interessiert ihn die Landwirtschaft, auch wenn er nicht auf einem Hof aufwächst. Doch beim Nachbarn lernt er melken und hilft auch beim Schlachten und Zerlegen. Später entscheidet er sich fürs Programmieren und gründet eine Familie, arbeitet seit vielen Jahren als IT-Berater. Doch die Leidenschaft für Landwirtschaft und gutes Essen bleibt immer da. Mittlerweile sind seine Kinder erwachsen und er sieht irgendwann zwei grundsätzliche Möglichkeiten für sein Leben: „Entweder ich kaufe mir jetzt ein Wohnmobil und gehe auf Reisen. Oder ich schaue, was ich Sinnvolles in der Region tun kann“, sagt der heute 58-Jährige. Die Entscheidung für die Heimat fällt schnell. Und an einem Silvesterabend mit Andrea Brenner und Bernhard Wolf vom Regionalladen machtSINN entsteht die konkrete Idee für eine regionale Vermarktung von Rindfleisch in größerem Umfang. Einen durch die Ökomodellregion initiierten Arbeitskreis Kälber gibt es zu diesem Zeitpunkt schon. Dort sind u.a. Albert und Marina Stürzer engagiert, die mit ihrem Demeter-Betrieb erfolgreich die kuhgebundene Kälberaufzucht betreiben. Diese beiden Initiativen finden sich heute bei Oberland Bioweiderind (OBW) wieder. „Von den 5.000 Kälbern, die jedes Jahr in den Bio-Betrieben des Landkreises zur Welt kommen, werden aktuell rund 3.000 exportiert – und zwar bis nach Spanien und Ost-Europa. Das wollen wir ändern und die Wertschöpfung vollständig in der Region verankern“, betont Olaf Fries. Das ist ein großes und idealistisches Ziel. Aber die Idee entsteht zur richtigen Zeit, und so sind schnell viele Partner und Gleichgesinnte an Bord. Olaf Fries ist es ein Herzensanliegen, ein Modell zu entwickeln, das wieder im Einklang mit Mensch, Tier und Kulturlandschaft funktioniert. „Das Ganze ist so vielschichtig. Milch gibt es nur, wenn Kälber geboren werden, und dadurch gibt es Fleisch, das verzehrt werden muss. Weidehaltung in der Region bedeutet Klimaschutz, Erhaltung der Kulturlandschaft inklusive der Almen sowie wenig bis keine Tiertransporte. Mit unserem Ansatz der Vermarktung wollen wir zudem die Arbeit der bäuerlichen Betriebe auch finanziell wertschätzen. Und die Verbraucher im Umland kommen in den Genuss von hochwertigem, regionalem Weiderind-Fleisch.“ Das System der Weidehaltung trägt durch die Kuhfladen auch wesentlich zum Erhalt der Artenvielfalt bei: Eine Kuh produziert rund 10.000 kg Kuhfladen pro Jahr, die wiederum Nahrungsgrundlage für 100 kg Insekten und damit 10 kg Wirbeltiere sind.

Aus diesem Ansinnen und den Überlegungen vieler weiterer Akteure aus Landwirtschaft, Gastronomie, Handel und Politik entsteht im August 2022 mit 47 Gründungsmitgliedern der Verein Oberland Bioweiderind e.V. Der Verein hat strenge Richtlinien für den Kauf von Rindern aufgestellt: u.a. sind 120 Tage Weidegang pro Jahr und möglichst kurze Transportwege vorgeschrieben. Im Jahr 2023 nimmt das Projekt Fahrt auf, für Ankauf, Schlachtung und Vermarktung der Rinder wird die Oberland Bioweiderind GmbH gegründet. Olaf Fries leitet die Geschicke der GmbH als Geschäftsführer, während Albert Stürzer und Andrea Brenner als geförderte Bio-Wertschöpfungsketten-Manager angestellt sind. Die Marke sowie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bleiben beim Verein. „Die Arbeit in unserem Team und Netzwerk macht mir großen Spaß. Es geht hier sehr herzlich zu und alle wollen etwas erreichen. Das Thema ist hochspannend. Es geht hier um gutes Leben und gutes Essen. Vor allem um gutes Essen.“ gesteht Olaf Fries mit einem Lächeln. „Ich spüre bei allem den direkten Bezug zu meinem eigenen Leben. Und es ist schön, so viele Kühe auf der Weide und nicht im Stall zu sehen.“

Der umtriebige IT-Fachmann rechnet mit rund 60 Tieren, die in 2024 vermarktet werden. Doch es gibt auch Herausforderungen, zum Beispiel die Biozertifizierung. „Die ist bürokratisch keine so große Hürde mehr, doch vermutlich durch den Preisdruck und die relativ geringe Nachfrage der Gäste nach Bio gehen viele Gastronomen den Schritt noch nicht. Ich denke, wenn mehr Gäste Bio fordern würden, würden mehr Gastronomen nachziehen.“ stellt Olaf Fries fest. Auch die Nachfrage und Kontinuität bei den Kantinen ist noch eher gering. „Dabei bräuchten wir genau das, dauerhafte und einfache Abläufe. An den Großhandel liefern wir zum Beispiel alle zwei Wochen zwei Kühe in Form von Hackfleisch. Das würden wir uns auch für Kantinen und Restaurants wünschen.“ Das größere Ziel ist für Olaf Fries aber die Ganztier-Verwertung, denn das entspricht dem Bedarf der Bauern viel mehr. Doch bis in der Gastronomie und der Außer-Haus-Verpflegung die Bereitschaft und die Strukturen dafür (wieder) etabliert sind, braucht es wohl noch viel Kommunikation und Beziehungsarbeit. Eine Tätigkeit, die Olaf Fries gerne macht und die ihm liegt. „Wir sind auch gerade dabei, unsere Marke zu überarbeiten, denn es ist gar nicht so einfach, mit drei Sätzen zu erklären, worum es geht. Das ist aber enorm wichtig, wenn wir Handel, Gastronomie und Verbraucher erreichen wollen.“ Für ihn würde sich ein wichtiger Kreislauf schließen, wenn die komplette Wertschöpfungskette im Landkreis umgesetzt und das Fleisch in München verzehrt würde. „Die Tiere wachsen dann in dieser einzigartigen Kulturlandschaft auf und werden hier geschlachtet. Das Ganze ist zudem aktiver Klima- und Umweltschutz. Der Bauer hat die Wertschätzung der Städter. Die können jederzeit hier rauskommen und das Oberland genießen. Das ist zwar noch keine persönliche Beziehung wie bei der Direktvermarktung, aber doch eine sinnstiftende Verbindung.“ ist Olaf Fries überzeugt. Damit käme regionales Bio-Weiderindfleisch deutlich stärker in die Mitte der Gesellschaft – und das mit 100 Prozent Transparenz und einem Gesicht. Wenn auch die Nachfrage eher langsam steigt, die richtige Idee scheint zur richtigen Zeit die richtigen Menschen begeistert zu haben.

Kontakt und Infos unter www.oberland-bioweiderind.de

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