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„Ein super Kreislauf“ - Felderbegehungen bei den Landwirten der Ökomodellregion

Projekte: Bio-Lebensmittel vom Acker, Öffentlichkeitsarbeit
Landwirte, die Bio-Braugerste für die Brauerei Stein anbauen, sitzen auf Bierbänken in einem reifen Bio-Gerstenfeld
Landwirte, die Bio-Braugerste für die Brauerei Stein anbauen
© Christine Limmer
Trostberg/Tittmoning. Die Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel wurde 2014 von den Anrainergemeinden um den Waginger und Tachinger See gegründet, um die Gewässerqualität zu sichern und heimische Bioprodukte zu fördern. Eines der ersten Projekte war die Vermarktung von kaum vorhandener Biobraugerste. Acht Landwirte haben sich 2014 entschlossen, Sommergerste, die von der Schlossbrauerei Stein verarbeitet wird, nach Biokriterien anzubauen. Im Zusammenschluss der Ökomodellregion garantiert ihnen Abnahme und faire Entlohnung, seit 2019 auch in Zusammenarbeit mit der Ökomodellregion Inn-Salzach.

Inzwischen produzieren 17 Landwirte von Tittmoning bis Schnaitsee Braugerste für fünf verschiedene Sorten heimisches Biobier. Aber auch Hafer und Dinkel sind begehrte Rohstoffe aus der Region für eine Mühldorfer Müsliproduktion.
Bei der diesjährigen Felderbegehung machten sich Marlene Berger-Stöckl, Projektleiterin der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel, Markus Milkreiter, Geschäftsleiter der Schlossbrauerei Stein und zahlreiche Landwirte ein Bild von der Qualität der Sommergerste, die in frühestens zwei Wochen erntereif ist.

Zum zweiten Mal in Folge haben in diesem Jahr fast alle beteiligten Landwirte unentgeltlich Lerchenfenster in der Größe von etwa 20 Quadratmetern von der Aussaat ausgespart. „Damit wollen wir heimischen Bodenbrütern wie der Lerche eine Start -und Landebahn bieten, sie so wieder bei uns ansiedeln und den Bestand sichern“, so Marlene Berger-Stöckl. Außerhalb der Sommergerste testen einige Erzeuger den Mischanbau mit Ölsaaten wie Biosenf. Die großflächigen Blühfelder, bei denen auf jegliche Spritzmittel verzichtet wird, bieten reichlich Nahrung für Bienen und Insekten – wiederum zum Vorteil der Feldlerche, deren Futterangebot zur Aufzucht des Nachwuchses steigt. Marlene Berger-Stöckl warb für die Ausweitung der Lerchenfelder auch auf die Areale von Wintergerste, Dinkel und anderem Wintergetreide. Über dem Feld von Georg Planthaler bei Palling war bei der Felderbegehung dann auch der Gesang der Lerche zu hören. Die Bauern werden bei dieser Aktion vom Landschaftspflegeverband Traunstein unterstützt und beraten. Ziel ist es, ein bis zwei Lerchenfelder pro Hektar Feld auszusparen.

Verluste wegen Hagelschäden

Hans Empl, Georg Planthaler, Andi Remmelberger und Andreas Maier sind Mitglieder der Ökomodellregion der ersten Stunde, auch wenn ihre Felder nicht alle im Einzugsgebiet angesiedelt sind. Über ihre Äcker führte der Rundgang. Alle Landwirte haben ihre Sommergerste Ende März ausgesät - und sind unterschiedlich zufrieden mit dem Wuchs. Das kühle Frühjahr sorgte für einen verzögerten Start. Schön angelegte Ähren und gute Feuchtigkeit auf den teils kiesigen Böden ließen später eine gute Ernte erwarten. Doch die Wetterkapriolen der letzten Wochen haben die Aussichten sprichwörtlich verhagelt. So muss Sepp Reiter aus Geiselfing mit einem Komplettausfall durch Hagelschaden zurechtkommen. Bei Markus Schweiger (Rabenden) hält sich der Schaden mit etwa 10 Prozent Verlust, bei Andi Remmelberger (Asten) mit 15 Prozent und bei Georg Planthaler (Baumham/Palling) mit 20 Prozent im Rahmen, im Bereich Tittmoning hatte Andreas Maier noch Glück.

Obwohl fast alle beteiligten Landwirte auf das Striegeln zur Unkrautregulierung verzichtet haben, herrschte insgesamt wenig Unkrautdruck. Manche Betriebe haben eine gute Untersaat eingebracht, zumeist Leindotter, bei dem nicht die Gefahr besteht, dass er die Ernte erschwert und seine Feuchtigkeit an die erntereife trockene Gerste abgibt. Andreas Eder (Perach) hat seine Braugerste mit Komposttee gestärkt. Gedüngt haben die meisten Landwirte mit einer frühzeitigen kleinen Güllegabe. Jeder der Landwirte verzichtet gemäß den Biorichtlinien auf chemische Behandlung und achtet auf eine gute Fruchtfolge, um den Krankheitsdruck niedrig zu halten und die Bodenfruchtbarkeit zu stärken.
300 Tonnen Sommergerste als Ernteertrag erwartet

Mit der Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel haben die Bauern einen verlässlichen Vermittlungspartner ihrer regionalen Produkte. Die Kooperationen der Landwirte mit kleinen und mittelständischen Betrieben vor Ort sorgen für faire Preise, unkomplizierte Verträge und dafür, dass die Ware nicht anonym in der Masse verschwindet. In der Mussenmühle in Tacherting hat man über die Braugerste hinaus gute Lagermöglichkeiten geschaffen, berichtete Markus Milkreiter. Die Schlossbrauerei plane, die Lagerkapazitäten noch auszubauen. „Mit dem für heuer erwarteten Ernte-Ertrag von 300 Tonnen Sommergerste werden wir den diesjährigen Ertrag, der aber stetig steigt, decken können“, so Milkreiter. „Im Biobereich sind wir relativ gut durch die Coronakrise gekommen, im regionalen konventionellen Bereich, wo wir mehr Gastronomiebetriebe beliefern, war es weitaus schwieriger“.

Tittmonings Bürgermeister Andreas Bratzdrum, der zur Besichtigung auf dem Betrieb von Andreas Maier erschienen war, freute sich über das Engagement der Landwirte. „Ihr holt immer mehr Landwirte mit ins Boot. Es ist ein super Kreislauf: Produktion, Verwertung und Verkauf in der Region“.

Artikel von Christine Limmer aus der Südostbayerischen Rundschau vom 23.07.2021
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