Heimische Öle aus unbehandelten, ungespritzen Ölsaaten, die chemisch nicht verändert, nicht mit Zusatzstoffen versehen werden und aus erster Pressung stammen, sind ein wertvoller Beitrag auf dem täglichen Speiseplan. Trotz ihres hohen Kaloriengehaltes machen sie in normaler Dosierung nicht dick, sondern liefern essentielle Fettsäuren, die der Körper braucht, aber nicht selbst herstellen kann, darüber hinaus wertvolle Vitamine und Spurenelemente. Ein unraffiniertes Naturprodukt, aus dem Ölsaatensack schonend gepresst, schmeckt mit seinem spezifischen Eigengeschmack anders als sterile, chemisch extrahierte und mehrmals „gereinigte“ Öle, die zwar billig und hocherhitzbar sind, aber neutral schmecken und ihre wertvollsten Substanzen längst eingebüßt haben. Es macht Spaß, beim Kochen herauszufinden, welches heimische kaltgepresste Bioöl zu welcher Speise am besten passt.
Der Bioanbau von Ölsaaten gehört zur hohen ackerbaulichen Kunst. Weil Schädlinge wie der Rapsglanzkäfer oder der Kohlschotenrüssler gern an den Körnern nagen und diese unbrauchbar machen, die Qualitätsanforderungen von Seiten der Verarbeiter dagegen sehr hoch sind, wird konventioneller Raps oft mehrmals mit insektentötenden Mitteln behandelt. Das ist im Biolandbau tabu. Durch eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, weite Abstände zwischen Ölsaatenfeldern, die Förderung von Nützlingen, Anbau in Mischfrucht, Methoden zur Stärkung der Pflanze sowie guter Pflege des Bodenlebens kommen Biobauern konsequent ohne Insektizide aus. Das mindert den Ertrag deutlich, garantiert aber rückstandsfreie Produkte (sofern es keine Abdrift gegeben hat) und fördert nebenbei die Insekten- und Artenvielfalt. Durch den Verzicht auf chemische Extraktion, die eine viel höhere Ölausbeute ermöglicht, wird der Ertrag nochmals eingeschränkt, aber beste Qualität erzeugt – beides zusammen erklärt den höheren Preis für ein regionales Bioöl, der sich im Gesundheitswert widerspiegelt.
Biosonnenblumenöl aus Tittmoning
Als einer der wenigen Betriebe in der Region baut die Familie Kraller in Tittmoning Biosonnenblumen an. Das Salatöl wird direkt ab Hof gepresst und in braune Lichtschutzflaschen gefüllt, es hat viel Vitamin E und einen milden Eigengeschmack (damit passt es z.B. gut in den Krautsalat). Erst seit kurzem gibt es eine neue Sorte für den Bioanbau, die trotz Kaltpressung hocherhitzbar ist, ohne dass die Beistoffe vorher chemisch extrahiert (herausgefiltert) werden müssen. Auch diese Sorte wird von Hans Kraller angebaut und liefert als „high oleic“-Sorte ein natürliches Bratöl.
Bioleinöl aus Tengling und Trostberg
„Wir fahren ins Blaue“ - diese Redewendung erinnert daran, wie ein Ausflug auf´s Land früher bei uns aussah: Die Landschaft war geprägt von leuchtend blauen Leinfeldern. Vor allem Demeterbetriebe sind es, die den Anbau der uralten Kulturpflanze Lein (früher für den Faseranbau genauso wichtig wie für die Ölgewinnung) wieder aufleben lassen. Die Besonderheit des Leinöls, der ausgesprochen hohe Gehalt an gesunden Omega-3-Fettsäuren, hat sich herumgesprochen. Diese sind sehr hitzeempfindlich und sollten, damit sie nicht sofort oxidieren, entweder zu kalten Gerichten verwendet oder erst am Schluss über warmes Gemüse geträufelt werden. Ideal ist z.B. die Kombination aus Kartoffeln und Leinöltopfen. Frisch gepresstes Leinöl in bester Qualität gibt es selbst gepresst vom Betrieb Jakob Aicher aus Trostberg, vom Betrieb Stephan Schmutz aus Trostberg (Chiemgau-Korn) oder vom Betrieb Franz Obermeyer aus Tengling, dessen Öle die Chiemgauer Ölmühle, Hans Niedl aus Nußdorf, jeweils nach dem georderten Bedarf frisch presst.
