Waging am See / Nußdorf. Tomaten über Tomaten, dicht und meterhoch – die reiche Ernte, die im Gewächshaus von „De Gmiasara“ in Sondermoning bei Nußdorf heranwächst, sorgt für Eindruck bei den rund 30 Besuchern, die vor kurzem auf dem landwirtschaftlichen Betrieb vorbeigeschaut haben. Organisiert durch die Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel waren die Berufskollegen, Biogemüsegärtner und Biolandwirte aus Waging, Wonneberg, Kirchanschöring oder Fridolfing gekommen, um sich auszutauschen und Tipps oder Anregungen zu holen.
Im zweiten Gewächshaus waren den Besuchern vor allem die üppigen Schlangengurken-Pflanzen ins Auge gestochen, ebenso die Auberginen und Paprika. „Der kühle, regnerische Juli verschaffte unseren Gurken eine Erholungsphase von der Hitze“, erklärte Sara Müllner und ergänzte: „Mit der erneuten Wärme haben sie im August wieder richtig losgelegt“.
Anders als in großen Gemüsebaubetrieben üblich, wo alle Bedingungen auf den Anbau einer Sorte optimiert werden, bestehen die Tomaten im Gewächshaus der „Gmiasara“ aus einer Mischung von veredelten und unveredelten Sorten, von modernen ertragreichen Züchtungen und alten Sorten wie z.B. dem „Ochsenherz“. Wie nach Demeter-Richtlinien üblich, werden die Pflanzen und das Bodenleben mit gemeinschaftlich hergestellten Präparaten aus heimischen Kräutern gestärkt. „Das ist ein ähnlicher Effekt wie beim Einsatz „effektiver Mikroorganismen“ (EM)“, meinte Müllner. Eine intensive Kulturpflege durch das regelmäßige Entfernen alter Blätter und weitere Maßnahmen erfordere für beide Gewächshäuser und für einen Hektar Freilandgemüse etwa 30 Stunden Handarbeit pro Gärtner und Woche, halte aber das Gemüse auch ohne Pestizide gesund.
Im Freiland wachsen Blumen, Salate,
Kürbisse
Im Freiland werden zahlreiche Gemüsearten angebaut, darunter Salate, Zucchini, Krautsorten, Rote Rüben und Kürbisse, aber auch eine große Vielfalt an Blumen. „Das Unkraut halten wir gut durch Hacken zum richtigen Zeitpunkt in Schach“, erklärt Sara, „so spart man sich viel Zeit, die man ansonsten fürs Jäten aufbringen muss. Nur manchmal macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung“, gibt sie mit einem Augenzwinkern zu. Deshalb seien die Kürbisse heuer einem starken Unkrautdruck ausgesetzt, „die Kultur schließt bei kühlem Wetter spät die Reihen, zum Hacken war es zu nass, und die Vorbereitung der Fläche war nicht optimal. Aber die Kürbisse wachsen trotzdem“. Nächstes Jahr wird auf dieser Parzelle eine Gesundungsfrucht folgen, die den Unkrautdruck reduziert.
Durch eine Teilung der Felder in viertelhektargroße Schläge soll eine vielseitige Fruchtfolge aufrechterhalten werden. Der Anbau verschiedener Gemüse-Familien, Kleegras, Getreide-Begrünung und Gründüngung im Wechsel sorgt für ein gesundes Bodenleben und ausreichend Nährstoffe. Ganz nebenbei könne sich dadurch eine natürliche Insekten- und Nützlingsfauna entwickeln. „Als Demeterbetrieb streben wir nach möglichst geschlossenen Kreisläufen. Für uns sind auch tierische Dünger wichtig. Bei uns grasen deshalb sechs Mutterschafe mit Nachwuchs“, so Sebastian Rieder. Weil der Dünger noch nicht ganz reicht, wird von einem nahen Demeter-Betrieb Rindermist bezogen. Auch organische Dünger wie Haarmehlpellets, Hornspäne und Vinasse kommen im kleinen Stil zum Einsatz, um Nährstofflücken zu schließen.
Derzeit stoßen die „Gmiasara“ an
ihre Grenzen
Die beiden „Gmiasara“ haben sich neben der bisherigen Belieferung von Läden eine Direktvermarktung aufgebaut. „Zweimal die Woche sind wir auf lokalen Wochenmärkten mit unserem Stand vertreten“, erklärte Rieder. „Ein großer Traum wäre der Anbau im Mulch, ein stets bedeckter Boden hält Wasser besser und ist dadurch lebendiger und humusreicher. Aber arbeitstechnisch stoßen wir zu zweit im Moment an unsere Grenzen“, gibt Sara Müllner zu. Auch die Anbautechnik und die Vermarktung des Gemüses und der Blumen müssen schrittweise mitwachsen. „Großen Respekt“ bescheinigte eine Teilnehmerin, die selbst Imkerin ist, den jungen Leuten nach der Besichtigung: „Das sind wirklich Idealisten“.
„Der Selbstversorgungsgrad bei heimischem Gemüse ist zu niedrig“, erklärt Alfons Leitenbacher, Leiter des AELF Traunstein, der sich über das entstehende Biogemüsenetzwerk in der Region freut. „Auch mit Feldgemüse für die Außer-Haus-Verpflegung können interessierte Betriebe ein Zusatzeinkommen erwirtschaften. 2020 hat die bayerische Staatsregierung beschlossen, dass bis spätestens 2025 in allen staatlichen Kantinen mindestens 50 Prozent Lebensmittel aus regionaler oder biologischer Produktion eingesetzt werden sollen. Unsere Gemeinden sind aufgefordert, diesem Beispiel zu folgen. Damit könnte sich der Absatz von heimischem Biogemüse deutlich steigern und verstetigen lassen, wenn es eben verlässliche Abnahmemengen und eine praktikable Logistik gibt. Wir brauchen dafür noch weitere Schritte für Absprachen zur Anbauplanung und am Ende sollte ein Erzeugerzusammenschluss stehen“.
„De Gmiasara“
Ihren Betrieb haben die beiden Jungunternehmer Sara Müllner und
Sebastian Rieder vor gut einem Jahr von Biogemüsegärtner Hans Dandl gepachtet.
Dieser behält nach der Ausgliederung für sich nur noch den Anbau von
Spätkartoffeln und Getreide bei. Einen Großteil seiner Flächen hat er an die
beiden Quereinsteiger verpachtet, die zwei bestehenden Gewächshäuser an sie
verkauft, die vorhandenen Betriebsmittel nach einem Probejahr überlassen.
„Wir kannten den Betrieb schon vorher recht gut und waren beide
eine Zeitlang als Mitarbeiter angestellt“, sagt Sebastian Rieder. Sara Müllner
ist Agrarwissenschaftlerin, hatte nach dem Studium bereits vielversprechende
Posten in Aussicht, wollte aber „keinen Bürojob mehr machen“. Sebastian Rieder
ist gelernter Bio-Gemüsegärtner, der bereits in seiner Ausbildungszeit seine
Liebe zum Marktgehen und zum Kundenkontakt entdeckte. Die beiden schätzen sich gegenseitig
sehr und ergänzen sich in der Zusammenarbeit, „wir sind ein gutes Gespann“, wie
sie sagen.
Artikel aus der Südostbayerischen Rundschau vom 21.09.2023,
Redaktion