„Am häufigsten finden sich die sogenannten Edelteile vom Rind auf den Speisekarten“, erklärt Regionalmanagerin Jana Kaufmann. Doch diese Stücke wie Filet, Roastbeef, Rücken oder die Rinderhüfte machten nur einen kleinen Teil eines Rindes aus. Über 60 Prozent der verkaufsfertigen Teile seien weniger beliebte Teile wie Ragout, Siedfleisch, Schulterbraten, Innereien oder andere Nebenprodukte wie Ochsenmaul oder -schwanz. Die 30 Teilnehmenden des Erfahrungsaustausches waren sich daher schnell einig: Bei der Verwendung von regionalem Bio-Rindfleisch in der hiesigen Gastronomie und in Betriebskantinen ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft.
Der Austausch mit Stümpfig, Küchenchef des bio-zertifizierten Betriebsrestaurants Agora der Linde GmbH in Pullach, verdeutlichte, dass die Verarbeitung eines ganzen Rinds vergleichsweise anspruchsvoll ist und es hierfür handwerkliches Geschick braucht. „Die niedrigeren Kosten für qualitativ hochwertiges Fleisch rechtfertigen jedoch den Mehraufwand“, sagte Stümpfig. Er verarbeitet rund 18 Rinder und 15 Kälber pro Jahr komplett. Damit landet auch einmal ein Herz-Lunge-Ragout oder Pulled Beef auf dem Speiseplan des Agora.
Bei der Ganztierverwertung (oder auch „from nose to tail“ genannt) geht es um die In-Wert-Setzung des gesamten Tieres, indem das Tier in der Küche die maximale Verwendung findet. Fleisch als Luxusgut beziehungsweise das Schlachttier komplett zu verwerten, sei laut Kaufmann früher in der Allgäuer Küche gang und gebe gewesen, mittlerweile aber eine Seltenheit geworden.
Verständnis und Wertschätzung für die Arbeit des Anderen aufbauen
Als bio-zertifiziertes Betriebsrestaurant mit einem Bio-Anteil von mindestens 60 Prozent arbeitet Stümpfig mit rund 18 Bio-Lieferanten in unmittelbarer Nähe zusammen. Seine Erfahrungswerte bei den Themen „Bio und Ganztierverwertung“ teilte er mit den Teilnehmenden. „Es ist Millimeterarbeit bis der Ablauf reibungslos läuft. Landwirte und auch Köche müssen jeweils aufeinander zugehen, damit eine Kooperation langfristig erfolgreich sein kann“. Außerdem rät er den Landwirten, die Köche zu sich auf den Betrieb einzuladen: „Somit wird gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung für die Arbeit des jeweils anderen aufgebaut“.
„Herr Stümpfig beweist im Betriebsrestaurant Agora, dass ein hoher Anteil an Bio-Lebensmittel auch in Großküchen machbar ist“, sagt Lisa Mader von der Öko-Modellregion Ostallgäu. Daher plane die Öko-Modellregion im November ein Betriebsbesuch im Agora. Interessierte Gastronomen, Köche und Landwirte, die sich für den Betriebsbesuch interessieren, können sich bei der Öko-Modellregion Ostallgäu per E-Mail oder telefonisch anmelden (lisa.mader@lra-oal.bayern.de, 08342 911-453).
Im Austausch zwischen den Bio-Landwirten und Köchen befassten sich die Beteiligten zu den Möglichkeiten und Anforderungen einer Zusammenarbeit. Wie kann eine langfristige Zusammenarbeit aussehen? Was braucht es hierfür?
„Viele der aufkommenden Fragen zu diesem komplexen Thema konnten nicht an diesem einen Vormittag abschließend geklärt werden. Dass die regionale Verfügbarkeit von Bio-Fleisch und der Wille zur langfristigen Zusammenarbeit dabei keine Hindernisse sind, konnte jedoch eindeutig festgestellt werden“, lautet das Resümee von Kaufmann zur Veranstaltung.