Die Öko-Modellregion selbst ist über die Landkreisgrenze hinaus entlang der Paar nach Norden gewachsen, die Zahl der Bio-Landwirte ist gewachsen, ebenso die ökologisch bewirtschaftete Fläche - und sogar das Projektmanagement: Seidel wird inzwischen unterstützt von Benedikt Frommer.
Was sich in Sachen nachhaltiger Bio-Landbau in der Region getan hat, das wurde am Dienstagnachmittag in rund zwei Stunden in Form von kleinen, authentischen Interviews von Akteuren über ihre Projekte veranschaulicht.
Durch den Nachmittag führte BR-Redakteur Werner Bader. Der Biokreis-Imker ist im Paartal daheim. Ausgewählte Projekte im Überblick:
Paartaler Kartoffeln: Den Auftakt machte Max Kainz. Er bewirtschaftet nicht nur den Bioland-zertifizierten Leinfelder- und Rinderhof in Schrobenhausen, sondern ist mit der Züchtung einer regionalen, "krautfäuleresistenten" Bio-Kartoffelsorte beschäftigt. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für ökologischen Landbau der TU München meinte, er könne die neue Sorte, die noch keinen Namen habe, schon im nächsten Jahr verbreiten und in zwei Jahren verkaufen. Er sieht einen Markt für Öko-Convenience-Produkte, geschälte und geschnittene Kartoffeln oder auch Gnocchi etwa. "Frische, neue Produkte" habe er vor Augen, "da könnte sich eine Tür öffnen, wenn sich dem einer annimmt", schloss er.
Kürbiskerne, Hanf und Ölfrüchte sind das Spezialgebiet der Bio-Kürbiskern-Anbaugemeinschaft Aichacher Land. Stellvertretend für die zwölf Landwirte bestiegen Peter Schmid aus Walchshofen und Georg Strobl aus Unterach die Bühne im San-Depot und erzählten die Erfolgsgeschichte der Kerne, die als Bäcker- und Snackware vom Feld zum Verkauf inzwischen den Landkreis nicht mehr verlassen müssen. Angesichts einer "immens steigenden Nachfrage" denken die Landwirte nun auch mehr "in Richtung Ölsaaten" wie Sonnenblumenkerne und Leinsamen.
Das Projekt "Bruder Ox" will das "Problem mit den männlichen Kälbchen" lösen, so Bader, die für die Milchviehhaltung uninteressant sind. Als Partner aus Bio-Milchviehhaltung und Aufzucht erzählten Demeter-Landwirt Hubert Birkmeir aus Pöttmes und Bioland-Mäster Stephan Kreppold aus Wilpersberg, stellvertretend für seinen Sohn, vom Projekt. Acht bis zehn Bauern unterstützten das Vorhaben, Bio-Fleisch und -Wurst aus der Region auf die Teller zu bringen; die Gründung eines Vereins stehe an, um damit den Verkaufswagen, die rollende Metzgerei auf den Weg schicken zu können. Was noch fehlt, ist ein Metzger.
Eiweißfrüchte und damit Produkte für die vegetarische oder vegane Ernährung stehen im Fokus der Arbeit von Andreas Hopf und Christian Scherer. Während es bei Scherer mit der Lupine im vergangenen Jahr sehr gut lief und Sojabohnen bei Hopf "funktionieren", sei der Kichererbsen-Anbau am Gumppenberg "eher zum Heulen als zum Kichern", so Hopf.
Bauer und Brauer gehen heuer zum ersten Mal im Wittelsbacher Land eine Test-Ehe ein: Der Dasinger Naturland-Landwirt Christian Gaber wird Braugerste an den Boandlbräu in Oberbernbach liefern. Die ÖMR lädt alle Interessierten am 25. Juli von 13 bis 18 Uhr zu einem Acker-Sonntag ein. Dabei führen Vater und Sohn Gaber über das Gerstenfeld in Lindl, ein Naturlandberater wartet mit Informationen zu der besonderen Kultur auf und Thomas Reißner vom Boandlbräu weiht Interessierte in die Geheimnisse der Braukunst ein.
"Das Netzwerk wächst täglich", stellte Projektmanagerin Kathrin Seidel fest. Bei der Fachtagung wurden Verbindungen gezeigt, die bis in Schulen, Kindergärten und ins Kino reichen. Auch in den nächsten drei Jahren - für diesen Zeitraum hat Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber Ende April der ÖMR Paartal bereits eine Förderung zugesagt - soll Bio-Landwirtschaft im Umland wachsen, und es sollen weitere Projekte umgesetzt werden, auch zusammen mit dem Wittelsbacher Land Verein und Fördergeldern aus dem EU-Programm Leader, so Seidel.
Vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gibt es 75 Prozent der Kosten für die Projektleiter-Stelle, maximal bis zu 75 000 Euro im Jahr. Die Förderung lief zunächst zwei Jahre, mit der Option der Verlängerung um drei Jahre. Das Gesamtfördervolumen beläuft sich auf knapp 1,5 Millionen Euro jährlich, hieß es 2019 als das Paartal zur Öko-Modellregion wurde.
Das Wachstum in den vergangenen zwei Jahren lässt sich auch mit Zahlen belegen: Laut Kathrin Seidel stieg die Zahl der Biolandwirte von 75 auf 104, der Anteil der ökologisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche im Landkreis Aichach-Friedberg von 5,7 Prozent auf 9,8 Prozent.
Die Öko-Modellregion Paartal hatte sich zum Ziel gesetzt, bis August 2021 den Anteil von biologisch bewirtschafteten Flächen auf zehn Prozent der Gesamtfläche auszuweiten. Das ist nahezu erfüllt.
Von Ines Speck - Aichacher Zeitung (20.7.2021)