„Dreinutzenfelder“ – Getreide, Leindotteröl und Blütenreichtum
Wenig bekannt ist eine weitere alte Kulturpflanze, der Leindotter. Er ist nicht mit dem Lein verwandt, sondern mit Senf, Raps und Hederich, gehört also zu den Kreuzblütlern. Leindotteröl war schon bei den Eroberungszügen der Wikinger mit im Fass, sein ausgewogener Gehalt an Omega 3-, Omega 6- und Omega 9-Fettsäuren macht den hohen gesundheitlichen Wert aus. Der Geschmack erinnert an kaltgepresstes Rapsöl und passt gut zu Blattsalaten. Es ist weniger hitzeempfindlich als Leinöl. Mehrere Landwirte aus der Ökomodellregion, die Dinkel und Hafer für den Müslierzeuger Barnhouse anbauen oder Biobraugerste für die Brauerei Stein, mischen den Leindotter als Nebenfrucht regelmäßig ins Getreide. Nach dem Dreschen wird alles getrennt. Diese Felder bieten einen dreifachen Nutzen: Getreide, Öl und dazu den Blütenreichtum für Bienen und weitere Insekten.
Biohanf macht ohne THC glücklich
Ein echter Glücksfall ist, dass es in der Region auch heimischen Biohanfanbau gibt (THC-arme Sorten, also ohne Rauschwirkung). Hanf verbessert die Bodenfruchtbarkeit und wächst bei uns problemlos – allerdings ist er wegen seiner zähen Fasern schwer zu ernten. Hans Posch aus Nußdorf gehört zu den Pionieren, die seit Jahren unverdrossen Hanf anbauen und an einer Verbesserung der Erntetechnik arbeiten. Hanföl wird nach seiner Erfahrung auch gern von Allergikern gekauft. Es hat einen grasigen Geschmack, erinnert von der Konsistenz her an Kürbiskernöl und wird sogar für Süßspeisen mit verwendet.
Ölmühle in Schnaitsee steigt in Bioherstellung mit ein
Auch die Ölmühle von Toni Lamprecht in Schnaitsee ist inzwischen biozertifiziert und stellt einen Teil der Öle in Bioqualität her, darunter Biorapsöl und Biohaselnussöl.
Biosenföl und Biosenf vom Waginger See
Fast unbekannt ist, dass es in der Region auch Biosenföl aus heimischem Anbau gibt; es stammt von mehreren Biosenfbauern aus der Region und wird von der Chiemgauer Ölmühle gepresst. Erstaunlicherweise schmeckt es nicht scharf, sondern sehr mild, und passt bestens in fast alle Salate. Senf-, Raps- und Leindotteröl übertreffen mit ihrem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren Olivenöl mit seinem hohen Gehalt an vorwiegend einfach ungesättigter Fettsäure. Also öfter mal zu heimischen Ölen greifen!
Der Hauptteil des in der Region geernteten Biosenfs geht zur Firma Byodo nach Mühldorf, die den Senf ihrem Biogelbsenf beimischt, faire Preise bezahlt und auf steigende Erträge und mehr teilnehmende Bauern hofft, damit ein echter regionaler Bio-Gelbsenf erzeugt werden kann. Er ist im Naturkosthandel (Bioladen) erhältlich.
Und zum Schluss noch ein Rezept von Yvonne Liebl, Cateringservice „Esspedition“ aus Waging:
Perl-Einkorn-Salat mit Gartengemüse und heimischem Dressing
für das Perl-Einkorn:
100 g Perl-Einkorn, 250 ml Gemüsebrühe
Für das Dressing:
4 EL Waginger See Hoibe oder helles Bier
½ Bio Zitrone
½ TL gekörnte Gemüsebrühe
2 TL Honig
1 TL mittelscharfer Bio-Senf (Byodo, mit Gelbsenf aus der Ökomodellregion)
2 EL Apfelessig
4 EL Leindotter- oder Hanföl (aus der Ökomodellregion)
2-3 Frühlingszwiebeln
Steinsalz, frisch gemahlener Pfeffer
für den Salat:
je 250 g rote oder orange Paprikaschoten, Zucchini und Salatgurke
1 Handvoll frischer Kräutermix nach Wahl, fein gehackt
Die Gemüsebrühe in einem Topf zum Kochen bringen. Das Perl-Einkorn einrühren, kurz aufkochen lassen und im geschlossenen Topf und bei ausgeschalteter Herdplatte etwa 15 Minuten ausquellen lassen. In eine Schüssel umfüllen und auskühlen lassen.
Alle Zutaten für das Dressing in einen hohen Becher geben und mit einem Pürierstab kräftig aufmixen. Mit Pfeffer und Salz abschmecken.
Salatgurke und Paprikaschote vom Kerngehäuse befreien. Die Gemüsesorten in kleine Würfel schneiden. Dressing, Kräuter und Gemüse zum Perl-Einkorn geben, durchmischen und etwa 30 min. durchziehen lassen. Sehr gut z.B. für die Grill-Party!
Bioöle und Biosenf von Erzeugern aus der Ökomodellregion
Zeit für einen Ölwechsel!
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