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Naturverjüngung im Buchenmischwald

Waldbegang mit Förster Max Poschner – Biotopbäume Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze

Projekte: Öffentlichkeitsarbeit, Gemeinsame Projekte in der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft, Streuobst und Artenschutz
Pilzexpertin Dr. Ute Künkele verweist auf die Bedeutung der Pilze im Buchenwald und stellt einzelne Exemplare vor.
Pilzexpertin Dr. Ute Künkele verweist auf die Bedeutung der Pilze im Buchenwald und stellt einzelne Exemplare vor.
© Anneliese Caruso
Wonneberg. Heimische Arten, allen voran die Buche, sorgen für eine wachsende Zahl naturnaher Mischwälder und auch das Laubholzangebot ist deutlich größer geworden, heute macht es rund ein Viertel des geschlagenen Holzes aus. „Allerdings wird Buchenholz aktuell vorwiegend zum Heizen verwertet, obwohl es sich um gutes Möbelholz handelt“, sagte Revierförster Max Poschner bei einem Waldbegang im Forst von Loh (Wonneberg) mit seinem etwa 90 bis 100-jährigen Buchen-Mischwaldwaldbestand.

Organisiert worden war die Besichtigung vom Agrarbündnis Traunstein-Berchtesgadener Land mit Leonhard Strasser an der Spitze, der Ökomodellregion Waginger See- Rupertiwinkel, vertreten durch Projektleiterin Marlene Berger-Stöckl, und der Waldbauernvereinigung Laufen mit Geschäftsleiter Franz Käsmaier. Dabei waren auch Mitglieder vom Bund Naturschutz und Pilzexpertin Dr. Ute Künkele. Entsprechend groß war die Teilnehmerzahl mit fast 50 Personen.

Am Beispiel dieses typischen Bestandes zeigte Max Poschner, wie man einen schönen Buchenmischwald durch Naturverjüngung erhält und wertvolles Buchenholz erzieht. Poschner erklärte den Ablauf einer erfolgreichen Durchforstung. Bei Buchen gelte das 100-Bäume -Modell. Das gehe mit einem schnellen Kronenausbau zur Förderung des Dickenwachstums bei den Zielbäumen einher. Die Krone der Zukunftsbäume werde konsequent ausgebaut, eine Bedrängung der Kronen durch andere Bäume verhindert. Je konsequenter die Förderung der Auswahlbäume, desto stärker der Stamm und je dicker der Baum, desto besser die Qualität. Die Zukunftsbaum-orientierte Auslese-Durchforstung sei ein probates Mittel zum Erfolg.

Zur Naturverjüngung eigne sich hier das waldbauliche Verfahren des Femelschlags. „Also keine zu flächigen Eingriffe vornehmen.“ Sobald der Zieldurchmesser von 65 Zentimeter erreicht ist, seien einzelne erntereife Bäume zu entnehmen. So schaffe man Verjüngungskerne für Schattbaumarten wie die Tanne. „Die Bereiche dazwischen bleiben dunkel, um verjüngungsfreie Bereiche zu schaffen, in denen später Lichtbaumarten eingebracht werden können, entweder durch Naturverjüngung nach Mastjahren oder durch Pflanzung, wenn keine geeigneten Samenbäume vorhanden sind.“

„Gute Chance, den Klimawandel zu überstehen“

Buchenmischbestände mit klimatoleranten Bäumen wie Eiche oder Tanne haben laut Poschner eine gute Chance, den Klimawandel zu überstehen. Eine Besonderheit der Buche sei ihre hohe Plastizität bis ins hohe Alter, woraus ihre sehr lange Zuwachsleistung resultiere. Sie sei vielerorts verjüngungsfreudig. Ihre Fähigkeit, in der Jugend Schatten zu ertragen und im Alter viel Schatten zu werfen, mache sie zur konkurrenzstärksten Baumart. Das Buchenholz sei schwer, seine Rohdichte betrage etwa 720 Kilogramm je Kubikmeter, damit sei es härter als das der Eiche und ermögliche hohe Beanspruchungen „Zur klassischen Verwendung gehörten zum Beispiel die Bahnschwellen.“

Für Qualitäts-Stammholz könne der Waldbauer hohe Preise erzielen. Mit zunehmendem Alter und Dimension steige das Risiko der Entwertung, etwa durch die Kernbildung. „Die Ausbildung von Buchenrotkern ist ein normales Wuchsmerkmal von alten Buchen. Dabei handelt es sich nicht um einen Holzfehler oder einen Qualitätsmangel. Die Farbkernbildung verändert weder Festigkeit noch Quellungsverhalten oder Dauerhaftigkeit.“

Bedeutend sei der Erhalt von Biotopbäumen, so Poschner weiter. „Die entsprechen nicht dem Idealbild, sind oft schief, haben Faul-Äste und Specht- Höhlen“. Der Waldbauer solle sie dennoch erhalten, weil sie ökologisch wichtig sind. Gerade in der Zerfallsphase seien die absterbenden Bäume interessant für die Artenvielfalt. Sie böten Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze. Die Artenvielfalt brauche gerade diese scheinbar unattraktiven, ungepflegten Exemplare.

Waldlaubsänger und Schwarzspecht

Insgesamt brüten in den Buchenwäldern sehr viele Vogelarten wie etwa der Waldlaubsänger oder der Schwarzspecht. Kein anderer Laubbaum ist mit so vielen Pilzarten vergesellschaftet wie die Buche. Pilze haben zwei wesentliche Aufgaben, ohne die die Erde ein ganz anderes Gesicht hätte. Das ständig anfallende organische Material, wie etwa das herbstliche Laub, wird neben zahlreichen Bodenlebewesen wie Bakterien, Käfern und Würmern hauptsächlich von Pilzen zu Humus verarbeitet. Pilze sind es auch, die den Austausch der Pflanzen untereinander ermöglichen, Nährstoffe und Informationen weitergegeben.

Neben Milchlingen und Täublingen sind vor allem zahlreiche Naturwaldarten wie der Ästige Stachelbart an Buchen zu finden. Für fast 30 pflanzenfressende Käferarten und über 70 Schmetterlingsarten sei die Buche der bevorzugte Wirtsbaum. Die Teilnehmer konnten sich davon auch ein Bild machen, denn sowohl an abgestorbenen Bäumen als auch auf der gesamten Waldfläche gab es unzählige verschiedene Pilze. Deren Namen und deren Essbarkeit oder Giftigkeit erklärte die ÖDP-Kreistagsabgeordnete und Pilzexpertin Dr. Ute Künkele.

Laut Poschner ist die Buche sehr anfällig für abiotische Schäden wie etwa Sonnenbrand. Der mache sie wiederum empfänglich für rindenbrütende Insekten wie den Buchen-Prachtkäfer, der oft unterschätzt werde, sagte Poschner abschließend.

Artikel von Anneliese Caruso, Traunsteiner Tagblatt vom 9.11.2022; Südostbayerische Rundschau vom 19.11.2022
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